Kriminalhauptkommissar Ronny Mittler. Axel Schade
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Читать онлайн книгу Kriminalhauptkommissar Ronny Mittler - Axel Schade страница 6
„In der Reihenfolge wäre schön!“, spielt sie den Flirt mit und setzt sich auf einen Barhocker. „Hoppla. Jetzt wird´s interessant!“ Die Bedienung lehnt sich auf die Theke, schaut ihrem Gast tief in die Augen. „Scheint doch kein schlechter Tag zu werden, wie ich beim Aufstehen dachte. Fangen wir mit dem Käffchen an?“ „Gerne.“, antwortet Lena mit brüchiger Stimme. Sie räuspert sich. „Frosch im Hals?“, erkundigt sich die attraktive Frau gutgelaunt. „Lieber einen Kräutertee?“ „Nein. Alles gut!“, flunkert die Oberkommissarin und ärgert sich insgeheim, das es ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlug.
Die dunkelblonde Bedienung steht mit dem Rücken zu Lena, derweil sie die Kaffeemaschine mit Wasser befüllt. „Dauert einen Moment. Ich muss die Maschinerie erst in Gang bringen.“, erklärt sie. Sie hat eine sportliche Figur. Ihr Haar trägt sie lang bis zu den Hüften. Hübsch, denkt Lena, gefällt mir. Ihr Herz klopft schneller, wie normal.
Die Tür zum Gastraum wird geöffnet. Merle Jörgisdottir tritt ein. „Moin.“, grüßt sie. „Auch ein fröhliches Moinchen!“, trällert die Bedienung und wendet sich ihrem neuen Gast zu. „Hallihallo! Hab ich ein Glück!“, raunt sie anerkennend. „Hat eine Fähre mit Schönheitsköniginnen angelegt, oder was geht ab?“, scherzt sie.
„Kein Parkplatz zu finden!“, erklärt Merle und knallt den Autoschlüssel auf den Tresen. „Norddeich ist rappelvoll mit Touris.“, nörgelt sie. „Den Wagen habe ich notgedrungen direkt vors Lokal gestellt und das Blaulicht aufs Dach gepackt. Wenn einer nicht dran vorbeikommt, muss er sich melden.“
„Blaulicht? Hab ich was mit den Öhrchen oder hast du das wirklich gesagt?“, fragt die Wirtin. „Kommissarin Jörgisdottir. Kriminalpolizei.“, stellt sich Merle vor. Sie hält ihr den Dienstausweis vor die Nase, zeigt auf Lena und sagt: „Meine Vorgesetzte. Oberkommissarin Schösteen.“
„Vorname Lena.“, fügt diese apart lächelnd hinzu. Die Wirtin wendet sich ihr zu und raunt: „Lena heißt das schöne Kind. Nett! ... Sehr nett!“ Der Angesprochenen rieseln angenehme Schauer den Rücken hinunter. An ihren Armen stellen sich Härchen auf.
„Und sie sind wer?“, fragt Merle diensteifrig. „Wer ich bin? Das werde ich dir sagen.“ Zur Überraschung der Polizistinnen beginnt die Gefragte zu singen: „Ich bin die fesche Lola, der Liebling der Saison, ich hab ein Pianola, daheim in mein´ Salon. Ich bin die fesche Lola, mich liebt ein jeder Mann, doch an mein Pianola, da lass ich keinen ran.“
Sie streckt Merle die Hand zum Gruß hin. „Dreimal darfst du raten, wie ich heiße. Ein Tipp: Rumpelstilzchen ist es nicht!“ Sie lacht sympathisch. „Nur ein Späßchen. Lola nennt man mich. Lolita Andersen lautet der Name, der im Perso steht. Inhaberin dieser Gaststätte. Geboren in Hamburg. 1,70 m. Augenfarbe grün. Naturblond. 31 Lenze. Schuhgröße 39. BH Doppel D. Lesbisch. Alleinstehend. Was habe ich verbrochen Kommissarin?“
„Wegen Falschsingen werde ich sie jedenfalls nicht verhaften!“, verkündet Merle amüsiert. „Respekt! Das war klasse! Sind sie Sängerin?“ „Danke für die Blümchen, Schätzchen. Schön wär´s. Nee, ich bin nur eine Bardame, die gerne singt.“
„Frau Andersen ...“ „Nenn mich Lola.“ „Na gut. ... Frau Lola, ... was können sie ...“ „Also bitte!“, unterbricht die Wirtin Merle. „Was bist du denn für eine? So steif? So förmlich? Wir sind doch unter uns, Goldstück. Sag du zu mir!“ „Okay. ... Du. ... Ja. ... Ist gut.“, stammelt Merle verdattert. „Wie wär´s mit einem Käffchen zum Auflockern?“, fragt Lola. „Was?“ „Tass Kaff? Braun. Heiß. Leckerschmecker! Kennste?“ „Äh. Ja. .... Gerne.“
Es ist ein selten vorkommender Umstand, Merle verwirrt zu sehen. Für gewöhnlich ist sie für Witze, Sprüche und Alberei zuständig. Entsprechend rar gesät sind Momente, wo sie jemand aus dem Konzept bringt.
Sie setzt sich auf den Barhocker neben Lena. Die kichert, hält sich eine Hand vor den Mund.
„Was denn?“, flüstert Merle und stößt ihre Kollegin in die Seite. Die wispert sich lustig machend: „So steif? So förmlich? Goldstück?“ Sie kriegt sich kaum ein vor Vergnügen. „Ach du bist blöd!“, grinst Merle.
Lola stellt zwei dampfende Kaffeetassen auf die Theke. „Keks dazu?“ „Nein danke.“, antwortet Merle. „Ich hätte gerne einen.“, meldet Lena Bedarf an. „Was Süßes für die Süße.“, schäkert Lolita. „Bitteschön.“
Sie legt ein Gebäckstück auf die Untertasse und sagt: „Jetzt raus mit der Sprache. Was wollt ihr von Lola. Hab ich falsch geparkt? Oder sucht ihr jemanden der im Stadtpark die Bürger belästigt? Ich nehm den Job!“ Die Polizistinnen brechen in Gelächter aus. „Bedauerlicherweise ist die Stelle schon besetzt.“, antwortet Lena. „Na sie mal eine kuck! Humor hast du auch, Herzblatt! Das wird ja immer besser!“, freut sich Lola.
„Der Grund, aus dem wir hier sind, ist leider unerfreulich.“, erklärt Merle. „Au. Das klingt unschön.“ „Sie kennen, ... äh, du kennst Thilo van der Leuwen?“ „Klar! Und ob! Was hat die Knalltüte angestellt?“ „Er ist tot!“ „Was?“ Lolas Gesichtszüge frieren ein. Sie muss sich am Tresen festhalten. „Er wurde vergangene Nacht tot aufgefunden.“ „Der lag doch im Krankenhaus!“
Lola ist bitterernst. Die Fröhlichkeit mit der sie sich präsentierte, ist verschwunden. Man sieht ihr die Bestürzung an. Sie zieht einen Hocker unter der Theke hervor, setzt sich.
„Wollt ihr einen Schnaps?“ Die Kommissarinnen verneinen. „Also auf den Schreck brauche ich einen.“, ächzt Lola. Sie gießt Weizenkorn in ein Schnapsglas, kippt ihn runter. „Die armen Eltern ...!“, flüstert sie. „Wie kam er um? Autounfall? Er fuhr immer wie eine gesenkte Sau. Mehr als einmal hab ich gesagt, dass ihn das mal Kopf und Kragen kostet. Stell dir vor, du fährst ein Kind tot, da wirst du deines Lebens nicht mehr froh, sagte ich zu ihm. Die sind längst im Bett, wenn ich rase! Das war seine dämliche Antwort! So ein Schwachmat!“
„Es war kein Autounfall. Er wurde erhängt aufgefunden.“ „Was? ... Selbstmord? ... Thilo?“ Lola zeigt sich wie vom Schlag getroffen, gleichfalls überzeugt. „Der doch nicht! Niemals!“ „Wie meinst du das? Du scheinst deiner Sache sicher zu sein?“, beurteilt Lena die Reaktion der Gastwirtin. „So einer bringt sich doch nicht um! Der Junge ist der größte Narzisst, den ich im Leben zu Gesicht bekam! Das ist ein dermaßen selbstverliebter Arsch! Am Liebsten hätte er einen Butler eingestellt, der mit einem Spiegel vor ihm herrennt.“ „Thilo war ichbezogen, findest du?“ „Haha!“, lacht sie zynisch. „Das wär untertrieben. Er ist ein Angeber! Ein Großmaul! Ein Gernegroß durch und durch!“
„Ein Gutaussehender noch dazu!“, merkt Merle an. „Zugegeben, er sieht heiß aus, ... für einen Kerl ... falls frau auf sowas abfährt. Vielleicht schaut sie dann blauäugig über seinen Narzissmus hinweg.“ Sie hält inne, überlegt einen Augenblick. „Mein Typ ist er nicht. Nicht als Mensch ... und erst recht nicht als Sexualpartner. Da habe ich einen vollkommen anderen Geschmack! Sagte doch, ich steh auf Frauen.“ Bei den letzten Worten schaut sie Lena tief in die Augen. Die Oberkommissarin läuft knallrot an, unterdessen die Wirtin weiterspricht.
„Thilo ist tot! Nicht zu fassen! Und ich rede, wie wenn er noch da wär.“ Lola schüttelt fassungslos den Kopf. Sie schüttet Wasser in ein Glas und trinkt. Urplötzlich hält sie inne und fragt: „Was seid ihr eigentlich für Polizistinnen? Von der Kripo, sagtest du? Welche Abteilung?“ „Mordkommission.“, antwortet Lena.
„Scheiße! Ich habs geahnt! Wegen der Klopperei Samstagabend kommt ihr, stimmts?“ „Erzähl. Was war los, Lola?“ „Thilo geriet in Streit mit Dennis. Carolas Freund.