Dillinger macht Wind. Rudi Kost

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Dillinger macht Wind - Rudi Kost

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meinte sie: »Dieser Anblick überwältigt mich immer wieder.«

      Mein Blick schweifte über die Hohenloher Ebene, über das helle Grün der Wiesen, das satte Grün der hingesprenkelten kleinen Wäldchen, das Gelb der Kornfelder. Das Gefühl einer unendlichen Weite, kaum beeinträchtigt durch sanfte Hügelchen hier und da. Wie Amerikas Great Plains, stellte ich mir vor, nur im Modellmaßstab.

      Und anmutig verstreut die kaum noch zu zählenden Windräder, die in letzter Zeit aufgeschossen waren wie Pilze nach einem warmen Regen.

      »Die Ästhetik des regenerativen Zeitalters«, sagte ich. »Wenn wir keine Atomkraft wollen, und wer will das schon, müssen wir uns daran gewöhnen.«

      »Zurück zum Kerzenlicht!«

      »Und zum Eselskarren und zum Waschbrett und zu kalten Zimmern. Für die Annehmlichkeiten unseres Lebens müssen wir den Preis bezahlen. Oder machen Gewinn damit. An den meisten von diesen Dingern verdiene ich ganz nett.«

      »Wie das?«

      »Montage- und Bauleistungsversicherung mit Absicherung einer verspäteten Inbetriebnahme, Ertragsausfallversicherung, Bauherren- und Betriebshaftpflichtversicherung, Umwelthaftpflichtversicherung, Umweltschadenversicherung – soll ich weitermachen? Ein ganz neuer Geschäftszweig für mich, musste mich auch erst mal einarbeiten.«

      »Weshalb du ein glühender Verfechter der Windenergie bist.«

      »Aus geschäftlicher Sicht unbedingt.«

      »Und sonst?«

      »Zwiegespalten. Ich sehe die Notwendigkeit ein und akzeptiere sie zähneknirschend. Was bleibt mir anderes übrig. Aber sie machen ein ansonsten schönes Landschaftsbild kaputt. Und mir gefällt nicht, dass sie mit aller Gewalt durchgedrückt werden.«

      Ich zockelte in aller Gelassenheit durch Ruppertshofen. Hoffentlich stand irgendwo ein Blitzer. Wenn ich schon mal garantiert keine Gefahr lief, erwischt zu werden.

      »Und jetzt links ab!«, kommandierte Isabel. »Und dann haben Sie Ihr Ziel auch fast schon erreicht.«

      »Leofels? Was willst du hier? Mit mir die Burg besichtigen?«

      ***

      Leofels war ein überschaubares Dörfchen mit einigen Bauernhöfen außen herum. Die Häuschen, klein zumeist, schmiegten sich an einen Bergsporn. Von hier aus ging es tief hinab ins Jagsttal.

      Die Burg oder was von ihr übrig geblieben war, saß auf ebenjenem Bergsporn, eine staufische Reichsburg, die auf etwa 1230 datiert wurde. Sie lag hinter hohen Bäumen verborgen, sehen konnte sie nur, wer vom Tal heraufkam.

      Der Zahn der Zeit hatte wenig mehr als ein paar Mauern aus Buckelquadern gelassen. Was noch verwertbar war, hatte man in früheren Zeiten abgetragen und anderswo weiterverwendet. Eine pragmatische Einstellung. Solche aufgelassenen Burgen gab es schließlich haufenweise in unserer Gegend, da kam es auf ein paar Steine mehr oder weniger nicht an. In Rom hatte man es mit den alten Bauten genauso gehalten.

      Heimatkunde für Anfänger. Damit hatte man uns in der Schule traktiert. Mein alter Lehrer wäre stolz auf sich gewesen, was bei mir hängen geblieben war.

      In Wahrheit war ich in meinen Jünglingsjahren mit vielen anderen zum legendären Folkfestival in der Burgruine gepilgert und hatte Liederjan und dem alten Barden Colin Wilkie gelauscht. In den Pausen hatte man genügend Zeit, die Anschlagtafel mit ihrem kargen Text zu studieren. Wenn man nicht gerade auf der Suche nach einem willigen Burgfräulein war.

      Das Burgfräulein neben mir riss mich aus meinen Gedanken.

      »Ich habe eine Überraschung für dich. Aber erst muss ich noch geschwind etwas Geschäftliches erledigen«, sagte Isabel.

      ***

      Der Hof des Bauern Buchauer lag etwas außerhalb auf der Hochfläche. Das Ensemble bestand aus Stall, Scheune und Wohnhaus. Alles nicht aus einem Guss, sondern im Laufe der Zeit angebaut, umgebaut, erweitert. Unspektakuläre Zweckbauten. Wie üblich eben. Es schien sich um einen für unsere Gegend typischen mittelgroßen Betrieb zu handeln, der die Familie nicht reich machte, ihr aber ein erträgliches Auskommen bescherte. Dank reichlicher EU-Subventionen.

      Auf dem Hof war es still. Das war ungewöhnlich. Normalerweise herrschte in dieser Jahreszeit auf einem Bauernhof Hochbetrieb.

      »Was willst du hier?«, fragte ich. »Frühstückseier?«

      »Der Bauer will verkaufen. Und ich will den Hof haben.«

      Isabel stellte sich in Positur. Die rote Mähne geschüttelt, das Kreuz durchgedrückt, das linke Bein leicht angewinkelt, die Brüste zurechtgerückt.

      Ich musste grinsen. Ich kannte das. Hohenlohes gerissenste Immobilienmaklerin ging zum Angriff über. Es war eine kühl inszenierte Mischung aus strahlender Freundlichkeit, Kompetenz und überwältigender körperlicher Präsenz.

      Auch der Bauer konnte sich dem nicht entziehen, nachdem er auf Isabels Klingeln geöffnet hatte. Er musterte sie von Kopf und Fuß. Gab ja auch genug zu sehen. Lange, schlanke Beine. Ein Rock, der knapp unterm Po endete. Eine figurbetonte Bluse. Als Busenwunder ging Isabel nicht durch, aber was sie hatte, verbarg sie nicht.

      Isabel ließ dem Bauern Zeit.

      Dann streckte sie ihm die Hand hin und strahlte ihn an. »Grüß Gott, Herr Buchauer. Da bin ich wieder. Haben Sie sich’s überlegt?«

      Sie hielt Buchauers Hand länger, als es die Höflichkeit gebot. Dieses Luder! Wenn sie es darauf anlegte, fing ein Mann bei ihrem Händedruck an zu träumen. Und sie legte es darauf an. Ich merkte das an ihrer Körperhaltung und ihrem Lächeln.

      Endlich ließ sie los. Buchauers Miene war nicht zu deuten. Enttäuscht? Oder froh, einer Gefahr entronnen zu sein? Dann schaute er mich an.

      »Ist das der Interessent?«, fragte er.

      Bevor ich etwas antworten konnte, spürte ich Isabels Ellbogen schmerzhaft an meinen Rippen.

      »Ja, das ist er«, sagte sie schnell. »Genauer gesagt einer der Interessenten.«

      »Na, dann schauen Sie sich halt mal um.«

      »Warum geben Sie uns nicht eine Hofführung?«, sagte Isabel und hakte sich bei Buchauer unter. Dem schien das keineswegs unangenehm zu sein. Über die Schulter warf sie mir einen scharfen Blick zu.

      Ich schätzte Buchauer auf Anfang fünfzig, ein nicht sehr großer, untersetzter Mann, der auf eine eigenartige Weise wortkarg blieb. Ich verstand genug von Landwirtschaft, um ein paar sachkundige Fragen stellen zu können, aber er ließ sich auf keine Diskussionen ein. Wenn ich meinen Hof verkaufen wollte, hätte ich ihn angepriesen wie Sauerbier. Er begnügte sich mit einigen knurrigen Bemerkungen. Buchauer erschien mir erschöpft, verbittert.

      »Ein schöner Hof«, sagte ich schließlich meiner Rolle gemäß. »Und so ein Schmuckstück wollen Sie verkaufen?«

      »Hab lang genug gebuckelt. Sechzig Hektar Land gehören auch dazu.«

      »Und die wollen Sie auch verkaufen? Als Pacht wäre das doch eine schöne Rente.«

      »Meine Rente steht dort

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