Feuerblüte III. Катя Брандис

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Feuerblüte III - Катя Брандис

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die verborgene Tür. Abgestandene Luft flutete ihnen entgegen. Alena nahm einen Kerzenhalter, rief eine Flamme herab und sah sich um. Sie wanderten durch die prächtigen Räume, in denen sich edle geschnitzte Möbel befanden, die Kissen darauf mit Goldfäden bestickt. Auf den Tischen standen kunstvoll geschmiedete Schalen und Kerzenleuchter. Der große Vorratsraum war gefüllt mit ganzen Krügen voller Wasserdiamanten, Ballen edler Stoffe, Gewürze und seltener Kräuter; in einer Ecke häuften sich Oriak- und Schneehörnchen-Felle.

      „Sieht alles noch genauso aus wie zuvor“, stellte Alena fest. Plötzlich war sie verlegen. In jeder Ecke schienen Erinnerungen zu lauern. Als sie das letzte Mal zusammen hier, in Keldos Versteck, gewesen waren, hatte sie Jorak noch nicht ausstehen können. War sie damals ein anderer Mensch gewesen? Oder er? Ja. Und wahrscheinlich einfach zu blöd, um zu kapieren, dass er jemand Besonderes war.

      Rasch durchsuchten sie den Lagerraum neben der Küche und sortierten mit spitzen Fingern alles aus, was in der Zwischenzeit verdorben war. Zum Glück waren noch genügend getrocknete Kräuter da. Sie brauten daraus einen Krug frischen Cayoral und setzten sich an den großen Tisch im Hauptraum. Jorak nahm seinen Becher in beide Hände und wärmte sich daran. Er ist ganz schön still, dachte Alena. Sie hätte gerne gewusst, was ihm durch den Kopf ging.

      „Ich kann so nicht weiterleben“, sagte Jorak plötzlich. Seine Stimme klang gepresst. Als Alena ihm erschrocken die Hand auf den Arm legte, fühlte sie die Anspannung in seinem Körper.

      „Früher hat mir das nicht ganz so viel ausgemacht“, fuhr er fort. „Ein Ausgestoßener zu sein, mich durchschlagen zu müssen, ständig auf der Hut zu sein. Aber seit Rhiannon ...“

      Alena nickte und musste daran denken, was ihr Vater gesagt hatte. „Auf der anderen Seite der Grenze bist du ein paar Wochen lang ein normaler Bürger gewesen. Wenn du dortgeblieben wärst und dem Rat der Fünf nicht die Meinung gesagt hättest, dann müsste ich mich wahrscheinlich vor dir verbeugen und dich ´edler Herrscher´ nennen oder so was. Und hier ...“

      Sie brauchte nicht weiterzusprechen, der Schreck über den Angriff vorhin saß ihnen beiden noch in den Knochen. Also fragte sie einfach: „Was wirst du tun?“

      Jorak blickte hoch, sah ihr direkt in die Augen. „Gilt dein Angebot noch? Du weißt schon, welches.“

      „Das war kein Angebot, das war ein Schwur. Natürlich gilt er.“ Alena wusste noch genau, was sie ihm in der Felsenburg der Regentin gesagt hatte. Ich schwöre, dass ich dir helfen werde von einer Gilde anerkannt zu werden. Und wenn die Vulkane von Tassos dabei verlöschen, dann sei´s drum. Alle hatten sie für verrückt erklärt. Denn Joraks Mutter gehörte der Luft-Gilde an, sein Vater der Feuer-Gilde – Jorak hatte das Pech gehabt, dass keine der beiden Gilden ihn anerkannt hatte, als er noch ein Kind gewesen war. Inzwischen war er zwanzig Winter alt. Weit über das Alter hinaus, in dem man sich noch um Mitgliedschaft bewerben konnte.

      „Aber du musst dir überlegen, in welche Gilde du überhaupt eintreten willst“, fiel Alena ein. „Feuer oder Luft. Beides geht nicht.“ In ihren Tagträumen sah sie ihn längst im Schwarz der Feuerleute, das neue Amulett mit dem Flammensymbol um den Hals. Doch sie hatte nicht vor, ihm das zu gestehen.

      Jorak verzog das Gesicht. „Das wird schwer. Beides wäre am besten, ich fühle mich ziemlich halb-halb. Lass mich darüber nachdenken, ja? Immerhin muss ich über meine Zukunft entscheiden. Morgen sage ich es dir.“ Er zögerte. „Übrigens ... es könnte sein, dass ich den Calonium-Armreif eine Weile ablegen muss. Das Ding verrät mich, jeder Mensch der Feuer-Gilde spürt es an mir.“

      Ihre Armreife waren ein Symbol ihrer Liebe, sie hatten sie gemeinsam geschmiedet. Alena schmerzte es, dass Jorak den Armreif ablegen wollte, aber sie verstand seine Gründe. „Du kannst ihn abgeschirmt bei dir tragen“, erklärte sie ihm. Zum Glück fanden sie in Keldos Lager einige flache Dosen aus Nachtholz, in die der Armreif genau hineinpasste.

      In dieser Nacht lagen sie lange wach. Alena starrte mit hinter dem Kopf verschränkten Armen in die Dunkelheit. Sie hatte eine bittere Ahnung davon bekommen, was es bedeutete, einen Ausgestoßenen als Gefährten zu haben. Wenn er gildenlos bleibt, dann werden wir ständig kämpfen müssen, dachte Alena. Wir werden nie einfach so in eine Schänke gehen, zusammen durch einen der Bezirke schlendern können. Zusammen leben? Können wir vergessen, die Gilde würde mich sofort ächten. Ich dürfte ja eigentlich nicht mal mit ihm reden. Ein kleiner Fehler und mein Leben ist genauso ruiniert wie seins.

      Und was war mit ihrer eigenen Zukunft? Sie wusste noch immer nicht, was ihr Weg war, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen sollte – daran hatten ihre Erkundungen jenseits der Grenze nichts geändert. Alle anderen jungen Meister hatten längst ihren Platz im Leben gefunden, nur sie driftete noch herum und hatte nicht einmal eine vage Ahnung von dem, was sie machen konnte und wollte. Nicht mal die Schmiede ihres Vaters zu übernehmen ging jetzt. Natürlich, sie konnte ihre eigene Schmiede aufmachen, aber das reizte sie nicht wirklich.

      Alena fühlte sich fast erdrückt von all diesen Problemen. Aber dann dachte sie trotzig: und wenn schon. Wir schaffen das – irgendwie. Und ich gebe Jorak nicht auf – komme, was wolle!

      Totensee und Lebensbaum

      Es war das erste Mal, dass Rena eine Todes-Zeremonie der Wasser-Gilde miterlebte. Still stand sie neben Tjeri, ihrem Gefährten, zwischen den anderen Leuten und wartete ab. Ihre bloßen Füße gruben sich in den feuchten Sand des Ufers und fühlten sich an, als würden sie bald abfrieren. Es war früher Morgen, noch schwebte Nebel über dem Heiligen See nahe Xanthu. Mit einem Schauder sah Rena, dass sich Hunderte von weißen Fischen im Flachwasser eingefunden hatten – sie wussten aus Erfahrung, was bald kommen würde.

      Nur wenige Schritte von den Fischen entfernt, am Ufer, hatte sich eine dichte Menschenmenge versammelt. Der Große Udiko war ein berühmter Sucher gewesen, er hatte vielen Bewohnern Dareshs geholfen. Viele von ihnen waren heute gekommen, um Abschied zu nehmen. Rena bemühte sich mit ihnen gemeinsam das Ner´uljipa zu sprechen, die Abschiedsformel der Wasser-Gilde. Sie ärgerte sich darüber, dass sie sich im fünften Satz verhaspelte, und bewegte lieber nur noch die Lippen.

      Sie spürte, wie Tjeri neben ihr mit den Tränen kämpfte, und nahm tröstend seine Hand. Als er von Udikos Tod erfahren hatte, hatte er seinen Suchauftrag in Alaak sofort abgebrochen, um hier sein zu können.

      Udikos massiger Körper wurde in ein Kanu getragen und von zwei Hütern hinausgerudert. Rena wandte den Blick ab, als die Leiche in den See fiel – sie wollte nicht sehen, wie sich die Fische darüber hermachten. Tjeri hatte ihr das Ritual schon oft erklärt, aber so richtig hatte sich Rena nie an diese Art der Bestattung gewöhnen können. Sie war einfach zu verschieden von dem, was sie aus der Erd-Gilde gewohnt war. Wie der Grund des Gewässers wohl aussah – der Boden dicht bedeckt von weißgebleichten Knochen und Schädeln?

      Die Hüter des Heiligen Sees hatten sich zurückgezogen, hielten sich im Hintergrund. Es war die Aufgabe der Gäste, die Totenreden zu halten. Jeder, der eine Erinnerung beitragen wollte, konnte es tun. Tjeri war der Erste, der vortrat.

      Rena ließ die Augen nicht von ihm. Er sah gut aus in seiner förmlichen dunkelblau-silbernen Tunika. Sein kurzes dunkles Haar glänzte wie poliertes Nachtholz. Zwei Libellen umschwirrten ihn, und aus dem Gestrüpp an den anderen Seiten des Sees lugten viele Augen; auch seine nichtmenschlichen Freunde spürten seine Trauer und blieben in seiner Nähe.

      „Dass Udiko mich damals als seinen letzten Lehrling annahm, hat mein Leben bestimmt“, sagte Tjeri. Er hatte sich wieder gefangen, und nur wer ihn gut kannte, konnte hören, dass seine Stimme leicht zitterte. „Der Alte konnte ein echter Bastard sein, grob und respektlos. Besucher, die ihm nicht

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