Unfassbar traurig. Ute Dombrowski

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Unfassbar traurig - Ute Dombrowski Eltville-Thriller

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„So kann das nicht weitergehen. Aber eines sage ich dir noch: Du musst es schaffen alleine rauszugehen. Es nützt nichts, wenn du immer mit mir kommst und ich dich zwingen muss.“

      „Ich weiß das, aber es ist verdammt schwer. Es hat mir unterwegs hierher schon fast die Kehle zugeschnürt.“

      „Ach Bianca, es tut mir so leid, dass es dir schlecht geht. Könnte ich doch nur etwas für dich tun!“

      „Es ist schon sehr gut, dass du mir zuhörst, ohne mich therapieren zu wollen. Und Mitleid will ich auch nicht. Danke, dass du für mich da bist.“

      „Das ist in Ordnung. Ich mag dich wirklich gerne. Mach dir doch einen Plan. Zum Beispiel: Montag – zum Anleger gehen. Dienstag – zum Bäcker in der Einkaufsstraße. Und so weiter. Weißt du, jeden Tag ein paar Schritte weiter.“

      „Das hört sich ganz sinnvoll an. Vielleicht mache ich das mal. Danke für deinen Tipp.“

      „Aber nun musst du mir mal etwas erklären“, sagte Riva und grinste, „wie kann man sich denn am Meer nicht wohlfühlen?“

      „Es war einfach nur beklemmend. Ich bin nach meiner Ankunft an den Strand gegangen, da war es kühl und es waren nur wenige Menschen unterwegs. Aber schon im Restaurant war mir alles zu viel. Vor allem gab es nur Touristen, niemand hat sich für mich interessiert.“

      „Aber das wolltest du doch auch gar nicht.“

      „Ja, aber ich kam mir so unnütz und fehl am Platz vor. Vor allem, weil alle Menschen so verdammt glücklich waren. Wieso auch nicht, die hatten ja Urlaub. Ich eigentlich auch, aber ich wollte meine Flucht planen. Nun bin ich gescheitert. Ich kann hier nicht weg. Es geht nicht. Ich kann Michael nicht zurücklassen.“

      „Und das ist gut so. Wann warst du denn das letzte Mal auf dem Friedhof?“

      Nun senkte Bianca den Kopf. Sie schämte sich, denn sie war schon sehr lange nicht mehr zu Michael ans Grab gegangen. In der Nähe von seinem war das von Benedikt, dessen Familienangehörige im Testament gelesen hatten, dass er in Eltville begraben werden wollte, falls ihm mal etwas zustoßen würde. Es tat so weh und zerriss Bianca das Herz.

      „Am letzten Jahrestag.“

      „Das ist ja nicht lange her.“

      „Im letzten Jahr. Dieses Jahr konnte ich nicht. Ich schäme mich so.“

      Eine Träne tropfte auf Biancas Shirt und hinterließ einen dunklen Fleck.

      „Oh nein, du musst dich nicht schämen! Ich verstehe das sehr gut. Friedhöfe sind furchtbar. Aber vielleicht musst du hingehen und dich dem stellen.“

      Bianca wusste, dass Riva recht hatte. Sie musste lernen, mit dem Schmerz umzugehen.

      „Weißt du, wenn wir ein Kind gehabt hätten, dann wäre es sicher leichter. Ich hätte etwas gehabt, was zu ihm gehört. Jetzt ist auch dafür alles zu spät.“

      „Du kannst aber immer noch Kinder haben, allerdings bräuchtest du dazu einen Mann. Zumindest wäre das die preiswerte Variante. Und wenn du den Kerl dann noch lieben würdest, wäre alles perfekt. Du kannst dir natürlich auch einfach nur ein Kind machen lassen.“

      „Bah, nein, hör auf. Ich werde mich nie wieder verlieben und ein Kind lasse ich mir auch nicht machen. Was soll es denn mit so einer Mutter, wie ich eine bin, anfangen?“

      „Ich denke, du wärst eine tolle Mutter. Mit deinem besonderen Gespür würdest du immer wissen, was gut für dein Kind ist.“

      Bianca musste lachen. Riva war manchmal so naiv, dass es schon lustig war, aber ihr war nicht nach Lachen zumute.

      „Ich werde morgen an den Rhein gehen. Das ist schon mal ein Anfang.“

      4

      Ella hatte die Tür zugeknallt und Ferdinand saß kopfschüttelnd vor dem Computer. Der Staatsanwalt war dagewesen und hatte nach Ergebnissen gefragt.

      „Wer ist die Tote? Wann ist sie gestorben? Woran? Wer war es?“, waren seine drängenden Fragen, die er in gewohnt überheblicher Art ausgesprochen hatte.

      Ferdinand hatte geantwortet: „Wir sind eben ins Büro gekommen und haben in der Gegend jeden gefragt, ob jemand etwas mitbekommen hat und wir waren dort, wo diese Party gewesen war. Aber niemand hat das Mädchen gesehen. Der Obduktionsbericht ist noch nicht da.“

      „Zum Teufel aber auch! Dann holen Sie ihn. Frau Grassoux, ab in die Gerichtsmedizin! Und Sie, Herr Waldhöft? Haben Sie eine Idee, womit Sie sich sinnvoll beschäftigen können?“

      Ella hatte eine böse Erwiderung auf der Zunge, aber sie schluckte sie tapfer hinunter. Schon oft war sie mit Dr. Rosenschuh aneinandergeraten. Ihm passte ihre schnippische Art nicht und sie hatte nicht die Ruhe und den inneren Abstand, um nicht jedes Mal heftig zu reagieren.

      „Ich bin dabei, die Vermisstenfälle durchzugehen und das dauert nun mal eine Weile“, erklärte Ferdinand sachlich. „Es kann ja sein, dass sie schon länger als vermisst gilt. Da wir nicht genau wissen, wie alt sie ist, können wir die Suche noch nicht genügend eingrenzen.“

      Der Staatsanwalt hatte nur verächtlich geschnauft und war aus dem Büro gerannt. Ferdinand rief das nächste Bild auf, aber es war wieder kein Treffer. Das Mädchen, das hier verschwunden war, war zwar blond wie das Opfer, aber viel jünger. Sie war mit sechs Jahren im Schwimmbad verschwunden, als ihre Eltern die Sachen zusammengeräumt hatten. Sie hieß Nicola und müsste jetzt elf Jahre alt sein.

      „Wie schrecklich für die Eltern, wenn sie nicht wissen, ob ihr Kind lebt oder bereits tot ist“, murmelte er beim Anblick des kleinen Mädchens mit den blonden Zöpfen, das auf einer Wiese saß.

      Ferdinand sah einen Baum und neben dem Mädchen, das mit ihren blauen Augen strahlte, lag ein Strohhut. Nach einer halben Stunde ging die Tür wieder auf und Ella kam mit einer Akte hinein. Sie warf sie Ferdinand zu und ging an den Kühlschrank, um sich eine kalte Cola herauszunehmen. Sie leerte die kleine Flasche in einem Zug und rülpste ungeniert.

      „Prost Mahlzeit!“, sagte sie und setzte sich.

      „Wie war es?“

      „Wie war was?“

      „Wie war es in der Gerichtsmedizin? Gibt es Neuigkeiten?“

      „Es war wunderbar kühl, der Doc hat geredet wie ein Wasserfall und der Gestank nervt mich immer noch. Zufrieden?“

      „Kannst du mal bitte deine miese Laune an jemand anderem auslassen? Rede nicht mit mir, als wäre ich der letzte Arsch.“

      Ferdinand war sauer, denn auch heute hatte seine Kollegin schlechte Laune.

      „Oh, nun sei doch nicht so empfindlich. Also, Neuigkeiten: erstens eine Menge DNA, die schon überprüft wird. Zweitens: Es gibt sie nicht.“

      „Es gibt wen nicht?“, fragte Ferdinand verständnislos.

      „Die Identifizierung ist ein Problem. Sie hat keinen Ausweis, es gibt keine Merkmale wie einen Zahnstatus, den man einem Zahnarzt zuordnen kann. Drittens kann man ihr Alter auf sechzehn bis achtzehn Jahre

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