SPQR - Der Fluch der Mumie. Norbert Wibben
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Die Mathematikarbeit gelingt Luke wider Erwarten besser als gedacht. Er ist sogar zuversichtlich, keinen Fehler gemacht zu haben. Der nachfolgende Unterricht fesselt ihn erneut. Es geht in Geschichte um den Übergang von der Merowinger Ära hin zum Aufstieg der Karolinger.
Gegen Ende der Stunde vibrieren die Handys der Freunde. Sie werfen verstohlen einen kurzen Blick auf die Displays. Sie glauben zu träumen. Es gibt offenbar jemanden, der das Kontaktformular genutzt hat. Oder sollte Luke aus Versehen zweimal auf »Senden« gedrückt haben? Doch es existiert kein Grund, weshalb die E-Mails derart viel Zeit brauchen könnten, um bei ihnen anzukommen. Sie verfolgen die letzten Minuten des Geschichtsunterrichts mit nachgelassenem Interesse. Die Freunde können es kaum erwarten, in der Pause die entsprechende Nachricht aufzurufen.
»Was für ein Auftrag mag das sein?«, fragt Britta auf dem Weg nach draußen mit blitzenden, grünen Augen. »Ich tippe auf einen entwendeten Schmuck«, flüstert sie, um nicht von anderen Schülern auf dem Schulhof gehört zu werden.
»Das ist es offenbar nicht«, entgegnet Luke.
Die Freunde erreichen eine ruhige Ecke und öffnen die E-Mail mit den Formularangaben.
»Jemand ersucht uns um Hilfe …«, beginnt Emma mit einer Zusammenfassung der Anfrage.
»…, weil er von Alpträumen heimgesucht wird«, ergänzt die Freundin. »Das muss doch wohl ein Scherz sein!« Britta wirft die langen, roten Haare unwirsch nach hinten.
Wiederkehrende Bilder
Seit der ersten Nacht vor vielen Jahren wiederholt sich die beängstigende Bildersequenz in unregelmäßigen Abständen. Die mit Binden umwickelte Gestalt, die den Jungen zu fassen versucht, ist schon fast vergessen, doch dann erscheint sie dem Jugendlichen erneut. Er hat sich im Internet umgeschaut und Berichte über die Grabungen im Tal der Könige gelesen. Sollten die das ausgelöst haben?
Sobald er die Worte: »Du Dieb!«, vernimmt, rieselt ein Schauer den Rücken des Schlafenden hinab. Die gedämpfte Stimme veranlasst ihn, zu stöhnen. Seine Beine bewegen sich, als wolle er davonrennen. Die unheimliche Figur nähert sich allmählich.
»Du hast meinen Schatz gestohlen. Gib ihn zurück«, erklingt die drohende Forderung. »Ich werde dir überallhin folgen! Und ich werde dich kriegen, dann sollst du den Raub büßen!«
Der Text scheint der gleiche wie zuvor zu sein. So kommt es dem jungen Mann jedenfalls vor, sobald er wach ist. Er grübelt gelegentlich darüber, ob er von der Traumsequenz in jeder Nacht gequält wird. Sein Eindruck, dass das nicht der Fall ist, liegt vermutlich daran, dass er manchmal einfach nicht träumt. Zumindest, soweit er sich nach dem Aufwachen erinnern kann.
Das Alter, des im Traum Gejagten, ist unverändert bei fünf Jahren geblieben. Das deutet darauf hin, dass ein in der Vergangenheit liegendes Ereignis der Grund für das Erscheinen dieser Bilder ist. Doch was mag das gewesen sein? Die Gegend, in der der Verfolgte vor der Mumie zu fliehen versucht, kommt dem Jugendlichen heimatlich vor. Ob das daran liegen mag, dass er sie inzwischen vielleicht doch unzählige Male gesehen hat? Oder ist die Ursache einfach darin zu sehen, dass er aus Ägypten stammt und sich die Sequenz offensichtlich in einem nordafrikanischen Land abspielt?
Der Jugendliche schließt die Augen und sieht erneut die Bildersequenz in seinem Kopf. Er stellt erschauernd fest, dass der Verfolger allmählich aufholt. Wie soll er ihm entkommen können?
Der Wüstensand behindert ihn in seiner Flucht. Wird er seinen schwindenden Vorsprung wieder ausbauen können, sobald er nur erst die große Düne erklommen hat?
Der Jugendliche sieht im Traum die nächstfolgenden Bilder voraus. Doch obwohl er dadurch die kommende Situation vorausahnt, kann er deren Verlauf nicht beeinflussen. Deshalb gibt der heiße Sand wie stets zuvor unter den Füßen des Jungen nach. Die Sandalen finden keinen Halt in dem pulverigen Untergrund. Er rutscht langsam und beständig zurück. Wird die Mumie ihn in wenigen Momenten zu fassen bekommen?
Voller Zuversicht frohlockt diese: »Jetzt habe ich dich!«
Im gleichen Augenblick, da ihre weit vorgestreckten Hände gierig nach dem Verfolgten greifen, beginnt die Gestalt jedoch zu straucheln und rollt die Sanddüne hinab. Der Junge wendet sich erleichtert ab. Er versucht sein Heil auf allen vieren und gelangt auf diese Weise mühsam, aber schließlich erfolgreich, bis zur Kuppe hinauf. Aufatmend wirft er einen Blick zurück. Doch wohin er auch schaut, die grässliche Mumie ist nirgends zu entdecken.
Eine weitere Aufgabe?
Sollte die Nutzung des Kontaktformulars durch Luke sozusagen einen Damm gebrochen haben? Dass innerhalb weniger Stunden eine weitere Aufgabe für die jungen Detektive eintrifft, muss jedoch Zufall sein. Wenn es denn überhaupt eine ernst gemeinte Anfrage ist.
»Welche Personenangaben sind gemacht worden?« Der Junge interessiert sich insbesondere für die sachlichen Fakten. »Sollte das ein Joke sein, wird dort vermutlich »Mister X« oder Ähnliches stehen. Oh, es wurde tatsächlich eine E-Mail-Adresse eingetragen. Ob die wohl funktionieren wird? Hier steht lediglich [email protected].«
»Ach wie witzig!« Britta zeigt ihren Ärger offen. Sie hatte gehofft, endlich eine neue Herausforderung zu erhalten. Und nun dieses! »Das ist offensichtlich ein Jux! Wir hätten in dem Formular doch auf die Angabe des Namens und des Wohnortes, sogar noch besser, auf sämtliche Daten einer Postanschrift bestehen sollen.«
»Das ist heutzutage antiquiert. Eine E-Mail-Adresse reicht zur Kontaktaufnahme völlig aus. Darüber können wir bei Bedarf alles Weitere erfragen. Außerdem könnten auch die von dir genannten Informationen durch unsinnige oder falsche Eingaben gefüllt werden. Was würde uns das helfen?«, verteidigt Emma den Aufbau des Formulars. »Je weniger eingegeben werden muss, desto einfacher kann eine Anfrage bei uns eintreffen.«
»Können wir denn herausbekommen, wer der reale Absender ist?«, versucht Britta einzulenken.
»Wir antworten an die E-Mail-Adresse«, entgegnet Luke, »und fragen nach diesen Details. Dass sich jemand mit Alpträumen an uns wendet, klingt nicht logisch. Ich würde mich wegen externer Hilfe eher an einen Arzt oder Psychologen wenden.«
Er schaut Emma fragend an, die seltsamerweise wie abwesend wirkt. Die Freundin rüttelt sie kurz an der Schulter.
»Was?«, entgegnet diese auffahrend. »Warum schüttelst du mich?«
»Hast du nicht mitbekommen, welche E-Mail-Adresse …«
»Das habe ich durchaus«, wird sie unterbrochen. »Ein Teil davon erinnerte an meine Reise mit den Eltern nach Ägypten.«
»Du meinst bestimmt Tutanchamun, den altägyptischen Herrscher«, springt Luke ihr zur Seite. »An den musste ich jedenfalls unwillkürlich denken.«
»Auf ihn scheint ein Teil der E-Mail-Adresse hinzuweisen«, stimmt Emma zu. »Obwohl »Anwarwenn« eher nicht dazu passen wird. Anwar ist zwar ein üblicher Vorname in den Ländern Nordafrikas, doch »Wenn« ist kaum ein aus der Region stammender Familienname, oder sollte das ein zusammenhängender Name sein?«
Sie verstummt und die Freunde schauen sie abwartend an. Sie hoffen, den Grund für ihre Nachdenklichkeit genannt zu bekommen. In den Weihnachtsferien war Emma mit ihren Eltern