SPQR - Der Fluch der Mumie. Norbert Wibben
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Auf der Rückfahrt vom Kaufhaus denkt Inge Husmann an die Dankesäußerungen des jungen Mannes, der bereits befürchtete, wegen seines ausländischen Aussehens keine Aussicht auf eine gerechte Untersuchung des Vorgangs zu haben. Sie ermahnt sich, ihre Aufmerksamkeit in die Gegenwart zu richten und besser auf die Straßenverhältnisse zu achten. Ihr kleiner Finger ist inzwischen dick und blau angelaufen. Er schmerzt derart stark, dass sie beschließt, nach einem in die PC-Tastatur getippten Bericht zum Krankenhaus zu fahren. Sie sucht Clas Hinnerk noch schnell vor dem Hinausgehen auf.
»Ich hatte einen Fahrradunfall«, teilt sie ihm mit. Sie will ihn darauf vorbereiten, dass sie womöglich ein paar Tage ausfallen wird. »Bis auf einen Schlag gegen meinen Helm und einen ausgerenkten, kleinen Finger, ist mir nichts geschehen. Die Hand möchte ich vorsichtshalber röntgen lassen.«
Déjà-vu?
Inge wundert sich beim Aufwachen, dass sie offenbar in einem fremden Bett liegt.
»Wo … bin ich?«, fragt sie sich, dabei kommt kein Laut über ihre Lippen. Ihre Augenlider versuchen, sich zitternd zu heben. Sie kraust ihre Stirn. Weshalb gelingt das nicht? Dass sie sich nicht zu Hause befindet, spürt sie an der ungewöhnlichen Härte der Matratze. Es muss fast Mittag sein, so hell, wie es durch ihre geschlossenen Lider schimmert. Warum liegt sie derart lange in einem Bett, wo immer das auch steht? Denn wo sie ist, will ihr nicht klar werden.
Plötzlich blitzten die Bilder vom Sturz mit dem Rennrad in ihrem Kopf auf. Dann ändert sich die Szene. Sie sieht die Situation im Kaufhaus und ebenso die Rückfahrt zum Kommissariat im Zeitraffer. Am Schreibtisch hatte sie ihren Bericht geschrieben und dabei Aussetzer beim Blick auf den Bildschirm gehabt. Da sie außerdem zunehmende Schmerzen in der rechten Hand spürte, wollte sie ihren Kollegen informieren und danach zum Krankenhaus fahren.
Inge nickt kurzzeitig ein und wacht erschrocken wieder auf. An die Fahrt zum Spital hat sie keinerlei Erinnerung. Sie weiß nur, von Clas Hinnerk auf den Innenhof begleitet worden zu sein, wo sie taumelte. Womöglich brach sie sogar zusammen, denn die Bilder setzen an dieser Stelle aus. Sollte sie sich inzwischen in einem Krankenhausbett befinden? Sie hatte die Absicht, dort … Plötzlich erinnert sie sich.
»Genau, ich wollte meinen Finger röntgen lassen. Warum schmerzt der nicht mehr, sollte ich den Sturz nur geträumt haben?«
Ihr Kollege könnte sie zum Hospital gebracht haben, wo sie sich auf einer Liege in der Notaufnahme befindet. Dann stammt die Helligkeit womöglich von einer starken Untersuchungslampe. Oder liegt sie bereits auf einer OP-Liege oder in einem Stationsbett? Sie hat nicht viel Erfahrung mit Situationen in Krankenhäusern. Sie ist zuletzt als Besucherin in einer Klinik gewesen. Wie war das noch? Genau! Sie hatte in Schwerin am Bett von Clas Hinnerk gesessen, dessen einbandagierter Kopf und blasses Gesicht kaum von dem weißen Laken zu unterscheiden waren. Sie seufzt.
»… da bist ja wieder!«, ist das Nächste, was Inge Husmann vernimmt. Die Stimme kommt ihr bekannt vor.
»Clas, bist du das? Wo bin ich?«, versucht sie zu sagen.
Ihre Worte werden nicht gehört, so leise erklingen sie. Anstatt ihres Kollegen antwortet eine fremde Frau.
»Sie möchten vermutlich wissen, wo sie sind. Richtig?«
Inge beabsichtigt, mit dem Kopf nickend, die Bestätigung zu geben. Sofort spürt sie eine aufsteigende Übelkeit und einen Brechreiz. Dem will sie vor einer Fremden und einem Kollegen keinesfalls nachgeben. Sie schluckt ein paar Mal würgend.
»Langsam, meine Liebe. Sie sollten sich besser nicht schnell bewegen. Versuchen sie lediglich, die Augen zu öffnen, dann vergeht ein mögliches Unwohlsein. So ist es gut.«
Inge schafft es, die Augenlider zu heben, doch sie muss heftig blinzeln. Das Licht der Deckenleuchte blendet stark und lässt sie die Lider wieder schließen. Nur nach und nach gelingt es ihr, sie offenzuhalten. Ihr zu Beginn verschwommenes Sehvermögen bessert sich im gleichen Maße. Sie blickt in das wohlwollende Gesicht einer Fremden und dreht den Kopf langsam in die Richtung, aus der sie die Stimme ihres Kollegen vernommen hat. Der sitzt auf einem Besucherstuhl und lächelt sie an. Ihm ist deutlich anzusehen, dass er über ihre Rückkehr in die Realität froh ist.
»Du hast mir einen schönen Schrecken eingejagt. Auf dem Innenhof brichst du auf dem Weg zum Fahrzeug ohne ein Wort zusammen. Ich schaffte es kaum, dich ins Auto zu bugsieren und hierher zu fahren …«
»Jetzt mal langsam«, unterbricht die Krankenschwester den Kommissar. »Ich habe noch andere Patienten zu versorgen und muss meine knappe Zeit einteilen. Frau Husmann hat vermutlich Fragen, die ich ihr gerne beantworte. Doch danach muss ich sie verlassen.« Sie wendet sich an die im Bett Liegende, deren Gesicht offensichtlich ein einziges Fragezeichen ist. »Ihr Kollege berichtete, dass sie einen Unfall mit dem Fahrrad hatten. Er hat sie, besorgt durch ihre körperliche Verfassung, sofort ins Krankenhaus gebracht. Er wollte keine Zeit mit dem Warten auf einen Rettungswagen ungenutzt verstreichen lassen. Sie hatten sich nach seinen Worten zuvor ungewöhnlich verhalten und bei ihm eingehakt. Das sprach für ihn dafür, dass sie beim Sturz einen Schlag gegen den Kopf erhielten, der heftig gewesen sein muss. Ein Blutgerinnsel im Schädel hätte die Ursache sein können. Da sie nur noch unverständlich gelallt haben, machte ihr Kollege einige notdürftige Angaben. Der diensthabende Arzt der Notaufnahme unternahm daraufhin eine schnelle, aber keineswegs oberflächliche Untersuchung. Sie wurden anschließend sofort im CT durchleuchtet. Dadurch konnten innere Verletzungen ausgeschlossen werden.
Sie sind durch ihren Helm glimpflich davongekommen. Trotzdem war die Gehirnerschütterung sehr heftig, die auch für die leichte Verwirrtheit die Ursache ist. Darum werden sie eine Nacht zur Beobachtung hierbleiben. Dass sie ihren Finger selbstständig eingerenkt haben, ist mutig gewesen. Das war möglich, weil der Adrenalinausstoß nach dem Sturz das Schmerzempfinden herabgesetzt hatte. Jetzt hilft das Schmerzmittel, das sie über die Infusion erhalten. Das Fingerglied wird noch viele Tage dick und blau sein. Doch wenn sie den Finger nicht bewegen und belasten, wird das ohne Probleme abklingen und heilen. Dabei wird die Fingerschiene helfen, mit der wir ihn ruhiggestellt haben.«
Inge wirft einen Blick auf die angehobene rechte Hand und nickt. Es stimmt, Schmerzen empfindet sie keine. Sie hüstelt, um den Kloß im Hals loszuwerden.
»Wa… wann werde ich nach Hause können, morgen früh?«
»Ihr Kollege sagte, dass sie bei der Kriminalpolizei arbeiten. Der Unfall fand im Dienst statt, richtig? Gut. Trotzdem sollten sie nicht voreilig handeln. Die von ihnen bearbeiteten Fälle ruhen besser eine Zeit lang. Der Stationsarzt wird sie morgen im Anschluss an die Visite untersuchen. Wenn er mit ihrem Zustand zufrieden ist, können sie entlassen werden.« Die Krankenschwester kontrolliert die Einstellung des Tropfenreglers. Inge schließt die Augen. »Das ist eine gute Idee«, fährt sie fort. »Schlafen sie. Das beschleunigt die Heilung und ist bei einer Gehirnerschütterung sehr zu empfehlen.« Die Stimme der