Fröhlich durch den Weltuntergang. Julianne Becker

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fröhlich durch den Weltuntergang - Julianne Becker страница 18

Автор:
Серия:
Издательство:
Fröhlich durch den Weltuntergang - Julianne Becker

Скачать книгу

Retter wird unweigerlich zum Opfer oder Täter, ein Opfer wird zum Täter oder Retter usw. Wenn ein neues Schuljahr auf unserer Sonderschule für Lernen und Verhalten begann, konnte ich relativ schnell ausmachen, wer die neuen Opfer sein würden und die alten und die neuen Täter reizen würden, sie zu mobben. Da hatten wir als Schulmediatoren erst mal genug zu tun, um für eine friedliche Konfliktlösung zu sorgen.

      Sehe ich in den Flüchtlingsheimen den Einsatz von Mediatoren und auf Kriegstrauma spezialisierten Psychologen? Nein! Schulungen aller Betroffenen, den Flüchtlingen und den Helfern, in gewaltfreier Kommunikation? Nein. Das alleine würde mich beruhigen: Dass wir sofort darauf bestehen, friedliche Konfliktlösung zu erlernen. Denn die meisten Flüchtlinge kommen aus einem Gebiet und aus einer Kultur, wo gerade der Frieden abhandenkam. Und haben unterwegs Gewalt in vielen Varianten kennen gelernt. Sie werden ihre Konflikt(un)reife in unsere Gesellschaft hineintragen und auch die ihrer ganzen, oft noch patriarchalen Kultur, oder wir kümmern uns, indem wir uns nicht kümmern, sondern fördern und vor allem fordern, nämlich, dass sie konfliktfähig werden und unser Grundgesetz zu ihrer Lebensgrundlage machen - oder gehen. Wir können nicht alle Flüchtlinge der Welt aufnehmen. Vielleicht fordert uns die Situation auch nur auf, sie kurzfristig zu versorgen, gründlich mit unseren Werten in Berührung zu bringen und in friedlicher Konfliktlösung zu schulen, um diese Ideen in ihre Heimatkultur zurück zu tragen. Das wäre doch auch eine Variante von Entwicklungshilfe.

      Die Sprache erlernen genügt dafür nicht, das Abtauchen in eine Parallelgesellschaft vermeidet jede echte Auseinandersetzung mit unseren Werten. So hat mir mein türkischer Liebhaber vor Jahrzehnten mal treuherzig erzählt, dass er seine Frau aus seinem Dorf nachgeholt hat, und dass sie kein Deutsch lernen soll, sonst könne sie ja seinen Gehaltszettel lesen. Und er schlägt sie auch ab und zu, damit sie weiß, wer der Herr ist. Nicht, dass ich das gut fände. Damals war ich empört und versuchte ihn (vergeblich!) umzuerziehen. Nee, Einsichten kommen immer nur freiwillig. Dass er seinen Vorteil nutzte, ist doch menschlich. Diese Schlitzohrigkeit ist eine Cleverness zum Überleben oder zum angenehmen Leben und es gehören immer zwei dazu. Und eine Grundstruktur, die das zulässt.

      Wollen wir immer erst auf die nächste und übernächste Generation warten, die durch die Schulpflicht dann doch den Gehaltszettel lesen kann? Ich weiß, das sind einzelne Beispiele, aber jeder von uns erlebt immer nur einzelne Beispiele. Es geht darum, sie alle auf den Tisch legen zu dürfen für das größere Bild, ohne gleich angebafft und ausgezählt zu werden. Und dann nach einem Konsens zu suchen. Und nach dem größeren Bild. Erst einmal ist es unser Land. Unsere eigene Zukunft und die unserer eigenen Kinder muss uns wichtig bleiben, sonst treten wir unsere Kultur mit Füßen. Der Geschichte ist es egal, ob es Deutsche gibt oder nicht. Oder Kanaaniter. Von den Kelten kennen wir auch nur noch ihre Gerätschaften und die Reste ihrer Fliehburgen.

      Wieso erhalten zum Beispiel alle Neuankömmlinge ihre Hilfen als Geschenk, während unsere eigenen Kinder ihr BAFÖG als Kredit zurückzahlen müssen? Und wieso wird unseren eigenen Abiturienten durch Numerus Clausus der Zugang zu den medizinischen Berufen erschwert und dann müssen wir die fehlenden Kräfte aus zugewanderten studierten Ärzten ergänzen, die sich erst nach Jahren versiert auch mit Mundart sprechenden Patienten unterhalten können. Wenn Deutsch nicht die Sprache ist, in der du sozialisiert wurdest, sind Missverständnisse vorprogrammiert. Bei Berufen, wo es um Leben und Tod geht, möchte ich nicht missverstanden werden. Egal, ob du Deutschkurs A, B oder C hast, kann ein Neubürger doch jederzeit kulturelle Berührungen vermeiden, die ihn erst im Laufe der Zeit auch für Missverständnisse sensibilisieren würden. Viel wahrscheinlicher ist bis dahin, dass er falsch interpretierte Beobachtungen weiter anhäuft und Vorurteile noch verstärkt.

      Meine marokkanische Praktikantin behauptete zum Beispiel, ich würde den Islam beleidigen und meine Schüler diskriminieren und hat sich übelst darüber aufgeregt und noch so einige andere mit in dieses Theater hineingezogen, das dann unter meinem Ausschluss weiter auf Arabisch fortgesetzt wurde. Dabei hatte ich nur eine flappsige Bemerkung gemacht und aufgegriffen, was mir meine arabischen Schüler über das Verhalten eines Mitschülers gesteckt hatten. Als er im Unterricht zum wiederholten Male auf die Toilette musste und uns das störte, sagte ich: "Gehst du wieder essen und trinken?" Einfach um ihm zu zeigen, dass auch ich - wie seine Mitschüler - sein Verhalten durchschaut habe. Denn es war Ramadan. So also hatte ich diese Religion extrem beleidigt. Ich wollte meiner Praktikantin dann mal umgekehrt erklären, in wie vielen Arten und bei wie vielen Gelegenheiten sie mich umgekehrt eigentlich auch schon beleidigt hatte, nur dass ich eben nicht so viel Aufhebens darum machte, aber da stieß ich auf taube Ohren: Offenbar werden nur Muslime beleidigt.

      Wir sollten unser Selbstbewusstsein als Deutsche stärken und unsere neuen Gäste vor allem auf unsere Verfassung trainieren. Fördern allein genügt mir nicht. Fordern und Bedingungen stellen, wenn sie etwas von uns haben wollen, wäre viel hilfreicher. Warum diese ganzen Hilfen nicht einfach in Form eines BAFÖGS vergeben, und zwar umgehend zurückzahlbar. Wer innerhalb von drei Jahren keinen Job finden konnte und dann auch mit der Rückzahlung beginnt, muss unser Land wieder verlassen. Er konnte sich offenbar nicht integrieren. Und das wäre auch meine einzige Bedingung. Es ist ganz leicht feststellbar, ob diese Bedingung erfüllt wurde, ein Blick auf den Kontoausdruck genügt. Dafür bräuchten wir keinen großen Beamtenapparat. Wir sind doch nicht das Sozialamt der Welt! In der Schule musst du auch Noten bringen, du bekommst das Zeugnis nicht einfach geschenkt. Und Schummeln gilt nicht. Was wir nämlich auch übersehen, ist, dass es in manchen Kulturen eine Sache von Ehre ist, nicht die Wahrheit zu sagen.

      Das lernte ich schon damals von jugoslawischen Flüchtlingseltern, die sich, was die Hausaufgaben betraf, lieber den Ausreden ihres Sohnes anschlossen, als zuzugeben, dass er sie wiederholt nicht gemacht hatte. Oder gar, dass er sie nicht konnte! Alleine schon zugeben, dass der Sohn Nachhilfe brauchte, ging nicht wegen der Ehre. Der Vater musste das Gesicht wahren. Ich verstand das schließlich und war ratlos. Wie er mich dabei beurteilt hat, mag ich mir gar nicht ausmalen! Das wird dir wie eine Kleinigkeit erscheinen, doch wenn Ehre über Ehrlichkeit geht, verlieren wir die Basis unserer Verfassung. Die Ehre muss dann auch töten und zwangsverheiraten. Das ist nicht meine Kultur, mitnichten! Dennoch, ich mochte den jugoslawischen Jungen ohne Hausaufgaben damals sehr gern, es ist einfach mein menschliches Naturell. Deshalb lasse ich doch noch lange nicht das unehrliche Verhalten durchgehen. Ich habe auf den Hausaufgaben bestanden, Ehre hin oder her.

      Gerade werden eine Gewaltbereitschaft und eine Frauenfeindlichkeit direkt mitten in unsere Gesellschaft getragen und ich sehe darin die Gefahr, dass wir verlieren, was wir wertschätzen. Wie angespannt die Stimmung immer noch ist! Jeder, der sein Bauchgrummeln mehr oder weniger sachlich artikuliert, wird unsachlich niedergebuht. Statt dass man sich an einen Tisch setzt und gemeinsam schaut, wo die blinden Flecke des anderen liegen. Und sie mit Wissen, Weisheit und Erfahrung füllt. Meine eigenen Landsleute sind dabei, wie gesagt, diejenigen, die mir die meisten Sorgen bereiten. Und das nicht nur, weil eine medial begabte Freundin unsere großen Städte in der nahen Zukunft brennen sah, und Deutsche dort gegen Deutsche kämpften. Wo war die Polizei? In ihren wiederholten Visionen sah sie nicht einmal eine Polizeibeteiligung, wie das doch eigentlich zu erwarten wäre! Ich nehme auch diese Dinge ernst, aber darauf kommen wir noch zu sprechen.

      Wenn ein Großteil der Bevölkerung sich nicht mehr gehört fühlt und die Politik einfach über sie hinweg regiert, wurden bisher neue Parteien gegründet oder es kamen Diktatoren an die Macht. Wenn es ein großes Anliegen der Bevölkerung war, entstanden sogar große, bleibende Parteien, keine Splittergruppen. Die Grünen sind so ein Beispiel. Ihre Parteigründung hat damals die anderen Parteien regelrecht gezwungen, sich ebenfalls der Umweltpolitik anzunehmen. Die taten das vorher einfach nicht! In diesem Licht muss man auch die AFD betrachten. Sie haben ein heißes Eisen angefasst, was von den anderen mit einem Tabu belegt war. Es trägt jedoch nicht zu Stabilität und Frieden bei, wenn die politische Landschaft derart polarisiert und gespalten wird. Und man vergeudet viel Manpower, die man besser verwenden könnte, indem jedem zugehört wird. Die Menschen müssen zumindest ansatzweise erkennen können, dass ihr Wille auch umgesetzt wird und nicht der Wille der USA oder der Deutschen Bank.

      Wenn meine

Скачать книгу