Dombey und Sohn. Charles Dickens

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Dombey und Sohn - Charles Dickens

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dieses Weib den Boden geküßt haben, auf dem Josh Bagstok einhertrat. Was hat das nun zu bedeuten?«

      Nach längerer Erwägung kam der Major zu dem Schluß, daß es sich hier um eine Männerfalle handle – um ein Ränkespiel, um das Legen einer Schlinge – mit einem Worte, daß Miß Tor Fallgruben herrichte. »Aber den Joe fangt Ihr nicht, Ma'am, – J. B. ist zäh. Zäh und verteufelt schlau.«

      Diese Entdeckung beglückte ihn dermaßen, daß er den ganzen Tag über vor sich hinkicherte.

      Aber es verging ein Tag nach dem andern, und es hatte durchaus nicht den Anschein, als ob Miß Tor überhaupt auf den Major achte oder an ihn denke. In früheren Zeiten war es ihre Gewohnheit gewesen, hin und wieder wie zufällig aus einem ihrer kleinen dunkeln Fenster hinauszusehen und errötend den Gruß des Majors zu erwidern; aber jetzt gab sie ihrem militärischen Nachbar nie mehr einen Anlaß dazu und kümmerte sich auch nicht darum, ob er über die Straße herübersah oder nicht. Es sollten auch noch andere Veränderungen vorgehen. Der Major konnte im Schatten seines eigenen Zimmers stehend die Wahrnehmung machen, daß die Wohnung der Miß Tor in letzter Zeit ein schmuckeres Aussehen gewonnen hatte. Für den alten kleinen Kanarienvogel war ein neuer Käfig mit vergoldeten Drähten angeschafft worden; verschiedener Zierat, aus Pappendeckel und Papier geschnitten, schien den Kaminsims und die Tische zu zieren; an den Fenstern waren plötzlich ein paar Pflänzlein aufgeschossen, und Miß Tor übte sich gelegentlich auf ihrem Klavier, dessen Erbsengirlande sich gar prunkhaft ausnahm und auf dem ein Notenheft mit einigen von Miß Tor selbst abgeschriebenen Walzern lag.

      Vor allem war es jedoch der Umstand, daß sich Miß Tor längst mit ungewöhnlicher Sorgfalt und Eleganz in eine leichte Trauer gekleidet hatte. Das half dem Major mit einem Male aus all seiner Schwierigkeit, und er kam dadurch zu dem Schluß, daß ihr irgendein kleines Legat zugefallen und sie deshalb stolz geworden sei.

      Schon am anderen Tage, nachdem sich der Major durch diese Folgerung das Gemüt erleichtert hatte, sah er, wie er eben bei seinem Frühstück saß, eine so erstaunliche und wundervolle Erscheinung in dem kleinen Wohnstübchen der Miß Tor, daß er geraume Zeit auf seinem Sessel wie angenagelt sitzenblieb; dann stürzte er in sein Nebenkabinett und kehrte mit einem doppelröhrigen Operngucker zurück, mit dem er die Erscheinung einige Minuten lang aufs angelegentlichste betrachtete.

      »Ich wette fünfzigtausend Pfund, es ist ein kleines Kind, Sir«, sagte der Major, indem er das Augenglas wieder zusammendrückte.

      Das konnte der Major nicht vergessen. Er pfiff in einem fort, und seine Augen quollen so furchtbar hervor, daß sie in dem Zustande, wie sie früher waren, eigentlich als tiefliegend und eingesunken betrachtet werden konnten. Tag um Tag, zwei-, drei-, viermal in der Woche machte das Wickelkind seinen Besuch. Der Major fuhr fort, zu glotzen und zu pfeifen. Aber was er auch treiben mochte, niemand achtete seiner auf dem Prinzessinnenplatze, denn Miß Tor hatte aufgehört, an seinem Tun und Lassen Anteil zu nehmen. Sein Blau hätte sich ebensogut in Schwarz verwandeln können, ohne daß es sie in irgendeiner Weise interessiert hätte.

      Die Beharrlichkeit, mit der sie den Prinzessinnenplatz verließ, um das Wickelkind und seine Wärterin zu holen, mit ihnen zu kommen, zu gehen und beständige Wache über sie zu halten – die Ausdauer, mit der sie es selbst pflegte, nährte, durch Spielen unterhielt oder durch Arien auf ihrem Klavier in Todesängste versetzte, war ganz außerordentlich. Auch befiel sie um dieselbe Zeit eine große Leidenschaft, nach einem gewissen Armband zu sehen und den Mond zu betrachten, an dem sie oftmals von ihrem Kammerfenster aus lange Beobachtungen anstellte. Nach was sie übrigens auch sehen mochte, nach Sonne, Mond, Sternen oder Armbändern – für den Major hatte sie keinen Blick mehr. Und der Major, der vor Neugierde fast starb, pfiff, glotzte und düsselte in seinem Zimmer herum, ohne der Sache auf den Grund kommen zu können.

      »Gewiß und wahrhaftig, Ihr werdet das Herz meines Bruders Paul noch ganz gewinnen«, sagte eines Tages Mrs. Chick.

      Miß Tor erblaßte.

      »Er wird mit jedem Tage Paul ähnlicher«, fuhr Mrs. Chick fort.

      Miß Tox gab darauf keine andere Erwiderung, als daß sie den kleinen Paul in ihre Arme nahm und dessen Haubenband mit ihren Liebkosungen ganz zerknitterte.

      »Ich habe die Bekanntschaft seiner Mutter erst durch Euch machen sollen, meine Liebe«, sagte Miß Tor. »Hat er überhaupt Ähnlichkeit mit ihr?«

      »Nicht im geringsten«, entgegnete Louisa.

      »Sie war – war hübsch, glaube ich?« stotterte Miß Tor.

      »Nun ja, die liebe arme Fanny war interessant«, erwiderte Mrs. Chick nach längerem Bedenken. »Gewiß interessant. Sie besaß zwar nicht jene beherrschende Überlegenheit, die man fast als eine Sache, die sich von selbst versteht, an der Gattin meines Bruders zu finden erwartete, und ebensowenig die Kraft und Lebhaftigkeit des Geistes, die ein solcher Mann braucht.«

      Miß Tor seufzte tief.

      »Aber sie war angenehm«, fuhr Mrs. Chick fort, »sehr angenehm. Und sie meinte es gut – ach Himmel, wie gut meinte es nicht die arme Fanny!«

      »Du Engel!« rief Miß Tor dem kleinen Paul zu. »Du treues Abbild deines Papas.«

      Hätte der Major wissen können, wie viele Hoffnungen und Wagnisse, welche Menge von Plänen und Spekulationen sich an dieses kleine Kind knüpften – wäre es ihm möglich gewesen, Zeuge zu sein, wie sie in ihrer buntesten Verwirrung und Unordnung die zerdrückte Haube des nichts ahnenden kleinen Paul umschwebten, so würde er sicherlich allen Grund gehabt haben, die Augen aufzureißen. Er hätte nämlich unter dem Gewimmel einige ehrgeizige, ausschließlich Miß Tor angehörige Sonnenstäubchen und Strahlen erkennen können, und dann wäre ihm wahrscheinlich klar geworden, welche Beschaffenheit es mit der scheuen Teilnahme dieser Dame an der Firma Dombey hatte.

      Hätte das Kind selbst in der Nacht geweckt werden können, damit es an den Vorhängen seiner Wiege die matten Reflexe von Träumen erschaue, die andere Leute an seine Person knüpften, so wäre es sicherlich aus guten Gründen vor Angst in Krämpfe gefallen. Aber Paul schlummerte sanft, ohne Ahnung von den liebevollen Absichten der Miß Tor, von der Verwunderung des Majors, von den frühen Leiden seiner Schwester und von den ernsteren Visionen seines Vaters; konnte er ja nicht dafür, daß irgendein Teil der Erde einen Dombey oder einen Sohn barg.

       Achtes Kapitel. PAULS WEITERE FORTSCHRITTE – SEIN GEDEIHEN UND SEIN CHARAKTER.

      Unter den wachsamen Augen der Zeit – so ganz anderen, als die des Majors waren – ging mit Pauls Schlummern allmählich eine Veränderung hervor. Es gewann mehr und mehr Licht, immer bestimmtere und bestimmtere Träume störten ihn, und eine Menge von Gegenständen und Eindrücken umschwärmten sein Lager. Er ging aus dem Alter der hilflosen Kindheit in das der regsameren über und wurde ein plaudernder, umhergehender, neugieriger Dombey.

      Nach dem Sturz der Verbannung der Richards wurde die Kinderstube nur provisorisch versorgt, wie es zuweilen auch bei Ministerien zu sein pflegt, wenn sich kein individueller Atlas finden läßt, um sie zu tragen. Die provisorisch Betrauten waren natürlich Mrs. Chick und Miß Tor, die sich ihren Obliegenheiten mit so erstaunlichem Eifer hingaben, daß Major Bagstok mit jedem Tage neu an sein Vergessensein erinnert wurde, während Mr. Chick, der häuslichen Oberaufsicht beraubt, sich in die lustige Welt warf, in Klubs und Kaffeehäusern speiste, bei drei verschiedenen Gelegenheiten nach Tabak roch, allein ins Theater ging und – um es kurz zu sagen – sich jeder sozialen Pflicht und jeder moralischen Verbindlichkeit – wie ihm einmal von Mrs. Chick bedeutet wurde – als enthoben erachtete.

      Aber trotz der früheren

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