Schaum-Welt-Komfort. Paul-Heinz Schwan

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Schaum-Welt-Komfort - Paul-Heinz Schwan Begleittext zu Peter Sloterdijk Sphären Band III: Schäume

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tritt aus dem schatten

      die gute nachricht

      es gbt kein außen ohne inneres

      kein fremdes das nicht ein unseres würde

      aber wehe wenn explizitwerden

      eigensinniges andersartiges nie mitgemeintes

      nie erwartetes nie zu assimilisierendes

      ins denken eindringt

      das subjekt im neuen nicht „zu sich“ käme?

      fremdbleibendes ungeheures

      das wissens kaum genießbar macht?

      etwas nicht mehr „von selbst“ ins auge fällt

      nur forschung messungen maschinen künstliche sensoren

      sichtbarkeit beförderten

      zellkerne atompilze rötgenaufnahmen

      computertomographien galaktische photographien

      alles keine natur der ersten tage

      sie sind es nicht!

      gräben trennen es von menschlichen umblicken

      in vertraute umstände

      woher all das

      aus dem unbewußten dem schlaf dem unwissen der verborgenheit

      oder aus irgendeinem noch-nicht

      unser gehirn unser genom unser immunsysteme

      stehen auf epedemischen bühnen

      die „modernen“ außer atem gehalten gebracht

      das 20.jhrdt. zahlt den preis für verfremdung

      keine epoche zeigt eine solche expertise

      in der kunst vitale existenzprämissen zu vernichten

      die kehrseite macht sie sichbar:

      die erhaltungsbedingungen kultureller Räume

      technisch künstlich gestaltbar alles muss verhandelt werden

      jeder kann und keiner will ein wörtchen mitreden

      es gab kein revolution:

      oben und unten tauschten nicht die Plätze

      nichts wurde vom kopf auf die füße gestellt

      nirgendwo wurden die letzten die ersten

      nichts wurde umgewältzt nichts im kreis gedreht

      nicht revolution eher routine in explikation

      werden ist auch katastrophe

      unser zeitalter walzt zustände aus

      das monströse ins alltägliche

      tasten bahnen leichten zugriff auf bisher unmögliches

      das zeitalter sagt den seinen:

      ohnmacht gibt es nicht

      was du nicht kannst kannst du lernen

      PROLOG Schaumgeborenheit

      Schäume sind Träume: hier wurden zwei Arten von Nichtigkeit gleichgesetzt. Eine Unterwanderung des Soliden durch das Unhaltbare. So haben nicht nur die Akademiker in Platons Nachfolge gedacht. Ein populärer Biedersinn machte Front gegen Schaumiges, Leichtes, Allzu-leichtes.

      Zwischen der klassischen Metaphysik alles habe im runden Welt-Kosmos seinen festen Platz und dem volksontologischen Alltag, in dem streng darüber gewacht wird, das alle ihren Platz einhalten, herrschte über tiefe Differenzen hinweg von alters her ein Einvernehmen, das man den ernsten Charakter an seiner Schaumverachtung erkenne. Alles um den Schaum herum war Verrat am festen, seriösen, bestehenden, vererbbarem. Am Schaum konnte kein Strick halten und wer auf Gott vertraut der hatte nicht auf flüchtigen Sand gebaut. Das konnte man nur auf Felsen, wenn man selber einer war.

      Schaum, eine reale Gegebenheit, jedoch ein berührungsscheues Gebilde, das sich beim leisesten Zugriff aufgibt und zerplatzt. Durch Zuschlag von Luft verliert ein Flüssiges, ein Festes seine Dichte; was eigenständig, homogen, solide schien, verwandelt sich in aufgelockerte Strukturen. Er deutet an, dass unter ungeklärten Umständen das Dichte, Kontinuierliche, Massive einer Invasion durch das Hohle erläge.

      Schaum ist also„Luft an unerwarteter Stelle“

      Doch die Rache des Soliden lässt nicht lange auf sich warten. Sobald die mischende Agitation zu Stehen kommt, fällt die Schaumherrlichkeit schnell in sich zusammen.

      Des Nachts geben die Menschen den Phantomen Kredit, in der Dämmerung den Utopien; doch kommt die Wachwelt und die Morgensonne, „zerfließt's wie eitel Schaum“. (Heinrich Heine)

      Auch die Materie, die fruchtbare Matrone, die an der Seite des Logos ein ehrbares Leben führt, durchleidet eine hysterische Krise und wirft sich der erstbesten Illusion in die Arme. Enttäuschung ist also garantiert, wo Schaum aufquillt. Den Schäumen fehlt alles, was mit den achtunggebietenden Sphären des Dauerhaft-Gültigen in Verbindung gebracht werden durfte.

      Heraklits Mahnung dem Gemeinsamen zu folgen, wurde ein Weltalter lang als Aufforderung wahrgenommen, sich fernzuhalten vom Nächtlichen und Nur-Privaten, dem Traumhaften und Schaumhaften, diesen Agenten des Un-Gemeinsamen, Unöffentlichen, Unweltlichen.

      Und doch: mit Hegel kam eine neue Mehrwertigkeit in den Blick. Ist er, der Schaum, das Lufthaltige, nun der Dritte, der die binäre (zweiseitige) Idiotie überwinden konnte? Ein Mittleres zwischen Geist und Stoff? Etwas zwischen den Extremen?

      Schaumdeutung

      Im Weltbildwandel des 19. und 20. Jahrhunderts -der sogenannten „Moderne“- konnten Träume und Schäume nicht auf ihren hinteren Plätzen bleiben. Das gehört zur intimen Signatur dieser neuen Zeit.

      Die Wiener Psychoanalyse entdeckte die Träume als Königsweg zum Unbewussten. Eine Subversion des Ernst-Systems und des Schwergewichtigen. Ein Vorgang von Kultur-umstürzender Tragweite. Nun werden kaum bemerkte Zeichen lesbar, die privatesten Einfälle, Tics, Ausschläge und Fehlleistungen in subversive Bedeutungsvermutungen gestellt. Das Unbedeutende konnte mit dem Bedeutenden alte Rechnungen begleichen. Jetzt sind Träume keine Schäume mehr.

      In seinem Gefolge gelang eine umfassende Theorie der Moderne: von den Intentionen eines nichtverfälschten Nietzsche; den Entfaltungen der Husserlschen Impulses; vom Perspektivismus des 19'wie von der Chaostheorie des 20'Jhdt; von der Promotion des Surrealen wie von der Erhebung des Atmosphärischen zur Theoriewürde; von der Mathematisierung des Unscharfen, den gekerbten Strukturen, den unregelmäßigen

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