Ricarda Huch: Deutsche Geschichte 2 Zeitalter der Glauben-Spaltung - Band 2 - bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch
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Der Kampf um das Bistum Brixen zeigt, wie weit die fürstlichen Ansprüche sich hervorwagten, und welche Anstrengungen die Kirche machen musste, um ihre alte Macht zu behaupten. Bereits war dem Staat mancher Vorstoß in die Festung der kirchlichen Rechte gelungen, und zwar gerade von Seiten besonders kirchlicher Fürsten. So hatten Ferdinand und Isabella, die sich die katholischen Könige nannten, als wären sie es in einer bestimmteren Art als andere, die spanische Kirche in hohem Grad von sich abhängig gemacht, und von dem sehr kirchlichen Herzog Georg von Sachsen wird die Äußerung berichtet, er sei in seinem Land Papst, Kaiser und Deutschmeister. Ähnlich soll sich der Herzog von Cleve ausgesprochen haben, und sicher war dies das geheime Ziel aller Staatsmänner. Während sie es zu erreichen suchten, indem sie irgendeine Gelegenheit benützten, in eine zufällige Lücke zu schlüpfen, kämpfte Gregor von Heimburg grundsätzlich. Er fuhr fort, den Primat des Papstes zu bestreiten, und riss einige Fürsten, sogar geistliche, mit sich fort. Erzbischof Jakob von Trier verlangte ein Konzil, um einen Druck auf den Papst auszuüben; nach seinem Tod setzte Dietrich von Erbach, Erzbischof von Mainz, seine Politik fort, unterstützt und angespornt durch den Heidelberger Martin Mayr, seinen Kanzler. Die Ausschreibung eines Ablasses durch den Papst verstärkte die Opposition; denn die Beschwerden, die man gegen den Papst hatte, betrafen zumeist die finanzielle Ausbeutung, und deren ertragreichstes Mittel waren neben den Annaten die Ablässe, die von Zeit zu Zeit verkündet wurden.
Jakob von Eltz, eigentlich Jakob von und zu Eltz, auch Jakob zu Eltz (* 1510 auf Burg Eltz bei Münstermaifeld; † 4. Juni 1581 in Trier), war von 1567 bis zu seinem Tode 1581 als Jakob III.
Dietrich von Erbach (1434-1459) Mainzer Erzbischof
Getragen von der allgemeinen Entrüstung, schrieb Martin Mayr im Jahr 1457 einen Brief an Enea Silvio Piccolomini, in welchem er das Wesentliche, was die deutsche Nation dem Papst vorwarf, in 10 Punkte zusammenfasste.
Enea Silvio Piccolomini (1405–1464), einer der bedeutendsten Humanisten und Diplomaten der Frührenaissance, wurde 1458 zum Papst gewählt.
Sie betrafen die Eingriffe des Papstes in die Wahl der Prälaten, deren Freiheit durch Dekrete des Konstanzer und Baseler Konzils gesichert war, übertriebene Geldforderungen wie die durch Ablässe, Türkensteuer und über das festgesetzte Maß hinausgehende Annaten, schließlich Eingriffe in die Gerichtsbarkeit, indem der Papst alle Prozesse vor sein Tribunal zu ziehen suchte. Wenn diese Missbräuche nicht abgestellt würden, werde es zum Abfall von Rom kommen.
Dieser Brief Martin Mayrs hätte noch größere Wirkung ausgeübt, wenn der Druck damals schon erfunden gewesen wäre; aber unter den Gebildeten wurde er verbreitet und ist denkwürdig als das erste halböffentliche Dokument, das die Beschwerden der Deutschen gegen den Papst aufzählte. „Tausend Schliche werden ersonnen“, hieß es in dem Brief, „wie der Römische Stuhl uns Barbaren das Geld auf eine feine Art aus dem Beutel ziehen kann. Unsere ehemals so berühmte Nation, die mit ihrer Tapferkeit, ihrem Blut das Römische Reich zusammengebracht hat und die Herrscherin und Königin der Welt war, ist jetzt in Armut gestürzt, Sklavin und zinsbar geworden.“ Wenn sich Martin Mayr an Piccolomini wandte, geschah es wohl deshalb, weil man wusste, welchen Einfluss er im Interesse des Papstes auf den Kaiser ausgeübt hatte, und weil er unter allen Italienern der einzige war, der die deutschen Verhältnisse gut und aus eigener Anschauung kannte. Piccolomini gab zu, dass die Deutschen dem Heiligen Stuhl Geld darbrächten, sie aber hätten von Rom den christlichen Glauben empfangen. Wer habe dem andern mehr gegeben?
Zu so höhnischer Antwort berechtigte Piccolomini die Bestechlichkeit der Fürsten. Sowohl Trier wie Mainz ließen sich die Opposition abkaufen, wenn nur genug gezahlt wurde. Es gelang in diesem Fall dem Markgrafen Albrecht Achilles, den Mainzer für den Kaiser und damit für den Papst zu gewinnen, Martin Mayr ging zum Pfalzgrafen über, der in der Hoffnung, römischer König zu werden, die Opposition weiterführte.
Dietrich von Isenburg (* 1412, † 1382)
Ein Jahr schon, nachdem Martin Mayr seinen berühmten Brief erlassen hatte, wurde Piccolomini Papst; noch ein Jahr später starb Dietrich von Erbach, und Dietrich von Isenburg, der neugewählte Erzbischof, nahm den von seinem gealterten Vorgänger aufgegebenen Kampf gegen Papst und Kaiser wieder auf. Zum Zeichen seiner Gesinnung nahm er Gregor von Heimburg in seinen Dienst, der damals die Sache Siegmunds von Tirol gegen den Papst vertrat. Weite Kreise im Reich verfolgten die große Auseinandersetzung im kleinen entlegenen Tirol mit lebhafter Teilnahme, die Verfluchung Heimburgs, seinen Appell an ein künftiges Konzil und alle Freunde unschuldig durch eine gewalttätige Übermacht Verfolgter. Auf mehreren Tagungen ballte sich die Opposition so mächtig zusammen, dass ein entscheidender Schlag bevorzustehen schien; aber wieder gelang es Papst und Kaiser, die Front der Gegner aufzulösen, namentlich dadurch, dass sie den Gegensatz zwischen Pfalz und Böhmen benutzten, die beide nach der Königskrone strebten. Der Erzbischof von Mainz wurde zur Strafe entsetzt und zog die Stadt Mainz, die ihm treu blieb, mit in seinen Fall.
Eine gesonderte Opposition von Reichsfürsten kam seitdem nicht mehr zustande; anstatt dessen wurden, nachdem die Kirchenreform ganz von der Reichsreform getrennt worden war, die Beschwerden gegen den Papst, auf lateinisch Gravamina, ein Gegenstand der Beratung auf allen Reichstagen. Den Reichstag zu Nürnberg des Jahres 1501 beschäftigte der vom Papst ausgeschriebene Jubiläumsablass. Trotz der Anwesenheit des päpstlichen Legaten ging der Beschluss durch, dass der Ablass nur dann verkündet werden dürfte, wenn das erzielte Geld im Reich bliebe.
Maximilian war auch in seinem Verhältnis zur Kirche ganz von seinem Vater verschieden. Unterordnung unter den Papst lag ihm fern. Kirchlich war er insofern, als er ein Freund der Tradition war und das Verbindende alter, durch lange gemeinsame Übung geweihter Gebräuche fühlte; so hat er die Ausstellung des Heiligen Rockes von Trier erneuert. Im Papst sah er vor allen Dingen den italienischen Fürsten, der eine erhebliche Rolle in der abendländischen Politik spielte und ihm in seinen Kriegen mit Frankreich und in Italien böse Streiche anzetteln konnte. Das Gewicht, das dem Papst seine Ausnahmestellung immer noch gab, war ihm oft sehr im Weg. Als Fürst und Kaiser hatte er Sinn genug für die staatlichen Rechtsansprüche, um eine Beschränkung der kirchlichen Eingriffe zu wünschen, und als ständiger Reichstagsbettler sah er ungern den Strom des deutschen Geldes nach Rom fließen. Indessen war es eine heikle Sache, in der man behutsam vorgehen musste und über die er sich zunächst einmal mit seinen Vertrauten besprach. Des Wortes mächtig, wie er war, liebte er es, mit seinen Humanisten über die großen Fragen der Zeit zu reden.