SPQR - Der Fluch der Mumie. Norbert Wibben

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zu aufregenden Kriminalfällen! Versprochen?« Sie wartet die Antwort nicht ab, entfernt sich vom Bett und verlässt das Zimmer.

      Inge sinkt jedoch nicht in den angekündigten Schlaf. Sie öffnet die Augen erneut. Diesmal ohne Sorge, dass das Licht schmerzen könnte. Sie dreht den Kopf in Richtung ihres Kollegen.

      »Clas, ich danke dir!«

      Der winkt mit einer Handbewegung ab.

      »Du hättest für mich das Gleiche …« Er macht eine Pause und grinst. »… versucht. Aber bei meinem nicht geringen Körpergewicht …« Der Kommissar lässt den Satz unvollendet. Trotz dieser Witzelei ist er schlank, körperlich fit und besitzt eine normale Statur. Inge wirkt dagegen zierlich und zerbrechlicher, als sie ist. Er weiß aber, sie ist drahtig und zäh.

      Sie lächelt ihn an, erwidert jedoch nur: »Danke!«

      Anschließend schweigen beide. Clas will schließlich aufstehen, um dem Rat der Krankenschwester zu folgen. Doch seine Kollegin hindert ihn daran.

      »Wurdest du zu einem neuen, interessanten Fall gerufen? Bevor ich zu einem vermeintlichen Handtaschenraub fuhr, schaute ich in dein Büro. Du warst nicht dort.«

      »Sollte ich dich begleiten?« Sein fragender Blick deutet an, dass er das für eher unwahrscheinlich hält.

      »Nein, das war nicht der Grund. Ich wollte …« Sie schweigt verlegen. Hinnerk gibt ihr Zeit und wartet, dass sie fortfährt. Ruhe und Geduld sind zwei seiner herausragenden Eigenschaften. Er nähert sich Kriminalfällen nie hastig, und genauso verhält er sich, wenn es nicht um seinen Beruf geht. Aber die eingetretene Pause stößt inzwischen an die zumutbare Grenze.

      »Falls du mir das später mitteilen möchtest …«, gibt er ihr eine Hilfestellung. Er erhebt sich und stellt den Besucherstuhl unter den Tisch, wo dieser vor seinem Besuch gestanden hat.

      Inge kraust die Stirn. Warum fällt es ihr plötzlich schwer, dem Kollegen zu sagen, was sie von ihm wollte? Sie räuspert sich.

      »Ich habe in den Jahren, die ich mit dir zusammenarbeiten durfte, viel gelernt. Dafür möchte ich danken. Außerdem will ich festhalten, dass ich hoffe, so unvoreingenommen wie du an Kriminalfälle heranzugehen. Das ist meiner Meinung nach dein hervorstechendstes Merkmal und befähigt dich, auch schwierigste Fälle zu lösen.«

      Bei diesen Worten blickt Inge auf ihre linke Hand, mit der sie beständig und vorsichtig über ihren rechten kleinen Finger streicht. Jetzt hebt sie die Augen und schaut erstaunt zu Clas hinüber, weil der verlegen hüstelt und tatsächlich leicht rot angelaufen ist.

      »Das …«, stottert der Kommissar, »hast du schön gesagt. – Das war aber hoffentlich nicht die Einleitung, um zu sagen, dass du dich versetzen lassen willst. Wenn es nämlich nach mir geht, möchte ich noch viele Jahre mit dir zusammenarbeiten dürfen.«

      Die junge Kommissarin stammt aus Stralsund. Sie hat im Anschluss an Ausbildung und Studium in Wismar während inzwischen fünf Dienstjahren praktische Erfahrungen gesammelt. Mittlerweile wäre es durchaus denkbar, dass sie sich um eine freigewordene Stelle in ihrer Heimat beworben hat.

      »Hey, du bist ja richtig weiß geworden. Nein, keine Sorge. Ich arbeite äußerst gern in dieser Stadt, aber insbesondere mit dir, Clas Hinnerk, zusammen.«

      Beide grinsen sich erleichtert an, dann verabschiedet sich der Kommissar.

      »Wenn du morgen entlassen wirst, ruf mich einfach an. Ich hole dich ab. Bis dahin, schlaf dich gesund!«

      Sobald sich die Tür hinter ihrem Kollegen geschlossen hat, sucht Inge mit Blicken das Zimmer ab. Hier gibt es zwar ein weiteres Bett, doch das ist leer. Sie wird also weder von anderen Besuchern, noch von einem Patienten gestört werden. Wenn sie die Augen schließt, wird sie voraussichtlich gut schlafen können. Sie schaltet das Deckenlicht durch einen Knopf an der Patientenkonsole ab. Sofort umgibt sie lediglich ein leichtes Dämmerlicht und sie gleitet schnell in den inzwischen herbeigesehnten Schlaf.

      Inge träumt, dass sie sich in einem Krankenhaus aufhält. Doch dieses Mal ist nicht sie, sondern Clas der Patient. Es muss etwas mit seinem Kopf passiert sein. Das wäre eine Erklärung für den Verband, der diesen umhüllt. Die Kommissarin erinnert sich im Traum, weshalb ihr Kollege in der Helios-Klinik in Schwerin liegt. Er wollte einen Verdächtigen in einem Bootsschuppen stellen. Dabei stolperte er in der Dunkelheit über ein Hindernis und verletzte sich heftig.

      Inge hört das Schließen der Zimmertür und reißt erschrocken ihre Augen auf. Sollte nicht sie, sondern Clas in diesem Krankenhausbett liegen? Sie tastet nach dem Lichtschalter. Helles Licht flutet das Zimmer. Sie blinzelt und schaut sich um. Es ist offensichtlich, sie ist die Patientin und hat kein Déjà-vu! Sie atmet erleichtert auf, runzelt aber sofort darauf verwundert die Stirn.

      »Ich habe eine Infusion bekommen, doch die ist inzwischen fort. Wird die Krankenschwester den Tropf abgenommen haben? Davon habe ich nichts gemerkt!«

      Die Schwester hatte gesagt, dass sie sich nicht erschrecken solle, weil ihr Blutdruck und die Körpertemperatur alle paar Stunden kontrolliert werden würden. Und das auch während der Nacht. Das sollte sicherstellen, dass ihr Kreislauf stabil ist und sie durch die Gehirnerschütterung nicht doch noch einen größeren Schaden nimmt.

      Ihr Schlaf muss sehr tief gewesen sein, da sie davon bisher nichts mitbekommen hat. Das mit der Infusion erhaltene Schmerzmittel wird vermutlich seinen Teil dazu beigetragen haben. Darüber wurden ihrem Körper zusätzlich Wasser, Salze und Nährstoffe zugefügt, weshalb sie inzwischen dringend die Toilette aufsuchen möchte.

      Inge richtet sich vorsichtig auf und schiebt zuerst nur die Beine über die Bettkante. Sie wartet, ob ihr womöglich schwarz vor Augen wird. Das kann bei ihrem sonst niedrigen Blutdruck schnell passieren. In dem Fall hätte sie nach der Nachtschwester klingeln müssen. Da das nicht eintritt, wagt sie es, allein zum WC zu schlurfen.

      Trotzdem sinkt sie anschließend ermattet aufs Bett. Auch wenn sie nicht umgekippt ist, sie hat sich an dem zweiten Bettgestell und dem Türrahmen festgehalten, war die Aktion erstaunlich anstrengend. Ihr Atem geht flach und das Herz pocht heftig in ihren Ohren. Sie spürt kalten Schweiß auf den Handrücken und atmet langsam ein und aus. Das hilft und stabilisiert den Kreislauf, wie sie weiß. Sie hofft, trotz ihrer Schwäche nach der Visite am kommenden Morgen entlassen zu werden. Inge will durch einen Blick in das polizeiliche Intranet sicherstellen, dass die Frau aus dem Kaufhaus nicht doch noch auf dem Polizeirevier eine Anzeige gegen Murat Osakin erstattet hat. Falls das jedoch geschehen ist, möchte sie dem ausländischen Studenten raten, sich einen Anwalt zu nehmen. Seine Adresse im Studentenwohnheim ist ihr bekannt. Sie will verhindern, dass der junge Mann einen falschen Eindruck von den Bewohnern Wismars bekommt. Fremdenfeindlichkeit verabscheut sie zutiefst. Mit diesen Gedanken schläft sie traumlos ein.

      Inge Husmann wird heute aus dem Krankenhaus entlassen. Das geschieht allerdings nur auf ihren ausdrücklichen Wunsch. Der Stationsarzt hätte sie noch gerne einen weiteren Tag zur Beobachtung dortbehalten. Der plötzliche Zusammenbruch der Kommissarin und ihre Verwirrtheit geben ihm zu denken. Da auf den CT-Aufnahmen jedoch keine innere Verletzung und kein sonstiger körperlicher Schaden zu erkennen sind, will die willensstarke Frau so schnell wie möglich das Spital verlassen. Sie wartet voller Ungeduld auf ihren Kollegen, den sie vor einer halben Stunde angerufen hat.

      »Clas hat mir versprochen, mich abzuholen. Wo bleibt er dann jetzt so lange?« Inge befindet sich im Eingangsbereich der Klinik und schaut auf ihr Handy. Es ist inzwischen bereits Nachmittag, da sich die Untersuchung

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