Schaum-Welt-Komfort. Paul-Heinz Schwan

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Schaum-Welt-Komfort - Paul-Heinz Schwan Begleittext zu Peter Sloterdijk Sphären Band III: Schäume

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      Der Haushalt des Wissens gerät durch unaufhörliche Invasionen der Intelligenz ins Verborgene in Bewegung: d. h. für die Tradition: das den Menschen die Ankunft der Gegenstände nicht auf einmal enthüllt werden sollten. Das Explizite knüpft am Impliziten an, wird eine Geschichte, eine Erzählung, vom Druck ausführlicher Erwähnung und Entwicklung entlastet, nicht schon im nächsten Augenblick abrufbar,

      nicht vom Diskursregime mobilisiert.

      Wo sie anspruchsvoll wird, trägt sie einen Namen: Phänomenologie: Gegenstände treten in Erscheinung und machen sich bereit für die logische Würdigung. Der Zeitpfeil des Denkens strebt auf höhere Explizitheit zu, mobilisiert die Argumente, der epistemische Zeitgeist hat zum Einsatz gerufen. Die wahre Geschichte des Wissens hat die Form des Phänomen-Werdens von vormals Nichterschienenem – des Übergangs vom Unbeleuchtetem in Beleuchtendes oder von Schattengegebenheiten in Vordergrund-Thematik. Reales Wissen: So nennen wir die Diskurse, die die lange Nacht der Implikationen durchlebt haben und sich im Tag des Thematisch – Ausgebreiteten tummeln.

      Der Glaube des alteuropäischen Wissenszuwachses stützte sich auf die Unterstellung, dass das spätere Wissen nichts anderes ausbreitet als das, was in den frühen Implikationen mitgegeben war. Phänomenologen verbreiteten die gute Nachricht, es gäbe kein Außen, dem nicht ein Inneres entspräche, kein Fremdes das nicht durch Aneignung ins Unsere eingearbeitet werden könnte. Noch im 15. Jhdt dachte Nikolaus von Kusanus an die Symmetrie von „Gott in einem Punkt“ bis zu „Gott als Entfaltung der All-Kugel“ und seinem menschlichen Mit-Denken-Können auf dieser großen Analogie.

      Wo der Optimismus in der alten Zeit den Ton angab, war man von der Verträglichkeit des neuen Wissens mit dem alten, erprobten, bewährtem überzeugt. Wie aber, wenn sich zeigen ließe, das mit dem Explizitwerden des Impliziten zuweilen etwas völlig eigensinniges, Fremdes, Andersartiges, etwas nie Mitgemeintes, nie Erwartetes und nie zu Assimilisierendes ins Denken eindringt? Wenn nicht mehr zutrifft, das das Subjekt im Neuen „zu sich“ käme? Ein bis zuletzt Fremdbleibendes, Äußeres, Ungeheures in die Ordnung des Wissens eindringt?

      Ungeheures erscheint

      Der Haushalt des Wissens gerät durch unaufhörliche Invasionen der Intelligenz ins Verborgene in Bewegung: d. h. für die Moderne: alles Explizit machen, mitgerissen vom Strom der vom Hintergrund in den Vordergrund fließt, heißt Forschung. In dieser Zeit sah sich die Phänomenologie als Rettungsdienst für die Phänomene in einer Zeit, in der die Erscheinungen nicht von selbst auffällig werden.

      Nun fällt etwas nicht mehr „von selbst“ ins Auge, sondern wird durch Forschung, invasive Explikationen; Messungen, Maschinen, künstliche Sensoren, zur Sichtbarkeit befördert. Jetzt werden die Sachverhalten zum Erscheinen genötigt: wie etwa die anatomischen Tatsachen die seit dem 16. Jhdt kein Humanismus mehr in das runde Bild vom lesenden Menschen zu integrieren vermochte oder Mikroskope und Teleskope – zwei Höllenmaschinen fürs Auge- die die Vergrößerung –neben der Kartografie- als Erstschlagskapazität der Explikation ermöglichte, durch welche die bisher unsichtbare Welt unter Bildzwang gesetzt wird.

      Noch bleibt eine Zeitlang die Suggestion intakt, das Wissen könne die Welt bewohnen wie der Bürger seine Villa. Aber all diese Neusichtbarkeiten: der aufgeschnittene menschliche und tierische Körper, Zellkerne, Atompilze, Innenansichten von Maschinen, Röntgenaufnahmen, Computertomografien, galaktische Fotografien…treten in die menschliche Wahrnehmung ein, als ob sie nur eine Fortsetzung der Unverhülltheit der ersten Tagesnatur wären: Sie sind es nicht!

      Sie sind durch einen ontologischen Graben getrennt von der naturwüchsigen, umsichtig-duldsamen Erkenntnisbereitschaft menschlicher Umblicke in mehr oder weniger vertrauten Umständen. All das ist nicht –zumindest nicht für den ursprünglichen- menschlichen Wahrnehmungsapparat bestimmt.

      Für dessen „Woher“ findet die Moderne unterschiedliche Erklärungen: aus dem Unbewussten oder der Latenz (dem „Schlaf“); aus dem Unwissen; aus der Verborgenheit in den Innenseiten des Faltenwurfs der Erscheinungen; oder aus irgendeiner anderen Fassung des kognitiven Noch-Nicht.

      Infolge dieser Invasion sind das menschliche Gehirn, das menschliche Genom und die menschlichen Immunsysteme so theatralisch auf die epidemische (verbreitete) Bühne gestellt worden, das ihre Bildungs- und Sensationsmöglichkeit die „Modernen“ ständig in Atem hält. Diese Themen weichen so erheblich von dem ab was die idealistische Philosophie Selbstreflexion genannt hat so das die Vorstellung absurd wäre, diese Vorgänge seien Ausfluss menschlicher Bestimmungen.

      Die neuen Besitztümer können nie in unser Eigentum übergehen, weil uns für alle Zeiten nichts fremder ist als die „eigene“ explizit gemachte Biomechanik.

      Aber, jedes Vordergründigwerden von lange Latentem hat immer seinen Preis.

      Denn das Streben nach Erkenntnis liegt ja seit Aristoteles offensichtlich in der Natur des Menschen.

      Man mag dem 20.Jhdt. alles Üble nachsagen –nur nicht, dass es den Preis für solche Verfremdungen nicht gezahlt hätte. Keine andere Epoche kann eine so weit getrieben Expertise vorweisen in der Kunst, die Existenz von ihren vitalen Prämissen her zu vernichten.

      Auf der Kehrseite werden die konstruktiven Erhaltungsbedingungen kultureller Räume sichtbar: technisch, künstlich, gestaltbar. Alles muss ausgehandelt werden, jeder und keiner will aber ein Wörtchen mitreden.

      Wir sind nie revolutionär gewesen

      Vor und nach 1917 tauschten oben und unten nicht die Plätze, nichts was auf dem Kopf stand wurde auf die Füße gestellt, nirgendwo wurden die Letzten die Ersten, nichts wurde umgewälzt nichts im Kreis gedreht. Vieles hat sich getan was aber eher für Paul Valerys These klingt: Die Franzosen - und eo ipso die Modernen hätten aus der Revolution eine Routine gemacht. Der wahre und wirkliche Grundbegriff der Moderne lautet nicht Revolution, sondern Explikation. Das ist für unsere Zeit der wahre Name des Werdens –dem man die herkömmlichen Modi des Werdens durch Drift, durch Nachahmung, durch Katastrophe und kreative Rekombination nachordnen oder zur Seite stellen kann.

      Das gegenwärtige Zeitalter wälzt die Dinge, die Zustände, die Themen nicht um:

      Es walzt sie aus. Es übersetzt das Monströse ins Alltägliche. Es erfindet Verfahren, um Unerhörtes ins Register des Realen einzubauen; es schafft die Tasten, die den Benutzern leichten Zugriff auf bisher Unmögliches erlauben. Es sagt den Seinen: Ohnmacht gibt es nicht; was du nicht kannst, kannst du lernen. Zu Recht heißt es das technische Zeitalter.

      In den folgenden Kapiteln werden einige Kapitel aus der Katastrophengeschichte des 20. Jhdt repetiert um zu zeigen, durch welche Kämpfe und welche Traumata der menschliche Aufenthalt in atembaren Milieus zu einem Gegenstand expliziter Kultivierung hat werden müssen. Alle Wert-,Tugend-, Diskursethiken müssen hohl bleiben, solange sie nicht in die Klimaethik übersetzt sind. Ist der Terror der Vater der Wissenschaft von den Kulturen?

      poetische einleitung luftbeben

       gaskrieg oder: atmoterroristische muster

      das 20. jahrdt brachte die praxis des terrorismus

      das konzept des produktdesigns den umweltgedanken

      daneben inkommensurable leistungen in den künsten

      terrorismus stellte die interaktion

      zwischen

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