Pitaval des Kaiserreichs, 1. Band. Hugo Friedländer

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Pitaval des Kaiserreichs, 1. Band - Hugo Friedländer

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in Hannover und der Prozeß gegen den Klub der »Harmlosen« in Berlin haben blitzartig in das Spielerwesen hineingeleuchtet.

      Im Oktober 1893 erregte ein vor der Strafkammer des Landgerichts Hannover geführter Spieler- und Wucherprozeß ein ganz unendliches Aufsehen, und zwar hauptsächlich, weil weit über 100 Offiziere aller Truppengattungen vom Generalmajor bis zum Leutnant abwärts aus allen Garnisonorten Deutschlands als Zeugen geladen waren. Angeklagt waren: 1. Bankier Max Rosenberg, 2. Bankier Albert Heß, genannt Seemann, 3. Bankier Louis Abter, 4. Bankier Ludwig Sußmann, 5. Rentier Johann Fährle, 6. Rittmeister a.D. Freiherr v. Meyerinck, 7. Rentier Samuel Seemann, genannt »der olle ehrliche Seemann«, 8. Bankier Julius Rosenberg, 9. Geschäftsreisender Ludwig Stamer.

      Max Rosenberg, Abter, Albert Heß und Rentier Albert Arnold Lichtner betrieben in Hannover ein »Bankgeschäft«, d.h. sie boten unter dem Deckmantel eines solchen den Offizieren der Hannoverschen Garnison und denen der Hannoverschen Militärreitschule durch Zirkulare Gelddarlehen an. Wenn nun ein Offizier Geld geliehen haben wollte, so trugen die »Bankiers« zunächst Bedenken. Schließlich erklärten sie sich bereit, die verlangte Summe auf Wechsel und Ehrenschein gegen 5-6% Zinsen und 1-2% Provision, die sofort in Abzug gebracht wurde, zu leihen. Bares Geld erhielten aber die Offiziere in nur kleinen Beträgen, den größten Betrag erhielten sie in Gestalt von braunschweigischen, sächsischen und Hamburger Lotterielosen, und zwar nicht in Originallosen, sondern in Anteilscheinen, sogenannten Verzichtlosen, das heißt die Offiziere hatten nur auf die Klasse, auf die der Anteilschein lautete, ein Anrecht, aber auch nur bis zu einem Gewinn von 2000 Mark. Wenn das Los mit einem höheren Gewinn herauskam, so fiel er den Darleihern zu. Auf die folgende Klasse hatten die Offiziere in den meisten Fällen kein Anrecht. Auf die letzte Klasse, die bekanntlich die meisten Chancen bietet, hatten die »Verzichtlose« niemals Anrecht. Es war keine Seltenheit, daß ein Offizier Verzichtlose im Betrage von 10000 Mark und darüber im Besitz hatte. Wenn nun am Verfalltage der Wechsel nicht eingelöst werden konnte, so war, um eine Prolongation des Wechsels zu bewirken, ein neuer Loskauf erforderlich, und zwar in noch höherem Betrage als bei der ersten Ausstellung des Wechsels. Es kam infolgedessen vor, daß ein Offizier, der sich einige hundert Mark geliehen hatte, in kurzer Zeit eine Schuldenlast von vielen tausend Mark hatte. Bei einer Prolongation der Wechsel oder einem zweiten Darlehen erhielten diejenigen, die für bestimmte Losnummern die erste oder mehrere Vorklassen bereits bezahlt hatten, andere Losnummern, wofür sie wiederum die Vorklassen bezahlen mußten. Deren bisherige Nummern erhielten andere Offiziere, die die Vorklassen auch noch einmal bezahlen mußten. Ein Offizier, der sich von Abter 2500 Mark lieh, mußte für 8500 Mark Verzichtlose nehmen, so daß der zu unterschreibende Wechsel auf 11000 Mark lautete. Der Vater eines Offiziers, ein Rittergutsbesitzer, übergab diesem selben Abter 2000 Mark mit dem Auftrage, damit Schulden seines Sohnes zu bezahlen. Abter berechnete sich für seine »Bemühungen« 300 Mark; die Schulden hat er nicht bezahlt, sondern das Geld für sich behalten. Max Rosenberg, Heß, Fährle, Samuel Seemann, v. Meyerinck, Stamer, Abter, der bereits erwähnte Rentier Lichtner und ein Leutnant a.D. Freiherr v. Zedlitz-Neukirch besuchten alle größeren Badeorte und Rennplätze des In- und Auslandes und große deutsche Städte, in denen sie durch Falschspielen eine große Anzahl Offiziere, Rittergutsbesitzer, Studenten usw. in des Wortes vollster Bedeutung ausplünderten. Sie stellen ihre Kumpane unter falschem Namen als Großfabrikanten oder Großindustrielle, Barone oder Grafen vor und flüsterten den Offizieren ins Ohr, diese Herren hätten stets viel Geld bei sich, seien leidenschaftliche Spieler, hätten aber kein Glück im Spiel, es sei daher ein leichtes, diesen Leuten 50 bis 80000 Mark abzunehmen. Wenn sich nun die herangeschleppten Opfer zum Spiel verleiten ließen, dann wendete sich das Blättchen. Die »Großindustriellen« waren »ausnahmsweise« stark vom Glück begünstigt, denn sie spielten mittelst doppelter Roulette, bzw. gezeichneter Karten, und wußten auch durch Winke aller Art das Glück stets an sich zu fesseln, so daß die Offiziere, Studenten usw. oftmals in einer Nacht viele tausend Mark verloren. Wenn nun die Gerupften nicht das genügend bare Geld bei sich hatten, mußten sie für den Restbetrag einen Wechsel geben. Wenn Samuel Seemann, der in Berlin wohnte, mit seiner Roulette aber die Welt durchzog, nach Hannover kam, da bestellte v. Meyerinck die geeigneten Zimmer im Hotel de Russie daselbst; er sorgte außerdem dafür, daß zahlreiche Offiziere ins Hotel kamen und daß beim Spiel keine Störung eintrat. Den aufwartenden Kellnern nahm v. Meyerinck die bestellten Speisen und Getränke vor der Tür ab. Lichtner schrieb einmal an seine Konkubine aus Baden-Baden: »Ich habe so ziemlich ein großes Unternehmen durchgeführt, jedenfalls habe ich mich nicht umsonst geplagt.« Dieser Brief bezog sich auf ein Spiel in Baden-Baden, bei welchem er am Tage vorher, in Gemeinschaft mit v. Meyerinck, einem Rittergutsbesitzer Landfried 60000 Mark abgenommen hatte. Um den Verlierer nicht mißtrauisch zu machen, verlor Lichtner zum Schein ebenfalls 60000 Mark. v. Zedlitz wußte Landfried zu überreden, für 6000 Mark für ihn Bürgschaft zu leisten. v. Zedlitz versicherte dem Landfried: die Bürgschaft sei eine bloße Form, seine Mutter, die sehr begütert sei, werde die 6000 Mark sofort bezahlen. Landfried mußte jedoch die 6000 Mark bezahlen, denn die Mutter des v. Zedlitz, einstmals eine Sehr begüterte Dame, hatte durch den Leichtsinn ihres Sohnes längst ihr ganzes Vermögen verloren. Stamer schrieb von Homburg an von Zedlitz eine Postkarte: »Gestern großes Jeu mit Boditzka, nach allen Richtungen hin angeschossen. Es wird höchste Zeit für den Blattschuß auf Friedlaender.« Mit Friedlaender wurde der Rittergutsbesitzer Landfried bezeichnet, dem bereits in Baden-Baden in einer Nacht 10000 Mark abgenommen worden waren und der in Homburg von neuem gerupft werden sollte. Zu den interessantesten Persönlichkeiten auf der Anklagebank gehörte der Rittmeister a.D. Freiherr v. Meyerinck. Dieser bekundete auf Befragen des Vorsitzenden, Landgerichtsdirektors Heinroth: Er habe bei Bresa zwei Güter besessen. Das eine hatte einen Kaufpreis von 180000 Talern, das andere von 110000 Talern. Für eins hatte er 120000 Taler, für das andere 80000 Taler angezahlt. Im Jahre 1880 sei er genötigt gewesen, beide Güter zu verkaufen. Er habe 855000 Mark und 360000 Mark dafür erhalten. Er sei alsdann mit seiner Familie nach Koburg, 1885 nach Hannover gezogen.

      Vors.: Sie haben bereits im Jahre 1879 in Straßburg den Manifestationseid geleistet?

      v. Meyerinck: Ich war damals bereits im Vermögensverfall.

      Vors.: Wovon haben Sie nach dem Verkauf Ihrer Güter gelebt?

      v. Meyerinck: Ich hatte zusammen mit meiner Schwiegermutter eine jährliche Rente von 22000 Mark.

      Vors.: Nachdem Sie Ihre Güter verkauft hatten, haben Sie noch den Rest Ihres väterlichen Erbteils von 42000 Mark erhalten, wodurch sind Sie trotzdem derartig in pekuniäre Bedrängnis gekommen?

      v. Meyerinck: Einmal durch Spielverluste, andererseits infolge Unterhaltung eines großen Haushalts.

      Vors.: Ihr Haushalt muß allerdings sehr kostspielig gewesen sein, denn Sie wurden von einem Metzgermeister wegen 8000 Mark, die Sie ihm für Fleisch schuldeten, verklagt. Aus der Rechnung geht hervor, daß Sie von dem Metzgermeister für etwa 4000 Mark jährlich Fleisch bezogen, und zwar war dies nicht der einzige Metzgermeister, bei dem Sie Fleisch kauften. Ihr jährlicher Fleischbedarf muß sich auf 5-6000 Mark belaufen haben?

      v.M.: Das ist richtig.

      Vors.: Sie behaupten, Sie seien durch Ihre Spielwut in Vermögensverfall geraten, während die Anklage behauptet: Sie hätten durch das Spielen Ihre Vermögenslage aufbessern wollen und auch wirklich aufgebessert?

      v.M.: Das bestreite ich ganz entschieden.

      Vors.: Wie kamen Sie mit Fährle und Lichtner zusammen, diese Leute stehen doch gesellschaftlich weit unter Ihnen?

      v.M.: Ich habe auch gesellschaftlich mit diesen Leuten nicht verkehrt, als Spieler waren sie mir aber sympathisch.

      v. Meyerinck gab auf weiteres Befragen zu, daß er mit Lichtner, Albert Heß und dem Rittergutsbesitzer Landfried in Öynhausen gespielt und daß dabei Landfried 14000 Mark in wenigen Stunden

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