Der Capitän des Vultur. Мэри Элизабет Брэддон
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Capitän des Vultur - Мэри Элизабет Брэддон страница 2
»Wirth, zeigt mir den Weg von hier nach Marley Water,« sagte ein Fremder.
Die drei Männer sahen empor. Ein Mann zu Pferde, der vor der Thüre angehalten hatte, schaute mit scharfem, forschenden Blick auf die kleine Gruppe herab. Er war so leise herangeritten, daß sie den Hufschlag seines Pferdes nicht gehört hatten. Wie lange er schon da war und woher er gekommen, konnte Keiner von den Dreien errathen; aber da war er, den letzten gelben Strahl der untergehenden Herbstsonne voll auf seinem Gesicht.
Dieses Gesicht war ein sehr hübsches. Regelmäßige Züge, eine frische Farbe der leicht von der Sonne gebräunten Wangen, braune Augen mit dunkeln, scharfgezeichneten Brauen und braunes, lockiges Haar. Der Reiter war von mittlerer Größe, kräftig gebaut und wohlproportionirt, ein Modell männlicher, englischer Schönheit. Das Pferd war gleich seinem Herrn von breiter Brust und starkem Bau.
»Ich wünsche den nächsten Weg nach Marley Water zu erfahren,« sagte er nochmals, denn es hatte etwas so Plötzliches in seiner Erscheinung gelegen, daß keiner der drei Männer seine erste Frage beantwortet hatte.
Der Wirth, Mr. Samuel Pecker, war der Erste, der sich von seiner Ueberraschung erholte.
»Jener Weg dort über das Moor wird Euch gerade wie ein Pfeil nach Marley Water bringen, Capitän,« antwortete der Wirth höflich, aber in einem etwas sonderbaren Tone.
Der Reiter nickte.
»Dank Euch, und gute Nacht!« sagte er und trabte auf dem Moorlandpfade davon.
»Capitän! Wer ist er denn?« fragte Darrell Markham, sobald der Fremde sich entfernt hatte.
»Der Mann Eurer Cousine Sir — Capitän George Duke.«
»So, das ist George Duke?« Er sprach doch wie ein Fremder.«
»Das ist seine Art soll, antwortete der Wirth, »heute mit Euch Brüderschaft trinken und Euch morgen wie einen Fremden behandeln. Man weiß nie recht, wie man mit ihm daran ist; jedenfalls ist er ein lustiger Cumpan, obschon ich mir nicht denken kann, was er diesen Abend in Marley Water zu schaffen hat, nachdem er noch keine zwei Stunden von London zurück ist.«
»Er ist ein sehr hübscher Mensch,« sagte Darrell Markham, »und ich wundere mich nicht darüber, daß Millicent Markham sich in ihn verliebt hat.«
»Es giebt Leute, welche behaupten, Miß Millicent habe sich in einen Andern verliebt gehabt, ehe sie den Capitän sah,« sagte der Wirth.
»Dann sollten sie etwas Besseres zu thun wissen, als von den Liebesangelegenheiten junger Damen zu sprechen,« antwortete Markham ernst. »Ich will Euch etwas sagen, Samuel Pecker, wenn ich mich nicht sogleich auf den Weg mache, so werde ich Marley Water diesen Abend nicht mehr finden. In einer Stunde wird es pechschwarz sein. Sagt ihnen, sie sollen Balmerino bringen.«
»Müßt Ihr diesen Abend wirklich gehen, Mr. Markham?«
»Ich sage Euch, ich muß gehen, Samuel. Sagt dem Stallknecht, er solle das Pferd herausführen. Ich werde die Hälfte des Wegs zurückgelegt haben, ehe es finster wird, wenn ich sogleich aufbreche.«
»Gute Nacht denn, Sir,« sagte der Grobschmied; »ich wünschte nur, Ihr bleibt in Compton. Der Ort ist jetzt langweilig genug, seit der alte Squire todt und die Halle geschlossen ist, während der junge Squire, wie die Leute sagen, sich in London ruinirt und auch Ihr fort seid. Compton ist nicht mehr, was es war, als Ihr ein Knabe wart und Euer Onkel, der Squire Weihnachten in der Halle hielt; das waren Zeiten und jetzt —«
»Leider müssen wir Alle alt werden, John Homerton,« antwortete Darrell mit einem Seufzer.
»Aber es ist hart, mit achtundzwanzig Jahren von Altwerden zu sprechen,« sagte der Grobschmied. »Gute Nacht, Mr. Darrell, und entschuldigt meine Freiheit Gott segne Euch!«
Darrell Markham hielt als Antwort auf diesen warmen Segenswunsch seine Hand hin. Der gute Mann ergriff sie mit einer muskulösen Herzlichkeit, murmelte einen andern Segen, bestieg seinen Pony und trabte langsam davon.
In diesem Augenblicke ließ sich eine weibliche Stimme im Innern des Wirthshauses vernehmen:
»Wo ist er, wo ist mein thörichter Knabe? Er darf diesen Abend nicht mehr fortgehen, um sich auf des Königs Heerstraße den Hals abschneiden, oder das Gehirn zerschmettern zu lassen,« und mit diesen Worten trat eine gewichtige Frau von einigen fünfzig Sommern aus der Thüre des Hauses hervor und schlang zwei rothe, fette Arme um Darrell Markhams Hals. »Ihr werdet doch diesen Abend nicht fortgehen, Mr. Darrell? O, ich hörte Pecker Euch bitten, dazubleiben, aber in seiner schläfrigen, einfältigen Weise. Es ist ein Unterschied im Bitten. O, ich habe keine Geduld mit ihm; als ob Ihr da bliebt, um Enten zu färben.«
Diese dunkle Anspielung war ein Spott auf Mr. Samuel Pecker, dessen blödes, unterwürfiges Wesen ihm die Verachtung seiner pompösen und energischen Ehehälfte zuzog.
Was den Herrn und Gebieter vom Schwarzen Bären betraf, so muß hier erwähnt werden, daß es keinen solchen gab. Es gab Aufwärter und Aufwärterinnen, es gab Küchenmägde und Stallknechte, aber keinen Herrn, keinen Wirth. Denn dieses Individuum verlor sich so ganz im Glanze seiner gewaltigen Gebieterin, daß es besser gewesen wäre, wenn er gar nicht existirt hätte, denn was von ihm da war, stand immer im Wege. Wenn er einen Befehl gab, so war es gewöhnlich ein verkehrter und unausführbarer, wenn er aber unglücklicher Weise von einem mit der Gewohnheit des Hauses nicht vertrauten Dienstboten dennoch ausgeführt wurde, so kam die ganze Maschinerie des Schwarzen Bären auf einen Tag in Unordnung. Empfing er einen Reisendem so gab er ihm gewöhnlich einen so traurigen Eindruck vom Leben überhaupt und vom Leben in Compton insbesondere, daß neun Mal unter zehn Mal der entmuthigte Wanderer sich wieder entfernte, sobald sein Pferd ein Maul voll Heu und einen Trunk Wasser aus dem großen Troge unter dem Eichbaum vor dem Hause erhalten hatte. Es gab nirgends so viele Räuber als auf den Straßen, von denen Samuel Pecker sprach, es gab niemals solche Stürme, als wenn er vom Wetter redete, niemals so schlechte Ernten, als wenn er sich über die Landwirthschaft ausließ.
Einige Leute sagten, er sei von Natur schwermüthig und es verursache ihm Schmerzen zu lächeln. Andere dagegen behaupteten, er sei ein weit lebhafterer Mann vor seiner Verheirathung gewesen, die Last seines Glückes sei zu viel für ihn und die Wonne, mit einem so großartigen Geschöpf wie Mrs. Samuel Pecker vereinigt zu sein, habe seine Gesundheit und seine Geisteskräfte untergraben. Gewiß ist, daß er nicht nur sehr verzagt und kleinmüthig, sondern auch vollkommen unfähig war, den Hohn abzuwehren, den seine liebenswürdige, aber riesenhafte Ehehälfte täglich auf sein Haupt häufte.
Der Fremde, welcher zum ersten Male Zeuge des häuslichen Glückes im Schwarzen Bären war, konnte auf den Gedanken kommen, daß Samuel Pecker dort nur ein geduldeter Eindringling, und nur dem Namen nach durch die Gnade seiner Frau Eigenthümer des Gasthauses sei. Aber es war nicht so; die erhabene Linie Pecker hatte seit undenklichen Zeiten im Schwarzen Bären regiert. Der verstorbene Samuel Pecker, der Vater von Samuel, dem Gatten von Sarah, war ein stattlicher, sechs Fuß hoher Mann, und seinem milden, schwachen Sohn so unähnlich gewesen, wie es nur zwei Menschen sein können. Von diesem Vater hatte Samuel den großen, gut eingerichteten Gasthof geerbt, sich aber nicht lange im Besitz der Herrschaft erhalten, denn sechs Monate nach seiner Thronbesteigung hatte er Sarah, Wittwe von Thomas Masterson, eines Seemanns, und Haushälterin von Squire Ringwood Markham von der Halle zur Frau genommen und ihr das Regiment abgetreten.
So kam es, daß Sarah Peckers fette Arme in diesem Augenblicke Markham Darrells Hals