Elduria - Dragon der Beschützer. Norbert Wibben

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Elduria - Dragon der Beschützer - Norbert Wibben Elduria

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mit Nahrungsmangel begründet, aber als weitere Möglichkeit einen Zauberangriff nicht ausgeschlossen. Dem Mädchen will jedoch kein Zauber einfallen, der das bewirken würde. Doch das muss nicht heißen, dass es den nicht gibt.

      Runa nimmt sich vor, noch vorsichtiger als bisher zu sein. Hoffentlich bleibt ihre Verwandlung in Kolkraben bestehen, auch wenn sie das Gebiet der Triqueta erreichen. Es wäre nicht nur fatal, sondern sogar lebensgefährlich, falls sie plötzlich ihre wahre Gestalt annehmen würden. Ob Danrya das vermutet hat, weil sie vor dem Überfliegen der Burg warnte? Dragon könnte sich als Drache in der Luft halten, doch sie würde unweigerlich abstürzen und könnte von Glück sagen, wenn ihr Beschützer sie retten würde. Der müsste in dem Fall sicher gleichzeitig Feuerkugeln ausweichen, ähnlich wie vor Tagen über dem Elfenwald.

      Ihr Blick wandert zu Dragon hinüber. Dessen Silhouette wirkt wie ein Scherenschnitt vor dem Horizont, der sich leicht Rosa färbt und vom nahenden Morgen kündet.

      Ein leises Keckern lässt den Kopf des Jungen in diesem Augenblick hochfahren. Sollte er erneut eingeschlafen sein? Seine Reaktion spricht nicht dafür. Er versucht herauszubekommen, von wo die Töne kommen und horcht in verschiedene Richtungen.

      »Ich glaube, wir bekommen Besuch«, sendet er gedanklich an Runa. »Es hört sich so an, als ob jemand lachen würde.«

      »Wer wird denn einen Berg hinaufwandern und dabei Scherze machen. Sollten hier gleich Wegelagerer oder Strauchdiebe auftauchen, die sich derart über eine vermeintlich leichte Beute freuen?«

      Ein dunkles Kollern erklingt. Es ähnelt fast dem Bellen oder auch Knurren eines großen Hundes.

      »Es könnte ein Wolf sein!«, sendet Dragon. »Ich halte bereits mein Schwert in Händen, mach du deinen Bogen schussbereit. Falls es wirklich einer der grauen Räuber sein sollte, sind vermutlich noch weitere in der Nähe. Sie könnten uns sogar schon eingekreist haben.«

      Ein lautes Krächzen lenkt die Blicke der sich gedanklich verständigenden Freunde nach oben in das Geäst einer vom Wind gebeugten Eiche. In der zunehmenden Helligkeit erblicken sie dort zwei dunkle Schatten. Sie hüpfen auf einem dicken Ast herum, schlagen mit den Flügeln und legen die Köpfe schräg. Sie klappern mit den Augendeckeln. Als das Kollern erneut erklingt, kommt es dieses Mal eindeutig von den zwei Schemen.

      »Das sind wahrlich keine Wölfe«, lacht Runa jetzt laut. »Du kannst dein Schwert beruhigt zurück in die Scheide stecken.«

      »Das sehe ich auch«, mault der Junge. »Aber was für Vögel sind das? Sie sind jedenfalls größer als Dohlen. Meinst du, das könnten Saatkrähen sein, oder möglicherweise Rabenkrähen? Das Licht ist noch zu ungewiss, sonst könnte ich sie besser identifizieren.«

      »Vielleicht haben wir Glück, und es sind Kolkraben«, hofft Runa. »Davon unabhängig sollten wir ihnen genau zusehen, wie sie sich benehmen.«

      Und das machen die beiden. Das Morgenlicht wird schnell heller und die Beobachter studieren das Verhalten der zwei Rabenvögel. Ob von deren Gekrächze angelockt oder aus einem anderen Grund, ist nicht erkennbar. Plötzlich taucht ein Schwarm ebensolcher schwarzer Vögel auf. Sie sind geringfügig kleiner als die beiden auf dem Ast der Eiche, dafür sind es aber zehn an der Zahl. Ihr Gekreische klingt frohlockend, bevor sie sich auf die etwas größeren Artgenossen stürzen. Doch die Attackierten flüchten keinesfalls. Sie lassen sich geschickt von ihrem Platz hinabfallen, gehen in Gleitflug über und schrauben sich mit kräftigen Flügelschlägen unerwartet senkrecht in den Himmel hinauf. Im Vorbeiflug schnappen sie mit den Schnäbeln zu und rupfen jeweils einem der Gegner eine Schwanzfeder aus. Doch danach fliehen sie keineswegs. Ihr herausforderndes, dunkles Krächzen mischt sich mit den helleren Tönen der anderen. Die scheinen sich gegenseitig anzuspornen. Schließlich sind sie in der Überzahl, auch wenn die Angegriffenen das erste Aufeinandertreffen für sich entschieden haben.

      »Das müssen Kolkraben sein«, stellt Dragon begeistert fest. »Sieh nur, wie verwegen sie sich jetzt von oben in den gegnerischen Schwarm stürzen. Ihr Verhalten entspricht den Eigenschaften, die uns Danrya nannte. Sieh dir das an. Die Krähen fliegen auseinander wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen, wenn ein Habicht auf sie herabstößt. Trotzdem werden erneut zwei, nein, sogar drei der ursprünglichen Angreifer durch die Kolkraben gerupft. Die ausgerissenen Federn segeln langsam zu Boden. Wow. Schau nur, wie geschickt die beiden sind. Ich glaube, wir erleben hier soeben eine Sondervorstellung. Ich stimme Danrya begeistert zu. Kolkraben sind die Vögel, in deren Gestalt wir uns auf das Gebiet der Triqueta wagen können. Sie mögen nicht so schnell wie Wanderfalken sein, dafür sind sie eindeutig gewitzter. Siehst du das? Jetzt sind erneut drei Federn ausgerupft und nun fliehen die Gegner. Sie suchen offenbar ihr Heil in der Flucht, verfolgt vom frohlockenden Keckern der Sieger!«

      Runa grinst zu dem Kommentar des Freundes. Auch sie hat das Schauspiel nicht nur genossen, sondern versucht, es genauestens zu verfolgen.

      »Ich denke, das ist ein kluger Rat von einer angeblich schusseligen Elfe. Was meinst du, können wir es wagen, uns bereits jetzt zu verwandeln, oder warten wir vorsichtshalber bis die zwei Sieger fort sind?«

      »Ich habe keine Angst, dass uns die beiden attackieren und von hier vertreiben könnten. Wir sollten sie trotzdem weiter studieren. Wir werden es ja nicht andauernd mit anderen Vögeln zu tun haben. – Wie ist es, hast du noch einige von den Äpfeln? Leg doch einen auf den Platz unterhalb des Baumes, auf dem sie hocken. Wir können dann sehen, ob sie das Obst annehmen und wie sie mit Nahrung umgehen.«

      Den Vorschlag führt Runa sofort aus. Ganz langsam nähert sie sich der verkrüppelten Eiche und legt die zwei Teile der vorher halbierten Frucht auf das von der Morgensonne beschienene Moos. Sie wird dabei genauestens von den dunklen Augenpaaren beobachtet. Sobald sich das Mädchen zurückgezogen hat, legen die Vögel ihre Köpfe schräg. Sie krächzen herausfordernd und blicken prüfend abwechselnd zu den Freunden und auf die Apfelhälften hinab.

      Runa und Dragon verhalten sich still. Sie sagen kein Wort und vermeiden jede Bewegung. Innerhalb weniger Augenblicke segelt einer der Kolkraben nach unten, während der andere offenbar Wache hält. Der Vogel schnappt sich geschickt eines der Stücke und fliegt mit der Beute zu seinem Partner hinauf. Entgegen der Vermutung holt sich der nun nicht die zweite Hälfte. Sie teilen sich das erbeutete Obststück indem sie abwechselnd mit ihren kräftigen Schnäbeln Stückchen aus dem auf einer Astgabel platzierten Apfel reißen. Sobald das aufgefressen ist, beäugen beide die wartenden Menschen. Sie kollern und krächzen. Dann nicken sie heftig mit den Köpfen. Dass sie sich dadurch bedanken wollen, bezweifelt Runa, trotzdem findet sie den Gedanken schön.

      »Schau nur. Jetzt ist die zweite Hälfte dran.« Damit hat Dragon Recht. Wie beim ersten Mal hält einer der Vögel Wache, derweil sich der andere geschickt das Obst schnappt und zu seinem Partner bringt.

      Die Mittagszeit ist bereits vorbei, als die beobachteten Kolkraben davonfliegen. Runa und Dragon essen jeweils einen Apfel und schauen ihnen hinterher. In der Ferne nehmen sie verschwommen ein größeres Gebäude wahr. Das hatten sie gestern als die Festung des Hexenmeisters identifiziert.

      »Was meinst du, sollen wir den Vögeln folgen? Das wäre bestimmt der kürzeste Weg zu Drakonias Burg.« Runa ist unsicher, ob sie sich erneut derart nah an den dunklen Magier wagen können.

      »Dort könnten wir vermutlich üben, ob auch wir uns gegen einen Krähenschwarm behaupten können. Danrya ist doch überzeugt, dass in der Nähe von Festungen haufenweise Krähen zu finden sind. Als dein Beschützer rate ich jedoch dazu, lieber einen Umweg in Kauf zu nehmen. Das geschieht nicht aus Feigheit, keineswegs. Ich möchte nur nicht, dass du womöglich gefangen wirst!«

      »Einverstanden«,

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