AYESHA - SIE KEHRT ZURÜCK. Henry Rider Haggard
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Читать онлайн книгу AYESHA - SIE KEHRT ZURÜCK - Henry Rider Haggard страница 8
»Wer ist da? Wer ist da?«, rief er und blickte mich durch die Gläser einer Hornbrille an. »Wer stört unsere Einsamkeit, die Einsamkeit der heiligen Lamas der Berge?«
»Reisende, Heiliger, die genug Einsamkeit gehabt haben«, antwortete ich in seinem Dialekt, mit dem ich gut vertraut war. »Reisende, die hungrig sind und um Obdach bitten.
Eine Bitte«, setzte ich hinzu, »die du nicht zurückweisen darfst.«
Er starrte uns durch seine Hornbrille an, und da er in unseren Gesichtern nichts erkennen konnte, blickte er auf unsere Kleidung, die genauso zerschlissen war wie die seine und ihr auch ähnelte. Wir trugen die Kleidung tibetanischer Mönche, bestehend aus gefütterten, knöchellangen Röcken und einer Robe, die einem Burnus ähnelte. Wir hatten uns an sie gewöhnt, da wir nichts anderes bekommen konnten. Sie schützte uns gut gegen die Unbilden der Witterung und war unauffällig, hätte es in dieser Region jemanden gegeben, dem wir auffallen hätten können.
»Seid ihr Lamas?«, fragte er misstrauisch. »Und wenn, von welchem Kloster?«
»Lamas sind wir«, antwortete ich, »Lamas des Klosters, das die Welt heißt, und wo man hungrig werden kann.«
Die Antwort schien ihm zu gefallen, denn er kicherte ein wenig, doch dann schüttelte er den Kopf und sagte: »Es ist gegen unsere Gesetze, Fremde bei uns aufzunehmen, wenn sie nicht unseres Glaubens sind, und ich bin sicher, dass ihr nicht zu uns gehört.«
»Und es ist noch mehr gegen euer Gesetz, heiliger Khulighani« - denn mit diesem Titel werden die Äbte angesprochen -, »Fremde verhungern zu lassen«, und ich zitierte eine bekannte Passage aus den Sprüchen Buddhas, die zu dieser Situation passte.
»Ich sehe, dass Ihr die Schriften kennt«, rief er verwundert, »und solchen darf ich das Obdach nicht verwehren. Tretet ein, Brüder des Klosters, das sich die Welt nennt. Aber da ist noch das Yak, das auch Anspruch auf Obdach hat.« Er wandte sich um und schlug auf einen Gong, der hinter der Tür hing.
Ein zweiter Mann erschien, der noch mehr Falten im Gesicht hatte und anscheinend noch älter war als der Abt, und er starrte uns mit offenem Mund an.
»Bruder«, sagte der Abt, »mach deinen großen Mund zu, damit nicht ein böser Geist hineinfliegt. Nimm dieses arme
Yak und füttere es doch gemeinsam mit den anderen Tieren!«
Wir nahmen unsere Sachen von dem Rücken des Yaks, und der alte Bursche, dessen pompöser Titel Herr der Herden war, führte es fort.
Als das Yak gegangen war - ziemlich widerwillig, da es sich nicht gern von uns trennte und seinem Führer misstraute - brachte uns der Abt, dessen Name Kou-en war, in den Wohnraum des Klosters, oder die Küche, da er offenbar für beide Zwecke benutzt wurde. Hier trafen wir die anderen Bewohner des Klosters, etwa zwölf Mönche, die um das Feuer saßen, dessen Rauch wir bemerkt hatten. Einer von ihnen war damit beschäftigt, die Morgenmahlzeit zu kochen, die anderen wärmten sich.
Es waren alles alte Männer, der jüngste von ihnen mindestens fünfundsechzig Jahre alt. Wir wurden ihnen feierlich als Brüder des Klosters, das die Welt genannt wird und wo Menschen hungern vorgestellt, denn der Abt konnte sich nicht von seinem kleinen Scherz trennen.
Die alten Mönche starrten uns an, rieben ihre knochigen Hände, verbeugten sich, hießen uns willkommen und waren offensichtlich froh über unsere Ankunft. Das war nicht erstaunlich, da wir seit über vier Jahren die ersten Besucher waren, wie sich herausstellte.
Und sie beließen es auch nicht bei freundlichen Worten. Sie stellten Wasser aufs Feuer, und während es heiß wurde, bereiteten zwei von ihnen einen Raum für uns vor und andere zogen uns die harten, eisverkrusteten Stiefel von den Füßen, halfen uns aus den dicken gefütterten Röcken und brachten Pantoffel. Dann führten sie uns in das Gästezimmer und wiesen uns darauf hin, dass es ein glückbringender Raum sei, da einmal ein berühmter Heiliger in ihm geschlafen habe. Ein Feuer brannte, und - Wunder über Wunder - saubere Kleidung lag bereit, alles sehr alt und ausgeblichen, doch von guter Qualität und sauber.
Wir wuschen uns mit heißem Wasser, und nachdem wir die saubere Kleidung angezogen hatten - die sich für Leo als etwas knapp erwies schlugen wir auf die Glocke, die neben der Tür hing, und ein Mönch erschien und führte uns zur Küche zurück, wo das Essen bereits aufgetragen war. Es bestand aus einer Art Grütze, die mit frischer Milch gegessen wurde, sowie getrocknetem Fisch aus dem See, und Tee mit Yakbutter. Noch nie hatte uns ein Essen so köstlich geschmeckt, und noch nie hatten wir so viel gegessen. Ich musste Leo schließlich ermahnen, aufzuhören, als ich sah, wie die Mönche ihn anstarrten und der Abt leise zu kichern begann.
»Oho! Das Kloster, das die Welt genannt wird, lässt die Menschen wirklich hungrig werden«, kicherte er, und ein anderer Mönch, der Herr der Vorräte genannt wurde, bemerkte unsicher, wenn wir so weitermachten, würden seine Kammern schon lange vor Ende des Winters leer sein. So beendeten wir unser Mahl getreu der Maxime, an die ich mich aus meiner Kinderzeit erinnere, dass wir noch mehr hätten essen können, und beeindruckten unsere Gastgeber, indem wir ein langes, buddhistisches Dankgebet sangen.
»Ihre Füße sind auf dem Weg! Ihre Füße sind auf dem Weg!«, riefen sie erstaunt.
»Ja«, sagte Leo, »und schon seit sechzehn Jahren in unserer derzeitigen Inkarnation. Doch sind wir noch immer Novizen, denn ihr, heilige Mönche, wisst, wie unendlich lang dieser Weg ist. Um auf diesen Weg geführt zu werden, sind wir durch einen wunderbaren Traum zu euch geleitet worden, mit der Aufforderung, bei euch zu verweilen, bei den frömmsten, heiligsten und gelehrtesten aller Lamas in diesem Teil der Welt.«
»Ja, das sind wir«, antwortete Abt Kou-en, »da es in einem Umkreis von fünf Monatsreisen kein anderes Kloster gibt...« - er kicherte wieder -, »doch unsere Zahl«, fügte er mit einem pathetischen kleinen Seufzer hinzu, »nimmt ständig ab.«
Kurz darauf baten wir, uns in unser Zimmer zurückziehen und ausruhen zu dürfen, und wir schliefen volle vierundzwanzig Stunden lang und erhoben uns frisch und munter. So verlief unsere Einführung in das Kloster der Berge - es hatte keinen anderen Namen - in dem wir die nächsten sechs Monate unseres Lebens zubringen sollten. Wenige Tage nach unserer Ankunft - denn sie brauchten nicht lange, um uns völlig zu vertrauen - erzählten uns diese gutherzigen, einfachen, alten Mönche die ganze Geschichte ihres Klosters.
Vor langer, langer Zeit hatte sich hier ein Lama-Kloster befunden, in dem mehrere hundert Brüder lebten. Das traf ganz offensichtlich zu, denn die Gebäude waren riesenhaft, wenn auch jetzt zum größten Teil verfallen, und, wie die verwitterte Buddha-Statue bewies, uralt. Gerüchte besagten, wie uns der alte Abt erklärte, dass die Mönche vor zweihundert Jahren von einem kriegerischen Stamm, der jenseits der Wüste lebte und das Feuer anbetete, ermordet worden seien. Nur wenige von ihnen überlebten das Massaker, um die Nachricht zu verbreiten, und fünf Generationen lang wagte niemand, in dem Kloster zu leben.
Schließlich wurde ihm, unserem Freund Kou-en, in seinen jungen Jahren offenbart, dass er die Reinkarnation eines der ermordeten Mönche dieses Klosters sei, der ebenfalls Kou-en geheißen hatte, und dass es während seines jetzigen Lebens seine Pflicht sei, dorthin zurückzukehren und durch diese Tat viel Verdienst zu erwerben. Also sammelte er eine Gruppe von anderen Mönchen um sich, die sich, mit dem Segen seiner Oberen, auf den Weg machten und nach einem harten und verlustreichen Marsch das Kloster fanden und in Besitz nahmen.
Dies geschah vor gut fünfzig Jahren, und seit dieser Zeit hatten sie ihr Kloster niemals verlassen und nur gelegentlich von der Außenwelt gehört. Anfangs wurde ihre Zahl durch Zugänge von anderen Klöstern stabil gehalten,