Quentin Durward. Walter Scott
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Mit diesen Worten zog er den Handschuh von seiner Rechten und warf ihn auf den Boden. Bis zu diesem höchsten Grade von Verwegenheit hatte in dem königlichen Gemach während dieser außergewöhnlichen Szene tiefes Schweigen geherrscht. Das Geräusch des hingeworfenen Handschuhs, begleitet von dem Ausruf des burgundischen Herolds: „Es lebe Burgund!“ wurde kaum vernommen. Unter den Anwesenden entstand ein allgemeiner Aufruhr. Während Dunois, Orleans, der alte Lord Crawford und einige andere, die ihr Rang zu einer Einmischung berechtigte, sich darum stritten, wer den Handschuh aufheben dürfe, schrien die andern im Saale: “Nieder mit ihm! Haut ihn in Stücke! Kommt er her, den König von Frankreich in seinem eignen Palaste zu beleidigen?“
Der König besänftigte den Aufruhr, indem er mit donnernder Stimme rief: „Ruhe, Ruhe, meine Getreuen! Lege keiner Hand an diesen Mann, berühre keiner diesen Handschuh ... Und Ihr, Graf, woraus besteht denn Euer Leben, dass Ihr es auf einen so gefährlichen Wurf setzt? Oder ist Euer Herzog aus einem Holz geschnitzt, als die übrigen Fürsten, dass er seine angeblichen Ansprüche auf solch ungewöhnliche Weise geltend macht?“
„Allerdings ist er von anderem, edlerem Metall, denn alle übrigen Fürsten Europas“, antwortete der unerschrockene Graf; „denn da kein anderer es wagte, Euch – Euch, König Ludwig, Schutz zu geben – als Ihr aus Frankreich verbannt wart, verfolgt von dem Grimme väterlicher Rache, und all der Macht des Reiches, da war Er es, der Euch wie einen Bruder aufnahm und beschützte, und Ihm habt Ihr seinen Edelmut so schlecht vergolten! – Lebt wohl, Sire, mein Auftrag ist ausgerichtet.“ Mit diesen Worten verließ Graf Crevecoeur plötzlich den Saal.
„Ihm nach – ihm nach – hebt den Handschuh auf und ihm nach!“ rief der König. „Ich meine Euch nicht, Dunois, auch nicht Euch, Mylord Crawford; Ihr dünkt mir für einen solchen Strauß zu alt; noch Euch, Vetter Orleans; Ihr seid zu jung dazu ... Herr Kardinal, Herr Bischof von Auxerre – Euer heilig Amt ist es, Frieden zu stiften unter Fürsten; hebt Ihr den Handschuh auf und stellt Graf Crevecoeur die Sünde vor, die er begangen hat, indem er einen großen Fürsten an seinem eigenen Hof verhöhnte und ihn zwang, die Drangsale des Krieges über sein und seines Nachbars Land zu bringen.“
Auf diese persönliche Aufforderung trat Kardinal Balue vor, den Handschuh aufzuheben; doch tat er es mit solcher Behutsamkeit, als müsste er eine Natter berühren, so groß war seine Abscheu vor diesem Sinnbild des Krieges – und augenblicklich verließ er das königliche Gemach, dem Herausforderer nachzueilen.
Ludwig schwieg und blickte im Kreis seiner Hofleute umher, von denen die meisten, außer denen, die wir bereits bezeichneten, Leute von niederem Stande, und zu dem hohen Range an des Königshof durch andere Eigenschaften als durch Mut und Waffentaten erhoben waren. Diese sahen einander bloß an, indem sie sichtbar einen höchst unerfreulichen Eindruck von dem Auftritt erhalten hatten. Ludwig blickte sie mit Verachtung an und sagte dann mit lauter Stimme: „Obgleich der Graf ein anmaßender, übermütiger Herr ist, so muss ich doch gestehen, dass der Herzog an ihm einen so kühnen Diener hat, wie nur je einer eine Botschaft für einen Fürsten übernahm. Ich möchte gern wissen, wo ich einen Gesandten finden könnte, der ihm ebenso treu meine Antwort überbrächte.“
„Sire, Ihr tut den Edlen Eures Reiches unrecht“, nahm Dunois das Wort, „nicht einer von Ihnen bedächte sich, auf seines Schwertes Spitze dem Burgunder eine Herausforderung zu überbringen.“
„Sire“, bemerkte der alte Crawford, „auch den schottischen Adeligen, die Euch dienen, tretet Ihr zu nahe. Ich, und jeder meiner Untergebenen von erforderlichem Range zöger keinen Augenblick, den stolzen Grafen zur Rechenschaft zu ziehen; mein eigner Arm ist hierzu noch stark genug, wenn mir Eure Majestät die Erlaubnis hierzu geben wollen.“
„Aber Eure Majestät“, erwiderte Dunois, „wir wollen jeden Dienst antreten, wo wir Ihrer Majestät und Frankreichs Ehre gewinnen.“
„Sagt lieber“, versetzte der König, „dass ich der ungestümen Leidenschaft nicht Raum gebe, auf eine Eitelkeit hin, Euch, den Thron und Frankreich aufs Spiel zu setzen. Keinem unter Euch ist nicht bewusst, wie kostbar jede Stunde Frieden für Frankreich ist. Wie nötig es ist, die Wunden des zerrütteten Reiches zu heilen und doch ist jeder von Euch augenblicklich bereit, sich in einen Krieg zu stürzen. – Doch hier kommt der Kardinal und, wie Wir hoffen, mit friedlicheren Nachrichten. – Nun, habt Ihr den Grafen zur Vernunft und Mäßigung gebracht?“
„Sire“, antwortete Balue, „ich hatte einige Schwierigkeiten. Ich sagte dem stolzen Grafen, dass der anmaßende Vorwurf, mit dem er seine Botschaft überbrachte, von Eurer Majestät so angesehen werden müsse, als komme er nicht von seinem Herrn, sondern von seiner eignen unziemlichen Art sich zu benehmen, und dass er der Willkür Eurer Majestät zu beliebiger Bestrafung verfallen sei.“
„Da habt Ihr gut gesprochen“, erwiderte der König; „wie lautete seine Antwort? Vermochtet Ihr ihn, zum Bleiben zu bewegen?“
„Noch vierundzwanzig Stunden, und mittlerweile nahm er den Fehdehandschuh wieder an sich“, antwortete der Kardinal; „er ist im Gasthof zur Lilie abgestiegen.“
„Sorget dafür, dass er auf unsere Kosten anständig bedient und bewirtet werde“, befahl der König, „denn solcher Diener ist ein Juwel in eines Fürsten Krone ... Vierundzwanzig Stunden?“ fuhr er fort, vor sich hinmurmelnd, indem er die Augen dabei so weit öffnete, als wollte er in die Zukunft schauen; „eine kurze Frist! Doch zweckmäßig und mit Geschick verwendet, mögen sie ein Jahr in den Händen eines trägen und unbeholfenen Unterhändlers aufwiegen ... Gut! ... Jetzt hinaus in den Wald! In den Wald!“ rief er; „die Eberspieße zur Hand! Euren Speer, Dunois! Nehmt meinen, denn er ist zu schwer für mich ... Zu Ross, zu Ross, meine Herren!“
Und die Jagdgesellschaft ritt davon.
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