EINE EVOLUTION, ABER UNTERSCHIEDLICHE GESCHICHTEN?. Albert Helber

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EINE EVOLUTION, ABER UNTERSCHIEDLICHE GESCHICHTEN? - Albert Helber Mentale Evolution und menschliche Geschichte

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Menschen sich beschäftigenden Wissenschaften beweisen, wie sehr wir Menschen Geschöpfe der biologischen Evolution sind.

      Jedes Buch über menschliches Verhalten muss die mentale Evolution als Ausgangspunkt des Menschen aufgreifen. Nur unsere evolutionäre Herkunft kann den Menschen und sein Verhalten erklären. In einer Entstehungsgeschichte menschlicher Psychologie muss erkennbar werden, wie v.a. menschliche Gefühle den Bezug zur Welt bestimmen und wie von ihnen ausgehende Gedanken oder Ideen nur dann ihre Wichtigkeit behalten, so sie durch unsere Gefühle, unsere soziale Zugehörigkeit und unsere Abhängigkeit von Natur und Umfeld ihre Berechtigung erfahren. Jede neue mentale- oder psychologische Erwerbung benutzt im evolutionären Ablauf die Vorausgehende als Orientierung, setzt diese fort, ergänzt sie oder optimiert sie. Durch genetische Mutationen erzeugte Veränderungen können sich nur dann durchsetzen, wenn sie das Vorhandene nicht verdrängen, sondern dieses allenfalls ergänzen und das Neue anpassbar oder flexibel gestalten. Ein menschliches Verhalten, das sich nur an Verstand und Wissen orientiert und die zuvor schon entstandenen- und gestaltenden Gefühle vernachlässigt, wie dies im christlichen Abendland geschah, konnte nicht gut gehen und musste korrigiert werden. Hoffen wir nur, dass die Korrektur nicht zu spät kommt.

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      Evolutionäre Intelligenz, ein dialektisches Zusammenspiel zweier sich laufend verändernder Pole aus Umwelt und biologischem Akteur, entwickelt biologische Diversität und schafft einzigartige Geschöpfe und hoch spezialisierte Arten: Sie lösen Staunen und Bewunderung aus und lassen in uns Menschen auch Demut aufkommen, denn jedes biologische Geschöpf, jede Pflanze und jedes Tier hat eine besondere-, eine eigene Entwicklungsgeschichte, die ein weltweites Überleben oder ein Dasein in der Nische möglich macht. Evolutionäre Intelligenz schafft für jedes biologische Geschöpf jene optimale Funktion, die sein Überleben und seine Fortpflanzung sichert. Jede Art ist einzigartig und jedes Glied ist wichtig im Zusammenspiel des Lebens auf der Erde. Beim Menschen führt diese Entwicklung zu einer „mentalen Intelligenz“. Sie ist eine durch evolutionäre Intelligenz erzeugte „mentale Intelligenz“, mit welcher wir Menschen unser Überleben sichern. Evolutionäre Intelligenz qualifiziert nicht: Was sich mit der mentalen Intelligenz des Menschen im Vergleich zur evolutionären Intelligenz verändert ist allenfalls eine neu aufgekommene Zielorientierung: Orientiert sich die „evolutionäre Intelligenz“ ausschließlich am jetzt Gegebenen, so orientiert sich eine von Gefühlen gelenkte „mentale Intelligenz des Menschen“ an der Vergangenheit und an der Gegenwart, doch hat sie, — wichtig ja, aber vielleicht gefährlich —, auch die Zukunft im Blick. Mentale Intelligenz ist ausgerichtet und hat Ziele. Die mentale Intelligenz will zuerst das Überleben des Menschen sichern, doch will sie gleichzeitig jenes Scheitern verhindern, das die „evolutionäre Intelligenz“ akzeptiert: Wer sich in ein gegebenes Umfeld nicht einzupassen versteht wird scheitern, untergehen und verschwinden. Nur weil ein potentielles Scheitern von Individuen oder Arten von der „evolutionären Intelligenz“ akzeptiert wird, kann jene Vielfalt einer biologischen Welt entstehen, die wir bewundern. Dies Scheitern muss einer zielorientierten-, von Gefühlen, von Gedanken und Ideen gelenkten mentalen Intelligenz des Menschen nicht widerfahren, doch sind deren Konsequenzen noch offen und nicht beantwortet. Wird mentale Intelligenz das Überleben des Menschen sichern oder wird sie, wie der Gigantismus der Dinosaurier, zur Bedrohung werden?

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      Der Mensch ist ein von evolutionärer Intelligenz erschaffenes biologisches Geschöpf mit mentalen Funktionen, deren Entstehung ich im 1. Teil dieses Buches zu beschreiben versuche. Ein von der biologischen- und mentalen Evolution gestaltetes Menschenbild entsteht und grenzt sich ab von philosophischen- oder religiösen Alternativen. Der eigentliche Anlass dieses Buches aber ist eine Verbindung von mentaler Evolution des Menschen mit seiner Geschichte. Werden evolutionär entstandene Fähigkeiten des Menschen im geschichtlichen Ablauf verwendet oder werden diese von kulturellen Erkenntnissen ergänzt oder gar ersetzt? Was hat der Mensch in seiner Geschichte aus seinen evolutionär erworbenen Fähigkeiten gemacht? Hat er sie genützt oder hat er sie sogar verachtet, weil er in eine von Gott erschaffene Welt entführt wurde und der Evolution misstraute? In Teil 2 analysiere ich deshalb die mehrere Tausend Jahre alten Geschichten von China, von Indien und vom christlichen Abendland. Es sind die bevölkerungs-reichsten Regionen unserer Erde. Alle drei verfügen über eine Jahrtausende alte- und durch Erzählungen und Schriften kommunizierte Geschichte von Ethik und menschlichem Verhalten. Auch spielen alle drei Regionen in der derzeitigen Politik eine wichtige Rolle und sind wirtschaftlich vernetzt. In allen drei Regionen wird schon lange vor der christlichen Zeitenwende eine gesellschaftliche Orientierung angestoßen mit unterschiedlichem Bezug zur mentalen Evolution des Menschen. Nicht einzelne historische Events interessieren in der Geschichte dieser Regionen, sondern ihre früh schon angelegten gesellschaftlichen Leitbilder, die bis heute ihre Geschichte bestimmt haben und noch immer bestimmen. Eine von mentalen Leitbildern geformte Geschichte-, eine Mentalgeschichte als Verbindung von Evolution und Geschichte, eine Geschichte menschlichen Verhaltens und nicht die Kulturgeschichte dieser Länder interessiert. Obgleich alle Menschen auf unserer Erde über ein gemeinsames evolutionäres Erbe verfügen, offenbaren die Geschichten von China, von Indien und vom christlichen Abendland erhebliche Unterschiede. Wie sind diese historischen Unterschiede entstanden, wenn wir Menschen alle das gleiche genetische Erbe in uns tragen?

      Geschichte ist bisher fast immer eine Abfolge von Kulturen, die aufblühen und wieder verschwinden. Sie entspringen Mythen, religiösen Vorstellungen oder Ideen einzelner Menschen und werden wieder verschwinden. Wenn Oswald Spengler in seinem Jahrhundertbuch über verschwundene Kulturen vom „Untergang des Abendlandes“133 spricht, so prognostiziert er nicht den Untergang des Abendlandes, sondern das Verschwinden einer abendländischen-, von menschlichen Ideen entworfenen Kultur. Nicht ohne Grund erwähne ich dieses Beispiel einer abendländischen Kultur: Geschichte ist zwar auch eine Abfolge von Kulturen, doch wird menschliche Geschichte nachhaltig und langfristig vom menschlichen Verhalten und vom mentalen Erbe des Menschen gelenkt. In der Evolution überlebt nur, wenn einem evolutionären Erbe die Einpassung in ein gegebenes Umfeld gelingt. In der menschlichen Geschichte werden das Verhalten des Menschen und nicht ideelle Entwürfe sein Überleben bestimmen.

      In einer Zusammenschau von mentaler Evolution und Geschichten in China, in Indien und im christlichen Abendland vergleiche ich in Teil 3 dieser Analyse die gemachten historischen Erfahrungen und suche nach Erklärungen. Ein gleiches evolutionäres- oder genetisches Erbe, aber unterschiedlich verlaufende-, sich an unterschiedlichen Leitbildern orientierende Langzeitgeschichten dieser Länder, müssen eine von kulturellen Unterschieden nicht erklärbare-, genetische Ursache haben. Warum entwickeln sich in einer Geschichte Verhaltensformen, die in anderen Geschichten nicht in gleicher Weise zu finden sind? Eine Antwort müsste uns Menschen helfen, in einer globalisierten Welt der Zukunft ein friedlicheres Zusammenleben und eine Bewahrung von Natur erreichen zu können.

      Teil 1 MENTALE EVOLUTION ODER WIE MENSCHLICHES VERHALTEN ENTSTEHT.

       1A: UNTERSCHEIDUNG, EIN BIOLOGISCHES ERBE.

      1. Aus Urknall wird „Ursache und Wirkung“.

      Vor ca. 5,6 Milliarden Jahren beginnt die biologische Evolution, beginnt die Evolution biologischer Organismen, beginnt Leben. Wie das Leben entstand dafür haben wir allenfalls Vermutungen. Ist das Leben durch einen Einschlag von Meteoriten auf die Erde gekommen, in der Tiefe der Meere in der Nachbarschaft heißer- und schwefelhaltiger vulkanischer Aktivität oder durch Blitzeinschlag entstanden: Wir wissen es nicht. Was wir jedoch aus der Evolution lernen können sind Erscheinungen, sind Qualitäten und Funktionen, die sie hervorbringt. Das Existieren, das Aufkommen von All und Leben bleiben ein Rätsel. Über die Essenz von All und Leben, über deren Entwicklung, Struktur und Funktion können wir nachdenken und forschen. Lebende Organismen haben eine Struktur. Deren Aufbau braucht Energie, mit der Strukturen und Funktionen entstehen, erhalten und stabilisiert werden müssen. Nicht weniger wichtig sind Information und Wissen,

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