Kriminalhauptkommissar Ronny Mittler. Axel Schade
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Читать онлайн книгу Kriminalhauptkommissar Ronny Mittler - Axel Schade страница 10
„Carola, sie waren sein erklärtes Ziel für Spott. Thilo amüsierte sich auf ihre Kosten und stand bei seinen Gefährten gut da. Bekam ihr Freund das mit?“ „Nicht immer. Ich erzählte es ihm nicht unbedingt.“ „Warum nicht?“
Carola schweigt. Beißt auf die Lippen. Alles, was sie im Zusammenhang mit Dennis aussagt, wird gegen ihn verwendet, denkt sie.
„Ich wiederhole meine Frage.“, bohrt Lena. „Weshalb verschwiegen sie ihrem Verlobten die Erniedrigungen, denen sie ausgesetzt waren?“ „Weil ich nicht wollte, dass es Stunk gibt.“ „Was befürchteten sie?“
Carola sieht sich in die Ecke gedrängt. Wie das Kaninchen vor der Schlange windet sie sich vor der Antwort, bis sie wispert: „Das Dennis eine Dummheit macht.“
Auf dem Rückweg zum Revier fragt Lena: „Welchen Eindruck macht Frau Siemers auf dich?“ „Insgesamt einen Guten. Eine Sache verstehe ich allerdings nicht.“ „Die da wäre?“ „Über Jahre hinweg belästigt, erniedrigt, beleidigt der Kerl sie. Er behandelt sie aufs Ekligste und sie sucht sich keine Hilfe. Warum?“
„Die Erfahrung lehrt, solches kommt häufig vor. Denk an Häusliche Gewalt. Wie viele Frauen ertragen über Jahre ein Martyrium! Bis es eskaliert. Und dann kommen wir und kehren den Mist zusammen!“
Wir haben einen Mordfall!
Gerichtsmediziner Dr. Albert Meyer sitzt neben Ronny Mittlers Bett und lässt sich ein Butterbrot schmecken. Es ist später Nachmittag. Die Salamistulle war eigentlich zum Verzehr in der Frühstückspause gedacht. Er kam nicht dazu, sie zu essen. Kauend erklärt er: „Der Verstorbene stand unter Einfluss von Betäubungsmitteln. Abgefüllt bis Oberkante Unterlippe! Der war weder ansprechbar, geschweige denn in der Lage, sich aufzuhängen.“
Hauptkommissar Mittler klatscht in die Hände. „Wusst´ ich´s doch! Es war kein Suizid!“ „Dein Orakel - Magnet sah es voraus! Verlässlich wie eh und je“, kommentiert Meyer.
„Was kannst du mir zum Seil des Erhängten sagen, Albert?“ „Moment.“, antwortet der Rechtsmediziner. Er schiebt das letzte Stück Brot in den Mund und kaut in aller Ruhe. Nachdem es heruntergeschluckt ist, greift er nach seiner Tasche. Daraus entnimmt er eine Thermoskanne, die anhand ihrer Form an einen Leuchtturm erinnert. Er schraubt den Deckelbecher ab, gießt ein und trinkt.
„Wird das heute noch was, mit der Antwort?“, drängt Ronny Mittler. „Abwarten und Tee trinken! Dann Sachen machen!“, antwortet Albert Meyer seelenruhig. In sich ruhend, genießt der Pathologe seinen geliebten Ostfriesentee. Sanft lächelnd stellt er den Becher neben die Thermoskanne auf Mittlers Nachttischschrank. Es amüsiert Meyer, den Freund in der Warteschleife hängen zu lassen. Der trommelt derweil erwartungsvoll mit den Händen auf der Bettdecke. Aus der Aktentasche zieht der Rechtsmediziner einen Schnellhefter, platziert diesen auf den Schoß. Bedächtig klappt er ihn auf, liest stumm die ersten Zeilen. Schließlich hebt er den Kopf. Prüfend schaut er den Hauptkommissar an. Dessen volle Aufmerksamkeit ist ihm sicher.
„Vorneweg gesagt, es fand sich keine verwertbare DNA-Spur. Weder an der Leiche noch am Seil. Es handelt sich um ein 8 Millimeter starkes Polypropylenseil in der Farbe Blau mit schwarzem Kennfaden. Seine Länge beträgt 20 Meter. Es ist 16-fach geflochten. Die Bruchlast liegt bei 700 Kilogramm. Ein schlichtes Universalseil, lieber Ronny. Bekommst du in jedem gut sortierten Baumarkt. Es ist für den Einsatz im Freien geeignet. Beispielsweise im Garten, beim Camping und so weiter. Zum Spannen und Befestigen von Planen verwendet man es gerne. Aus persönlicher Erfahrung möchte ich anmerken, dass derlei Seil für diverse Belange ausgesprochen hilfreich ist. Ich sichere damit zum Beispiel Strauchschnitt auf meinem Anhänger, wenn ich zur Deponie fahre.“
„Nimmt man das Seil auch zum Segeln?“, fragt der Kriminalhauptkommissar. „Nein Ronny. Das nicht! Dazu benutzt man Segelboote!“
Auf einen Augenblick der Stille folgt schallendes Lachen! „Wer doof fragt, bekommt die passende Antwort!“, kichert Mittler und wischt Lachtränen aus dem Gesicht. „Jetzt im Ernst. Setzt man es beim Segelsport ein?“ „Davon ist auszugehen, behaupte ich, ohne es explizit zu wissen.“
Es klopft. „Herein!“, ruft Mittler. Lena Schösteen und Merle Jörgisdottir treten ein. „Moin!“, grüßen sie. „Moin!“, schallt es zweistimmig zurück. Lena setzt sich auf die Bettkante neben ihren Vorgesetzten. Merle zieht es auf die Fensterbank.
„Was gibt es Neues?“, erkundigt sich die Oberkommissarin. „Wir haben einen Mordfall!“, erklärt Gerichtsmediziner Meyer. Mittler nickt bestätigend. „Sieh an. Da hatte Chefchen wieder den richtigen Riecher!“, staunt Lena und denkt amüsiert an Merles Beispiel vom heiligen Spekulatius. „Vielleicht war Ronny in einem früheren Leben Spürhund?“, witzelt Merle. „Nö, eher Trüffelschwein!“, antwortet Meyer strohtrocken, womit er die Anwesenden zum Lachen bringt. Darauf folgend fasst der Pathologe für die Kommissarinnen seine Ergebnisse zusammen.
Lena Schösteen kommentiert das Gehörte: „Passt alles zu Ronnys Vermutungen. Er meinte doch, dass niemand ein derartiges Seil mit ins Krankenhaus bringt, um sich damit das Leben zu nehmen. Das sehe ich genauso. Dahinter stünde eine geplante Handlung. Die erkenne ich aufgrund der bisherigen Erkenntnisse nicht. Das Seil brachte jemand in der Absicht mit, einen Suizid vorzutäuschen. Hinzu kommt das Indiz mit dem verlorenen Hausschuh. Es deutet an, dass der Verstorbene nicht auf eigenen Füßen sein Zimmer verließ. Du bestätigst, dass er unter Betäubungsmitteleinfluss stand. Ich gehe davon aus, der Täter sedierte Thilo van der Leuwen, holte ihn aus dem Bett und hing ihn im Treppenhaus auf. Der Vorgang einen Bewusstlosen zu bewegen, ist beschwerlich. Man muss den Ohnmächtigen transportieren. Das ist anstrengend. Stellt euch vor, wie man ihn über das Treppengeländer hebt. Einen leblosen Körper von diesem Gewicht! Dennis Jakobs hätte die Kraft, es zu bewerkstelligen. Momentan ist er Hauptverdächtiger. Was nicht ins Bild passt, ist die Frage, wie verabreichte er Thilo Betäubungsmittel? Zugegeben, Dennis hat ein Motiv und kein wasserdichtes Alibi. Dennoch halte ich ihn für unschuldig! Er ist, wie das Opfer, Segelsportler und hätte sicher einen Seemannsknoten gemacht, um das Seil am Geländer zu befestigen. Das entlastet ihn. Außerdem überzeugt mich, was er über Zukunftspläne mit Carola erzählt. Ich glaube nicht an ihn als Täter. Wir müssen an anderer Stelle suchen.“
„Hörst du, wie analytisch Lena zusammenfasst und zweifelt, Albert?“, fragt Ronny Mittler seinen Freund. „Das hat sie bei mir gelernt!“ „Du alter Angeber!“, schimpft der Pathologe. „Mit Angabe hat es nichts zu tun! Man muss Gespür für den Täter entwickeln, um ihn zu überführen. Sie fällt nicht auf offensichtliche Fakten rein. Sie hinterfragt. Das ist, was ich den Kolleginnen vorlebe. Umso mehr erfreut bin ich, wenn solche Ergebnisse dabei herauskommen. Die Frage, die sich stellt, lautet: Was fängst du damit an, meine Liebe?“ Erwartungsvoll schaut Mittler die Kriminaloberkommissarin an.
„Ich knöpfe mir Schwester Friederike vor. Sie hatte Nachtdienst, entdeckte den Toten und meldete dir den Vorfall. Ich frage, warum bekam sie nicht mit, dass eine oder mehrere Personen Thilos Zimmer betraten? Er wurde betäubt. Man transportierte ihn. Hing ihn im Treppenhaus auf. All das ist ihr entgangen. Wieso? Das muss sie mir glaubhaft erklären.“, erläutert Lena.
„Prüft zeitnah die Aufnahmen der Überwachungskameras. Wer weiß, was sie offenbaren?“, erinnert Mittler.
„Was ist mit Thilos Clique?“, meldet sich Merle von der Fensterbank. „Ja? Was ist mit denen?“, erkundigt sich der Hauptkommissar. „Sollten wir sie nicht ebenfalls befragen?“ „Ja, das könnt ihr, obwohl ich das Gefühl nicht loswerde, dass