Kriminalhauptkommissar Ronny Mittler. Axel Schade
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Читать онлайн книгу Kriminalhauptkommissar Ronny Mittler - Axel Schade страница 9
„Sie müssen Angst empfunden haben Carola. Half ihnen niemand? Lehrer oder Schüler?“, möchte Lena wissen. „Mitschüler fürchteten sich vor ihm. Manche deckten ihn.“ „Seine Freunde unterstützten ihn?“ „Richtige Freunde waren es nicht. Eher Kinder, die sich aus Angst oder Berechnung mit Thilo anfreundeten. Damit er sie in Ruhe ließ. Ausgenommen Rollo. Der ist genauso ein Stinkstiefel. Er ist Thilos bester Kumpel.“
„Moment bitte Frau Siemers.“, unterbricht Lena. Sie zückt ihr Notizbuch, um einen Eintrag nachzulesen. „Sprechen sie von Herrn Roolfs?“ „Genau der! Wieso steht der in ihrem Buch?“ „Im Rahmen der Ermittlung nannte uns Frau Andersen seinen Namen.“ „Ach so.“
„Rollo und Thilo also? Wie machten sie ihnen das Leben schwer?“ „Rollo hielt mich fest, damit Thilo mich durchkitzeln konnte. Eigentlich wollte der mich nur befummeln. Ich war für mein Alter ziemlich entwickelt. Die Kitzelei war Vorwand. Das Schlimmste war, er leckte mir durchs Gesicht, am Hals, sogar in den Ohren. Es war absolut ekelhaft.“
„Das glaube ich gern. Es wundert, dass kein Lehrer etwas dagegen unternahm.“ „Rollo und Thilo stellten sich geschickt an, es fiel nicht auf. Sie zogen mich hinter eine Säule oder Wand, ließen es wie ein Kinderspiel aussehen.“ „Sie beschwerten sich nicht bei Lehrern?“ „Dazu fehlte mir der Mut. Thilo schüchterte mich ein. Er sagte, wenn ich ihn verpetze, passiere etwas ganz Schlimmes. Ich hatte riesige Angst.“ „Womit drohte er konkret?“ „Das meine Eltern sterben und ich ins Waisenhaus käme. Unser Haus würde abbrennen. Solche Dinge. Darum traute ich mich nicht, es zu erzählen.“ „Ich vermute, sie litten, weil sie sich allein gelassen fühlten?“ „Ja, es ist, wie sie sagen Frau Schösteen. Irgendwann bekamen Lehrer es endlich mit und bestraften Thilo und Rollo.“ „Hörten die Belästigungen auf?“ „Sie kamen nicht mehr in der Häufigkeit vor. Aufgehört hat es nie.“
„Wie näherte er sich ihnen nach dem Schulwechsel?“ „Bei zufälligen Begegnungen in der Öffentlichkeit. Auf dem Weihnachtsmarkt. Beim Osterfeuer. Auf dem Sportplatz. Am Strand. In einem Geschäft. Bei solchen Gelegenheiten machte er sich an mich ran. Wollte mich einladen. Zu Kaffee und Kuchen. Zum Schwimmen, tanzen, segeln und so. Ich lehnte alles ab. Ich sagte zigmal, er soll mich in Ruhe lassen, ich wolle nichts von ihm. Das ging zu einem Ohr rein, zum anderen wieder raus.“ „Warum zeigten sie ihn nicht an?“ „Ich traute mich nicht.“ „Weswegen?“ „Kennen sie die Familie van der Leuwen? Reiche Leute mit Anwälten sind das. Die hätten mich doch fertig gemacht!“
„Wie lang sind sie mit Dennis zusammen?“ „Vier Jahre und sieben Monate.“ „Wie alt waren sie, wo sie mit ihm zusammenkamen?“ „Ich war fast 15.“ „Wie reagierte Thilo darauf, dass sie liiert sind?“ „Ich weiß, das er schlecht über mich redete. Er setzte Gerüchte in die Welt.“ „Was genau?“ „Er behauptete, ich ginge anschaffen und Dennis sei Zuhälter. Mein Freund beendete das Gerede.“ Merle, die bisher vornehmlich die Rolle der stillen Zuhörerin einnahm, meldet sich mit einer Frage zu Wort: „Wie gelang ihm das?“ „Er stellte Thilo vor seinen Kumpels zur Rede. Er muss ziemlichen Eindruck auf sie gemacht haben. Seitdem war Ruhe.“
„Bei Herrn Jakobs beachtlicher Physis wundert es nicht, dass van der Leuwen unterlegen war.“, vermutet Merle. „Mein Freund ist 1,99 m und betreibt seit Ewigkeiten Kraftsport. Außerdem ist er nicht auf den Kopf gefallen. Der wusste, wie man Thilo Grenzen setzt!“ „Sie sagen das mit Stolz, Frau Siemers,“ bemerkt Lena, „das verstehe ich.“ „Heute habe ich das Selbstvertrauen, das früher fehlte. Ich bin dank Dennis Hilfe aus der Schildkrötendeckung gekommen.“
„Das ist schön für sie. Dennoch gerät der heroische Einsatz zu ihrer Ehrenrettung im Augenblick eher zu seinem Nachteil.“ „Wieso denn?“ Carola schaut erschrocken. Eine Sekunde später fällt der Groschen. Sie flüstert: „Weil er ihr Hauptverdächtiger ist? Aber das ist vier Jahre her. Sie glauben doch nicht ernsthaft, er ...?“ „Was wir glauben, ist zweitrangig.“, erklärt Merle. „Für uns zählen Fakten. Wie die Tatsache, dass zwischen Jakobs und van der Leuwen ein Zwist bestand. Dem gehen wir im Verlauf der Ermittlungen nach. Das ist unsere Aufgabe. Dabei lassen wir Umstände nicht außer acht, die Dennis entlasten, seien sie dessen versichert.“
Lena fragt: „Frau Siemers, sie sagen, dass sie Ruhe vor Thilo hatten, nachdem ihr Freund ihn zur Rede stellte. Ab wann belästigte er sie erneut mit Anzüglichkeiten?“ „Wo ich im BOOTSHAUS zu kellnern anfing, kamen wieder obszöne Bemerkungen. Gleich am ersten Arbeitstag ging das los. Vergangenen Samstag war es dann einfach zu viel.“
„Es kam demnach regelmäßig vor?“ „Das er mich blöd anmachte, meinen sie?“ „Ja.“ „Wie gesagt. Seit ich dort zur Aushilfe kellnere. Vor knapp zwei Jahren habe ich bei Lola zum ersten mal ausgeholfen. Manchmal machte Thilo einen Spruch am Abend, ein anderes Mal mehr. Es kam vor, dass er nichts sagte, darum ist es schwierig, es in Zahlen zu fassen, Frau Oberkommissarin.“
„Wie äußerte er sich? Wie führte er sich auf? Wie muss ich mir seine Belästigungen vorstellen?“ „Häufig machte Thilo dumme Bemerkungen. Hin und wieder betatschte er mich.“ „Wo berührte er sie? Wie ging das vonstatten?“ „Wenn ich beim Stammtisch bediente und in Reichweite stand, gab er mir schonmal einen Klaps auf den Hintern.“ „Was noch?“ „Er griff an meine Beine, streichelte über die Oberschenkel.“ „Wie reagierten sie?“ „Ich drehte mich weg oder schlug auf seine Hand.“ „Sie sagten nichts dazu?“ „Doch. Sicher. Ich sagte, er soll es lassen.“
„Wie regierte er auf Ablehnung?“ „Meistens laberte er irgendwelchen Mist.“ „Was zum Beispiel? Erklären sie es. Wie müssen wir uns das vorstellen?“ „Kam ich an den Stammtisch, um Bestellungen aufzunehmen, sagte er: Da kommt die schärfste Saftschubse von Norden. Wenn seine Freunde darüber lachten, war er zufrieden.“ „Das klingt wie ein harmloser Scherz, Frau Siemers. Belästigung sieht anders aus. Ein Chauvinist sähe in dem Spruch sogar ein verstecktes Kompliment. Leider ist das so, möchte ich hinzufügen.“, erklärt Merle. „Vor Gericht würde diese Bemerkung wenig Eindruck machen. Es hilft uns nicht weiter.“, ergänzt Lena. „Geben sie uns handfeste Beispiele. Wie beleidigte er sie aufs Heftigste? Sprechen sie es aus.“, motiviert Merle sie.
„Thilo sonderte ordinäre Kommentare ab.“, druckst Carola herum. Ihre Augen füllen sich mit Tränen, sie greift zu einem Papiertaschentuch. „Wir sehen, wie sehr das Thema sie belastet, Frau Siemers. Dennoch müssen wir darum bitten, sich zu erinnern, welche Worte Thilo wählte.“, erklärt Lena sanft. Carola nickt. Flüsternd berichtet sie: „Einmal behauptete er, man höre, wenn ich zum Tisch käme. Das Geräusch meiner wippenden Titten würde mich verraten.“ „Das sagte er? Wörtlich?“ „Ja. Wort für Wort. Und Schlimmeres! Doofe Sprüche, die er in Witze verpackte.“
„Welcher Art waren diese?“, erkundigt sich Merle. „Machte er sexistische Anspielungen?“ „Ja richtig fiese!“ „Erinnern sie sich an den Wortlaut?“ „Nicht an jeden. Aber einiges blieb im Gedächtnis.“ „Haben sie ein Beispiel für uns?“, möchte Lena wissen.
Carola beugt sich vor. Mit gedämpfter Stimme erzählt sie: „Er machte sich einmal über meine Schamlippen lustig. Zur Clique sagte er, als Kind hatte Carola Schamlippchen. Jetzt hat sie Schamläppchen. Und mit vierzig bekommt sie Schamlappen! Diese Worte begleitete er mit Handbewegungen und Geräuschen. Bei seinen Leuten kam das natürlich super an. Die lachten sich kaputt und ich war die Doofe!“
„Gerieten sie in Wut?“ Sie zögert mit einer Antwort. „Klar, ich war sauer. Denke ich darüber nach, war ich mehr beschämt. Und beleidigt!“
„Haben sie ein weiteres Beispiel dieser sogenannten Scherze?“ „Eine Sache war letztes Jahr im Sommer. Ich trug einen kurzen Rock. Wo ich Getränke zum Tisch brachte