Der fliegende Holländer. Фредерик Марриет

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Der fliegende Holländer - Фредерик Марриет

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das Siegel erbrechen, als mein Sohn, und auch dieser nicht, wenn er nicht bereits von dem Geheimnisse Kunde hat. Der Priester möge ihn verbrennen – denn er ist verflucht; – und selbst wenn mein Sohn Alles wissen sollte – was mir bekannt ist – oh! So möge er inne halten und sich wohl bedenken, ehe er das Siegel öffnet, denn es wäre besser, dass er nichts Weiteres erführe!«

      »Nichts Weiteres?« dachte Philipp, während seine Augen immer noch auf dem Papiere hafteten. »Ja, aber ich muss und will mehr erfahren! Verzeih' mir daher, teuerste Mutter, wenn ich keine Zeit mit Erwägungen verschwende; es wäre doch nur vergeblich, wenn man so entschlossen ist, wie ich.« Philipp presste die Unterschrift seiner Mutter an die Lippen, legte das Papier zusammen und steckte es in seine Tasche; dann ergriff er den Schlüssel und begab sich die Treppe hinunter.

      Es war gegen Mittag, als Philipp sich anschickte, das Gemach zu öffnen. Die Sonne schien hell, der Himmel war klar und Alles in der Natur draußen atmete Frohsinn und Leben. Die Haustür war verschlossen, folglich nicht viel Licht in der Flur, als Philipp den Schlüssel in das Schloss steckte und ihn mit einiger Mühe umdrehte. Es wäre unrichtig, wenn ich sagen wollte, dass er nicht Unruhe fühlte, als er die Tür öffnete. Sein Herz klopfte, aber seine Entschlossenheit war kräftig genug, um das Bangen seines Innern zu überwältigen und auch weitere Bewegungen zu besiegen, die aus dem, was ihm bevorstand, entspringen mochten. Er trat nicht augenblicklich in das Gemach, sondern blieb eine Weile auf der Schwelle stehen, denn es war ihm, als dränge er in den Aufenthaltsort eines körperlichen Geistes, dessen Schattengestalt mit jedem Momente vor seinen Blicken auftauchen könnte. Nachdem er eine Minute gewartet hatte, um sich zu sammeln, da ihm das Öffnen der Tür den Atem benommen hatte, blickte er hinein.

      Er konnte die Gegenstände in dem Gemach nur unvollkommen unterscheiden; durch die Ladenritzen drangen jedoch drei helle Sonnenstrahlen herein, die ihn anfangs veranlassten, wie vor etwas Übernatürlichem zurückzugeben. Nach kurzer Erwägung ermannte er sich jedoch wieder. Er verweilte eine Minute, ging dann in die Küche, zündete ein Licht an, seufzte einige Mal schwer, um sein Herz zu erleichtern, und kehrte dann entschlossener nach der verhängnisvollen Stube zurück. Auf der Schwelle stehen bleibend, musterte er zuerst beim Scheine des Lichtes das Innere. Alles war still. Den Tisch, auf welchem der Brief liegen sollte, konnte er nicht sehen, da er hinter der Tür stand. »Es muss geschehen,« dachte Philipp: »und warum dann nicht schnell?« fuhr er fort, indem er, allen seinen Muth zusammennehmend, in's Zimmer trat und auf das Fenster zuging, um die Läden zu öffnen. Dass seine Hand dabei ein wenig zitterte, wenn er sich in's Gedächtnis rief, wie übernatürlich sie sich früher aufgetan hatten, darf wohl nicht überraschen. Wir sind nur sterbliche Geschöpfe und schrecken zurück vor einem Zusammentreffen mit Allem, was einem anderen Leben angehört. Nachdem die Riegel zurückgeschoben und die Läden aufgeworfen waren, strömte ein so lebhaftes Licht in das Gemach, dass Philipps Augen geblendet wurden. Seltsamerweise erschütterte der Anblick des hellen Tages seine Entschlossenheit mehr, als das frühere Dunkel, und, die Kerze in der Hand, kehrte er hastig wieder in die Küche zurück, um seinen Muth zu sammeln. Dort weilte er einige Minuten in tiefen Gedanken, das Gesicht mit seinen Händen bedeckend.

      Es ist seltsam, dass seine Träumereien zuletzt zu Mynheer Poot's schöner Tochter und ihrem ersten Erscheinen an dem Fenster zurückkehrten; es war ihm, als ob der Lichtstrom, der ihn eben erst verscheucht hatte, nicht nachdrücklicher und ergreifender sei, als jene bezaubernde Gestalt. Die Vergegenwärtigung jenes Gesichtes schien Philipps Entschlossenheit wiederherzustellen. Er erhob sich und schritt keck in das Gemach. Wir wollen nicht die Gegenstände schildern, wie sie Philipps Augen entgegentraten, sondern sie dem Leser in klarer Ordnung vorzuführen versuchen.

      Die Stube hatte etwa zwölf oder vierzehn Fuß im Geviert und nur ein einziges Fenster. Der Tür gegenüber stand der Kamin und zu jeder Seite desselben ein hoher Glasschrank von dunklem Holze. Der Boden des Gemaches war nicht schmutzig, obgleich an den Decken die Spinnen allenthalben ihre Gewebe ausgebreitet hatten. In der Mitte hing eine Quecksilberkugel herunter, eine gewöhnliche Zierde in jenen Tagen; sie hatte jedoch ihren Glanz großenteils verloren, und Spinnengewebe hüllten sie wie ein Leichentuch ein. Über dem Kaminmantel hingen einige Zeichnungen in Glas und Rahmen, aber ein staubiger Mehltau befleckte das Glas, so dass sich die Gegenstände nicht gut unterscheiden ließen. In der Mitte des Kaminsimses stand ein Bild der Maria von reinem Silber in einem Tabernakel von dem gleichen Metalle, das aber eine Bronze- oder Eisenfarbe angenommen hatte; zu beiden Seiten befanden sich einige indianische Figuren. Die Glastürn der Schränke neben dem Kamin waren gleichfalls getrübt, so dass sich das Innere nicht erkennen ließ; das Licht und die Hitze, welche nur erst seit so kurzer Zeit in das Gemach strömten, hatten bereits die Dünste vieler Jahre aufgejagt und bildeten mit dem Staube auf den Glasscheiben einen matten Duft, der nur hin und wieder das Blinken silberner Gefäße unterscheiden ließ. Letztere waren durch den Verschluss der Schreine gegen Schwärzung geschützt worden, obgleich auch sie viel von ihrem Glanze verloren hatten.

      An der Wand, welche dem Fenster gegenüber lag, befanden sich andere eingerahmte Bilder, welche ebenfalls von Dunst und Spinngeweben verschleiert waren; desgleichen auch zwei Vogelkäfige. Philipp näherte sich den letzteren und sah hinein. Ihre Bewohner waren natürlich längst tot, aber auf dem Boden der Käfige befand sich ein Häuflein gelber Federn, durch welche die kleinen, weißen Knochen der Skelette sichtbar wurden – also die Überreste von Kanarienvögeln, die in jener Periode sehr teuer bezahlt wurden. Philipp schien geneigt zu sein, vorerst alles andere zu untersuchen, ehe er nach dem spähte, was er am meisten zu finden fürchtete und doch zugleich wünschte. Es standen mehrere Stühle umher, auf deren einem etwas Leinwand lag. Er nahm sie auf – es war ein Kleidungsstück, das ihm angehört haben musste, als er noch ein Kind war. Endlich richtete er seine Blicke auf die noch nicht untersuchte Wand dem Kamine gegenüber, in welcher sich die Tür befand. Hinter der Tür musste er den Tisch, das Arbeitskörbchen und den verhängnisvollen Brief finden. Sein Puls hatte allmählich den regelmäßigen Schlag wieder gewonnen, aber als er sich umwandte, begann er heftiger zu pochen; es musste jedoch geschehen und war bald vorüber. Anfangs musterte er denjenigen Teil der Wand, an welcher verschiedenartige Schwerter und Pistolen, hauptsächlich aber asiatische Bogen und Pfeile nebst anderen Zerstörungswerkzeugen hingen. Dann senkten sich seine Augen allmählich gegen den Tisch und das kleine Kanapee hinter demselben, wo seine Mutter, ihrer Angabe zufolge, gesessen hatte, als der Gatte ihr seinen schrecklichen Besuch gemacht. Das Arbeitskörbchen samt seinem Inhalte stand auf dem Tisch, wie sie es verlassen hatte; auch die erwähnten Schlüssel lagen dabei, aber Philipp sah und sah – ein Brief war nicht vorhanden. Er trat nun näher und untersuchte genauer, ob er ihn nicht auf dem Kanapee, auf dem Tisch oder auf dem Boden entdecke. – Er erhob das Arbeitskörbchen, um sich zu überzeugen, ob er nicht unter demselben liege – aber nein. Ein Mustern des Arbeitsgerätes, wie auch ein Umdrehen der Kanapee Kissen blieb gleichfalls erfolglos. Philipp fühlte eine schwere Last seiner beklemmten Brust entnommen.

      »In der Tat,« dachte er, während er sich an die Wand lehnte, »das Ganze war nichts, als das Gesicht einer erhitzten Einbildungskraft. Meine arme Mutter ist wohl eingeschlummert und träumte die schreckliche Geschichte. Dachte mir's doch, dass es unmöglich sei, oder hoffte es wenigstens. Es muss sich wohl so verhalten haben; der Traum war zu gewaltig, zu sehr einer fürchterlichen Wirklichkeit ähnlich, dass er zum Teil die Vernunft meiner armen Mutter verwirrte.«

      Philipp stellte abermals Erwägungen an und gewann dann die Überzeugung, dass seine Annahme richtig sei.

      »Ja, es ist nicht anders möglich. Gute, teure Mutter! Wie viel hast du gelitten – aber der Lohn ist dir geworden im Angesicht deines Gottes!«

      Noch einige Minuten musterte er das Gemach mit größerer Ruhe und vielleicht einiger Gleichgültigkeit, da er jetzt die übernatürliche Geschichte für unwahr hielt. Endlich nahm er das geschriebene Blatt, das er bei den Schlüsseln gefunden, aus seiner Tasche und überlas es.

      »Die eiserne Kiste unten im Schrank, welcher vom Fenster am weitesten absteht – gut so.«

      Er nahm

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