Vorm Mast. Wolfgang Bendick
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Ich bemerke, dass sich an jedem Eingang zu den Aufbauten doppelte Türen befinden. Eine hölzerne, die nach innen aufgeht, und eine stählerne, die sich nach außen öffnet. Letztere kann man mit 4 oder 6 drehbaren Riegeln, den Vorreibern, seefest verschließen. Die „Türschwelle“ ist eine etwa 30 Zentimeter hohe Stufe, das Süll. Um die Tür zu durchschreiten muss man einerseits gut die Füße heben (Achtung auf die Schienbeine) und zugleich aufpassen, dass der Kopf nicht oben am Schott anhaut. Mit der Zeit und einigen Beulen gewöhnte ich mich auch an diese Besonderheit. Wir betraten die Aufbauten. Ein ziemlich langer, schmaler Gang tat sich vor uns auf. An einer Seite war auf der ganzen Länge in Hüfthöhe ein Rohr angebracht, der Handlauf, wohl um sich bei Schlagseite festhalten zu können. An den Treppen befand sich je einer auf jeder Seite. Die Rundung des Decks, die ich draußen schon bemerkt hatte, setzte sich hier drinnen fort. Man nennt das die Balkenbucht. Sie gibt dem Schiffsrumpf mehr Festigkeit. Ebenso ist das Schiff in Längsrichtung gebogen. Es „hängt durch“ wie eine große Banane. Dadurch sind Bug und Heck höher über dem Wasser. Das nennt man Sprung.
Hier im Schiffsinneren war das Geräusch der Maschinen lauter. Schmidchen öffnete eine Tür an der linken Seite, da war unser Unterrichtsraum. Ein paar rechteckige Bullaugen, mit glänzenden Messingrahmen und Knebeln unterbrachen die Außenwand. In der Mitte des Raumes ein langer Tisch und rundherum drehbare Stühle, alle fest mit dem Boden verschraubt. „Das schwimmende Klassenzimmer“, entfährt es mir. Eine grüne Tafel an der Stirnseite, eine Weltkarte und das Morsealphabet an der anderen vervollständigen mit einem Wandschrank das Mobiliar. „Unterricht haben wir aber nur auf See und auch nur vormittags. Nachmittags ist Zutörnen.“ „Was ist denn das?“ „Arbeit an Deck oder woanders. Was halt gerade anliegt.“ Etwas weiter kommen wir an zwei anderen Türen vorbei. „Die Unterkünfte der Heizer.“ „Heizer? Ich denke, die Maschine läuft mit Schweröl?“ „Das sagt man noch so. Die Ausdrücke stammen noch aus der Dampfschifffahrt. Ebenso sind auch noch Bezeichnungen aus der Segelschiffszeit im Gebrauch. An Deck ist die Mannschaft aufgeteilt in Decksjungen, Jungmann, Leichtmatrose, Matrose, Bootsmann, Offiziere usw., in der Maschine nennt man sie Schmierer, Heizer, Assistent, Storekeeper und Ingenieure. Du wirst die Hierarchie an Bord schnell genug kennenlernen...“
Er öffnet eine wasserdichte, und wie ich sofort merke, auch schalldichte Tür nach mittschiffs. Lärm, Hitze und Ölgeruch schlagen uns entgegen. Ich hebe meine Füße, ziehe den Kopf ein und befinde mich auf einem Gitterrost, wie auf einem Balkon, hoch über metallenen Monstermaschinen, deren Funktion mir völlig unbekannt ist. Eine steile Treppe mit 2 glänzenden Handläufen führt vor meinen Füßen in die Tiefe. Schmidchen drängt sich zu mir auf das Podest und schließt das Schott (Tür). Obwohl alles vor Sauberkeit glänzt, liegt ein feiner Ölfilm auf allem, der uns beim Laufen leicht gleiten lässt. Er zeigt nach oben: „Das ist der Schornstein! Da hängt der Max (chinesischer Wäscher) seine Wäsche zum Trocknen auf.“ Ich stelle lieber keine Frage. Schornstein, Wäsche, Max. In Bayern hängt man Speck und Schinken in den Schornstein. Das gibt das gute Schwarzgeräucherte. Und hier Wäsche? Will der mich verarschen?
Und der Koch in der Kombüse…
„Das dicke Rohr dort ist der Auspuff der Hauptmaschine, die dünneren die Abgasrohre der Hilfsdiesel.“ „Hilfsdiesel? Sind das Ersatzmotoren?“ „Nein, die Hilfsdiesel erzeugen den Strom. Für Beleuchtung, Rudermaschine, die Winden...“ Dann sind da noch die Luftansaugrohre der verschiedenen Maschinen.“ Ich sah wohl, was er meinte, aber in diesem Wirrwarr von Leitungen blickte ich nicht mehr durch. „Vor dem Schornstein, die offenen Glasfenster, das sind die Maschinenoberlichter. Sie dienen zur Entlüftung des Maschinenraumes.“ Ich hätte sie eher für Frühbeetfenster gehalten... Die Wärme hier drinnen tut mir gut. Fast ist es schon zu warm.
„Jetzt stehen wir auf der oberen Zylinderstation“, ruft er. Von den gitterartigen Rosten wie von einem Balkon umgeben, thronen da vor mir sechs runde, fassartige Dinger von wohl einem Meter Durchmesser, die Zylinderköpfe. Fußgroße Muttern halten sie über armdicke Stangen, die bis zum Schiffsboden gehen, mit dem Rest der Maschine verbunden. Kupferleitungen gehen in alle Richtungen. „4600 PS hat der Oimel.“ Ich staune. An der Wand hängen zwei eigenartige Gebilde: Ersatzkolben, Ersatzpleuel, Führungskolben... Und das alles lässt sich zerlegen... Müssen ganz schön stark sein, die von der Maschine! Mittlere Maschinenstation. Große Metallplatten verschließen die Seiten der Maschine. Dünne und dicke Rohrleitungen laufen im Zickzack nach überall hin oder kommen von wo her. Gegenüber nehmen die elektrischen Schalttafeln eine ganze Wand ein. Voltmeter, Amperemeter, runde Skalen, eckige, längliche. Hoffentlich blickte wenigstens der Bordelektriker da noch durch! „Da darf von Deck keiner dran!“, belehrt er mich. Von hier geht der Saft nach überall hin. Siehst du da? Luke 1, Luke 2 und so weiter.“
Wir umrunden das Maschinenmonster und schlittern weiter nach unten, Schmidchen mir voraus. Ich sehe, dass er sich mit beiden Händen auf den Handläufen gleiten lässt und mache es ihm nach.
Drei der sechs Zylinder
Langsam bekomme ich den Trick raus. Nur nicht die Hände dabei verbrennen! „Untere Maschinenstation“, kündet mein Führer an. „Das hier ist der Fahrstand. Von hier aus wird der Motor gesteuert.“ Dass ein Schiff gesteuert wird, verstehe ich noch. Aber den riesigen Motor? „Da ist der Maschinentelegraf, wie auf der Brücke. Damit wird von oben durchgegeben, wie die Maschine zu laufen hat. Schnell, langsam, stop oder rückwärts. Daneben hängt ein Telefon, neben diesem ein Messingmundstück mit einer Pfeife als Stöpsel. Bei Stromausfall bläst man auf der Kommandobrücke da rein, hier unten pfeift es. Du ziehst den Pfeifenstöpsel heraus, hältst dein Ohr dran und hörst, was die da oben melden! Im Maschinenraum ist Brüllen Pflicht. Sonst verstehst du gar nichts.“ Das wäre etwas für meinen Vater, kommt es mir. Um uns herum eine Vielzahl von Handrädern, Ventilen, Hebeln, Manometern und Geräten, von denen Schmidchen bestimmt auch nicht alles weiß... Wir umrunden den Stahlkoloss.
Eine 40 Zentimeter starke glänzende Welle läuft von der Maschine durch einen niedrigen Tunnel nach achtern zur Schraube. „Wenn du da durchgehst, kommst du bei uns hinten wieder raus.“ Tanks, Pumpen für Wasser, Luft oder Öl, Batterien von Druckluftflaschen, vier Hilfsdiesel mit Generator, jeder wohl mit 10 Zylindern, füllen den riesigen Raum und lassen ihn fast eng erscheinen. Irgendwo treffen wir auch den wachhabenden Assistenten, der mit einer Ölkanne und Twist (Putzwolle) bewaffnet seine Abschmierrunde geht. „Warte nur, bis wir auf See sind; dann ist der Krach dreimal so stark!“, schreit Schmidchen zu mir herüber. Wir machen uns wieder an den Aufstieg: 3 Etagen, um wieder an die Eingangstür zu gelangen. Inzwischen schwitze ich etwas. Meine Ohren dröhnen noch weiter, selbst als die Tür schon zu ist. Bin ich froh, an Deck angeheuert zu haben, und nicht in der Maschine...
„Hast du noch Lust, die Kommandobrücke zu sehen?“, fragt er. „Streife dir aber gut die Schuhe auf der Matte ab, um kein Öl in den Gängen zu hinterlassen.“ Selbst unsere Handflächen waren etwas ölig. Also noch drei Stockwerke hinauf. Auf dem ersten, dem Promenadendeck, wohnen seitlich die Offiziere und Ingenieure. Vorne befindet sich, über die ganze Schiffsbreite, der Salon, ein Saal mit Sofas, Sesseln und einer Bar. Wir sehen das nur durch die Glastür. „Das ist für uns tabu!“, meint Schmidchen. Daneben liegt der Speisesaal für die Schiffsleitung und dahinter die Pantry des Stewards. Im Deck darüber, dem Bootsdeck, wohnt an Backbord der Chief Ingenieur, mittschiffs der Kapitän, an Steuerbord der Erste Offizier. In diesem Niveau befinden sich auch die Rettungsboote. Noch