Blaues Feuer. Thomas Hoffmann

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Blaues Feuer - Thomas Hoffmann

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      „Ich schwör‘s. Frag sie selbst!“

      Hans Lederer antwortete nichts mehr.

      Am nächsten Morgen winkte der Vater Norbert zu sich heran.

      „Bevor du zu Björn Feldnersohn gehst, gehen wir beide zu Lars Weidner. Du bist alt genug, um zu lernen, wie man mit solchen Dingen umgeht. Später wirst du an meine Stelle treten. Dann musst du die Angelegenheiten im Dorf regeln können.“

      Sie trafen Lars Weidner beim Holzspalten vor der Hütte, die er seit dem Verschwinden seiner Frau allein beim Hof Lutz Torstensohns bewohnte. Er legte das Handbeil weg und richtete sich auf, als er Hans Lederer und Norbert kommen sah. Lars‘ rechtes Auge war blutunterlaufen, seine Lippen geschwollen und aufgeplatzt. Stumm erwartete er den Vater, der sich ihm gegenüber stellte. Norbert wartete ein paar Schritt abseits, was geschehen würde. Lars blickte Norberts Vater voller Hass entgegen.

      „Was war das gestern vor Kurt Morgners Hof?“ schnappte Hans Lederer.

      Norberts Vater war zwar zwanzig Jahre älter, aber fast einen ganzen Kopf größer als Lars. Seine Schultern waren beinahe doppelt so breit. Er hatte kein Messer, keinen Dolch dabei. Lars‘ Beil lag griffbereit neben ihm auf dem Block.

      „Dein Sohn will mir die Grete Morgner streitig machen.“

      Lars‘ Aussprache war undeutlich, aber der drohende Unterton war nicht zu überhören. Hans Lederer stand keine zwei Schritt vor ihm.

      „Wen von euch will die Grete?“

      Lars‘ Gesicht wurde dunkelrot.

      „Was geht dich das an, Hans Lederer? Sie ist meine Braut!“

      „Hat Kurt Morgner sie dir versprochen?“

      „Halt dich aus der Sache raus, Lederer!“

      Lars‘ Stimme überschlug sich vor Wut.

      „Ich schlag deinen Sohn zum Krüppel, wenn er noch mal zum Kurt Morgner geht.“

      Die Stimme Hans Lederers wurde hart.

      „Du bist ein erwachsener Mann, Lars. Wir Siedler halten Frieden untereinander. Das ist Gesetz. Du bist Wildenbrucher, das Gesetz gilt auch für dich. Du hast die Smeta zur Frau gehabt. Du könntest sie noch immer haben. Deine Schuld, dass du sie dazu getrieben hast!“

      Lars Weidner stand schwer atmend da. Endlich schaute er zur Seite.

      „Lass mich in Ruhe, Lederer.“

      Ohne Vorwarnung langte Hans Lederer nach dem Beil. Lars stolperte zurück. Seine Stimme überschlug sich.

      „Was soll das?“

      Hans Lederer wog das Beil in den Händen.

      „Dies ist meine letzte Warnung an dich, Lars. Lass die Grete in Ruhe. Und benimm dich.“

      Er warf das Beil auf den Block zurück.

      „Norbert, wir gehen.“

      Norbert sah, dass Lars zitterte, während er dem davonmarschierenden Vater nachsah. Sein Gesicht war aschfahl.

      ***

      Lars Weidner ging Oliver aus dem Weg, wenn er ihm auch wütende Blicke zuwarf, sooft sie sich im Dorf begegneten. Er besuchte Sven Hüttner und fragte, ob es etwas zu tun gäbe, doch Gretes Vater wies ihm keine Tätigkeit an. Grete zeigte offen ihre Verachtung für ihn. Dennoch erschien Lars Weidner beinahe jede Woche am Hof.

      Als es Herbst wurde, nahm Björn Feldnersohn Norbert mit in den Wald auf die Jagd. Er erklärte ihm die Fährten und Losungen der Wildtiere und den Umgang mit Pfeil und Bogen.

      „Das Jagen ist im gesamten Reich nur dem Adel erlaubt, aber wir Grenzsiedler haben die Erlaubnis des Kaisers, für unseren Lebensunterhalt zu jagen,“ erklärte Björn dem Jungen.

      Den gesamten Winter über gingen Norbert und Björn Feldnersohn gemeinsam jagen. Norbert lernte das Bogenschießen schnell und auch beim Abhäuten und Ausweiden des Jagdwilds erwies er sich als geschickt. Björn Feldnersohn machte keinen Hehl daraus, wie zufrieden er mit Norbert war.

      ***

      „Du wirst ein guter Jäger werden,“ erklärte Björn.

      Norbert hatte eine Rehkuh erlegt und die beiden machten eine Pause beim Aufbrechen des Wilds. Rings um das aufgeschlitzte Tier war der Schnee mit Blut getränkt. Björn reichte Norbert die Feldflasche mit dem Kornbrand. Tapfer nahm Norbert einen Schluck. Noch immer schüttelte es ihn, wenn er das scharfe Getränk hinunterspülte. Hitze stieg ihm in den Kopf.

      „Du wirst später deine Familie ernähren können,“ fuhr Björn fort. „Und ich weiß, dass du die Gabe besitzt – wie dein Vater. Und auch, dass du ein ebensolcher Hitzkopf sein kannst, wie er.“

      Betroffen blickte Norbert zur Seite. In den kahlen Ästen rings umher sammelten sich die Krähen. Die schwarzen Vögel warteten darauf, dass die beiden Menschen abzogen, um sich über das Gekröse und die blutigen Innereien herzumachen.

      Björn blickte den Jungen ernst an: „Dein Temperament und deine Gabe wirst du später einmal einsetzen, um die Siedlung zu schützen. So, wie es jetzt dein Vater tut.“

      Er schlug Norbert auf die Schulter.

      „In vier Jahren gebe ich dir die Maja zur Frau. Es ist gut, wenn unsere Familien sich verbinden.“

      ***

      Der Winter wurde mild. Die Schneestürme im Januar hielten nur wenige Tage an. Es war nichts im Vergleich zu jenem furchtbaren Winter in Norberts neuntem Lebensjahr, in welchem die Totengeister um die Siedlung wandelten.

      Im Frühjahr nach der Schneeschmelze gestattete Kurt Morgner dem Oliver die Heirat mit seiner Tochter Grete. Sie sollte in der Woche nach dem Frühlingsopfer stattfinden. Die Männer Wildenbruchs zogen in den Wald, um Bauholz für die Blockhütte zu fällen, die das Paar bewohnen würde. Lars Weidner schloss sich ihnen nicht an. Er diskutierte eine halbe Nacht lang mit Kurt Morgner, bis Kurt Morgner laut wurde und ihn hinauswarf.

      Lars Weidner lief durchs Dorf und erzählte jedem, der es hören wollte: „Ich gehe zurück in die Zivilisation. Diese verfluchte Grenzsiedlung hat mir nichts als Unglück gebracht.“

      Meistens war er betrunken.

      Hans Lederer forderte den Lars Weidner auf, zum Abendbrot an seinen Hof zu kommen. Die Hofgemeinschaft saß bereits am Tisch, als Lars mit verbitterter Miene erschien. Sein Filzumhang war dunkel vom Regen, der um die Wohnhütte rauschte. Klamme Feuchte sickerte vom Strohdach her in den Raum. Jenseits des schwachen Lichts der Kienspäne auf dem Esstisch und des rötlichen Scheins der Herdglut lag der Raum im Dunkeln. Die Familie rückte auseinander und Lars setzte sich stumm an den Tisch. Er roch nach Bier. Leika gab ihm Bohnensuppe und Speck in die Holzschale.

      Auch zu anderen Zeiten wurde an Hans Lederers Hof beim Essen nicht viel gesprochen. Aber das Schweigen, das seit dem Hereinkommen von Lars auf der Tischgemeinschaft lastete, kam Norbert unheilverkündend vor. Nur

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