Wir hatten mal ein Kind. Ханс Фаллада
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Alle diese vier Teile sind von längst nicht mehr verschnittenem Buchsbaum eingefaßt, dessen buschiges Gestrüpp mit seinen lederartigen, wie gelackten Blättern und seinen zähen Zweigen keinen Schaden leidet, wenn ein Fuß ungeschickt hineintritt oder sich ein Kind zum Spielen auf die Rabatte setzt. Der Buchsbaum steht wieder auf und hält Richtung.
Um den Garten herum aber läuft eine Schwarzdornhecke. Auch sie weiß schon lange nichts mehr von einer Gärtnerschere, sie ist weit über Mannshöhe gewachsen, eine wahre Wand, und ihre Zweige langen tief in den Garten.
In diesem Bauerngarten nun, der nicht mehr als dreißig Meter in der Länge und zwanzig in der Breite mißt, ist auch den Blumen eine Stätte bereitet, ohne damit den Nutzpflanzen ihren Raum zu nehmen. Inmitten des Längswegs liegt kurz vor seinem Ende ein kleines rundes Beet, wieder von Buchs gesäumt. Wie eine Insel liegt es in dem ruhigen Strom des Gartenganges und zwingt ihn, der sich rechts und links an ihm vorüberpreßt, zu solcher Verengerung, daß der Schuh des Vorbeigehenden mit dem Buchs kämpft und mit Tautropfen übersät wird.
Der bäuerliche Garten ist sechshundert Quadratmeter groß, das Blumenbeet darin aber zwei – diese Zahlen drücken ziemlich richtig aus, wieviel Raum für die nutzlos schönen Dinge auf einem Bauernhof übrigbleibt.
Dort aber nun, wo der Weg sein Ende erreicht, ist ein Ruheplatz bereitet mit einer kleinen Laube, die ganz von wildem Wein überzogen ist. Eine Bank aus Latten ist aufgestellt, und wer da sitzt, der hat grade vor sich das kleine Blumenbeet. Es wachsen keine Seltenheiten darauf: in der Mitte eine Rose, ein hartes Gewächs, das es nicht übelnimmt, wenn es nicht rechtzeitig gegen Frost verpackt wird. Und rundum, was eben von irgendwann ausdauerte, denn neu wird nichts gepflanzt: Iris, Brennende Liebe, Vergißmeinnicht und die großäugige Schwester des Gänseblümchens, das Tausendschönchen. Es macht nichts, wenn die Hände der Kinder die Blüten abbrechen, sie kommen im nächsten Jahre wieder.
Übrigens sitzt nie einer auf der Bank, sieht nie einer nach den Blumen, dafür ist nie Zeit.
Aber der Platz in dieser kleinen Laube ist noch viel heimlicher, als ihn Wein allein machen könnte. Nach hinten gegen das Feld zu deckt die Schwarzdornhecke, und rechts und links des heranführenden Wegs wächst hier an seinem Ende eine wahre Buschwildnis: Jasmin, Flieder, Hagebutten, Goldregen, Haseln und Schneebeeren. Sie wachsen auf jenem Beetabschnitt der Wüste, die blätterstilles Geheimnis, Kern von Eden genannt wurde. Sie verwehren jeden Einblick und sie sind im Vormarsch: ein kurzes Endchen begleiten sie schon den Buchsbaum des Erdbeerlandes.
Es ist heimlich hier auf dem Platz, der Seewind mag noch so sehr brausen, seine letzten Ausläufer tauchen unter in den Armen des Gebüschs. Geschmeidig geben die Äste nach und das Auge erfreut sich an dem raschen Wechsel von glänzendem und mattem Grün, je nachdem sich ihm die bewegte Ober- oder Unterseite der Fliederblätter darbietet. Nicht einmal der so nahe Giebel des Wohnhauses wird sichtbar, denn ich habe zu sagen vergessen, daß auch Bäume in diesem Gärtchen wachsen: Apfelbäume und Birnbäume und rechter Hand – du siehst sie von hier nicht – eine ganz frühe Sauerkirsche. Weiter stehen auf beiden Seiten der ewig knarrenden Lattentür zwei Pappeln, geköpfte, gestutzte Pappeln (denn ihre Zweige sind gut zum Anheizen des Backofens), die nachgewachsenen schwachen Zweige stehen in einem lächerlichen Mißverhältnis zu der Dicke der Stämme.
Auf einer von den beiden Pappeln liegt eine hölzerne Egge. Malte Gäntschow hat sie selbst hinaufgeschafft als eine Aufforderung an die Störche, dies als Nistgrund zu betrachten. Aber die Störche sind dieser Aufforderung nicht gefolgt. Dies erfolglose Hinauftragen einer Egge ist aber auch der einzige Eingriff des Bauern in den Garten. Die Kartoffeln, die Erdbeeren, die Pferdebohnen, sie sind ein Unternehmen seiner Frau Hedwig, geborenen Düllmann. Manchmal kam der Geist über die Frau – im Trubel von Haus-, Milch- und Geflügelwirtschaft erinnerte sie sich ihrer Gewächse, sie wollte ihnen einen Sondervorteil zuschanzen, mit dem Kindertöpfchen schoß sie zu den Erdbeeren, sie düngte eine Pflanze. Oder sie hackte und jätete einen Tag lang eifrig mit ihren Mädchen, es gab angebranntes Essen, mageres Essen, unpünktliches Essen. Dann vergaß sie wieder durch viele Wochen den Garten ganz, aus allem wurde so gut wie nichts.
Es war aber auch der reine Unverstand gewesen, unter den Bäumen solche Beete anzulegen, da konnte nie etwas werden. Das kam aber daher, daß die Frau keine richtige Bauerntochter war, wenn sie auch aus Dreege stammte, ihr Vater war ein Kapitän auf kleine Fahrt gewesen.
Nun wollte sie – aus purem Unverstand – mit dem Bauern konkurrieren. Sie hätte Schoten, Stangenbohnen, Schnittlauch, Porree, Kohl bauen sollen, das war ihr Gebiet. Aber nein, der Bauer baute Kartoffeln, so baute sie auch Kartoffeln.
Und ihre Kartoffeln wuchsen und wuchsen, die Blätter der Stauden waren blaugrün, ihre Stengel strotzten vor Saft. Der Sommer verging, der Herbst kam. Die Kartoffeln auf den Feldern waren längst abgewelkt und braun, sie hatten ihren Saft und ihre Kraft in die Knollen geschickt. Die Gartenkartoffeln, die Frauenkartoffeln – ihr Kraut lag triefend vor Nässe, tiefgrün, wie erschlagen auf dem Boden. Und als man sie schließlich aufnahm, was war die Ernte? Kartöffelchen wie Kirschkerne, wie Walnüsse, das war der Ertrag dieser Strotzenden. Sie hatten in ewigem Schatten gestanden, keine Sonne war zu ihnen gedrungen, sie hatten ihre ganze Kraft ans Blattwerk verschwendet, mit dem sie zum Licht hatten vordringen wollen. Es war ihnen nicht gelungen.
Und die Erdbeeren? Ja, auch sie litten unter zu vielem Schatten. Und dann war da diese Hecke, die der Herr nicht mehr beschneiden lassen wollte. Sie wuchs unmäßig wild und hoch, nach allen Seiten, in Himmel und Licht hinein. Aber da man sie so in den Himmel hinein wachsen ließ, hatte sie keine Kraft mehr, unten im Dunkeln, an der Erde Zweige zu treiben, sie wurde über dem Boden dünn und schütter. Und die Enten kamen gewatschelt und wanderten eine nach der andern durch die Heckenlöcher in den Garten. Sie fraßen wohl auch die Schnecken und das Gewürm, aber mit ihren breiten Schwimmfüßen stellten sie sich dabei auf die Erdbeerpflanzen, und da hielten sie glucksend und schwankend ihr Palaver. Manchmal schoß etwas Weibliches aus dem Haus und scheuchte sie, aber sie kamen immer gleich wieder.
Viele Jahre hindurch versuchte es die Frau mit dem Garten immer aufs neue. Aber dann gab sie es auf. Man hat eine glückliche Hand oder man hat keine. Frau Hete hatte keine. Und kein Mensch kümmerte sich nun mehr um diese Wildnis. Grade noch, daß im Herbst abgenommen wurde, was an Birnen und Äpfeln gewachsen war.
Nun wuchs alles, wie es wollte. Die Büsche wurden immer höher und dichter, die Hecke sperrte die Welt von dieser grün triefenden Wildnis ab, und Gras und Moos krochen über den Weg. Die Obstbäume streuten ihren Blütenblätterschnee über die Beete, in denen Vogelmiere, Pede und Nesseln wuchsen, und die Vögel, denen früher die kahle Ordnung des Gartens keinen Schutz gegen umherstreunende Hofkatzen gewährt hatte, kehrten zurück in die wogende Blätterfülle. In der Dornhecke hatten sie ihre Nester und alle Starkästen waren besetzt.
Und die Bienen hatten hier ihr Reich. Sie habe ich bisher vergessen. Ungefähr in der Mitte des Gartens, rechts vom Hauptweg, steht das Bienenhaus, aus Lehmfachwerk erbaut, mit Rohr gedeckt, gut mannshoch. Nach Sonnenaufgang hin ist es offen. Hier stehen in drei Reihen übereinander die gelben, aus gedrehten Strohseilen gefertigten Bienenkörbe. Man sieht sie sonst kaum mehr, sie sind als unwirtschaftlich abgeschafft, denn um die Honigernte zu bekommen, muß man das ganze Volk töten. Doch hier stehen noch die Strohkörbe. Den Gäntschows bedeutet es nichts, daß ihnen die Bienen nichts einbringen. Sie töten kein Volk. Jedem lassen sie über Winter die