Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika Teil 4. Rudolf Cronau
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Dass die Deutschamerikaner in vielen Städten eigne, ganz nach deutschem Muster eingerichtete Schulen gründeten, wurde bereits erwähnt. Viele standen und stehen noch unter der Leitung tüchtiger, meist in Deutschland ausgebildeter Pädagogen, wie Rudolf Dulon, Adolf Douai, Hermann Dorner, Emil Dapprich, Otto Schönrich, Hermann Schuricht, Heinrich Scheib, Georg Adler, Julius Sachs, Maximilian Großmann, G. A. Zimmermann, Rudolf Solger, H. H. Fick und andere.
Eine dieser Erziehungsanstalten, die von Peter Engelmann gegründete „Deutsch-Englische Akademie“ zu Milwaukee, erhielt eine höhere Mission durch ihre Verbindung mit dem „Deutsch-Amerikanischen Lehrerseminar“, dessen Stiftung von dem im Jahre 1870 entstandenen „Deutsch-Amerikanischen Lehrerbund“ beschlossen wurde. Und zwar aus folgenden Gründen:
1 Die deutschamerikanische Jugend braucht deutschamerikanische Erzieher.
2 Die zweisprachige Schule, die Schule der Zukunft, fordert für die Vereinigten Staaten Lehrer, die im Deutschen und Englischen gleich vollkommen ausgebildet sind.
3 Die deutsche Pädagogik, die Pädagogik der Humanität, bedarf solcher Vertreter, denen diese Wissenschaft, diese Kunst zu Fleisch und Blut geworden ist. Solche Lehrer und Erzieher muss das Seminar des Lehrerbundes bilden, wenn es seine Aufgabe richtig erfasst hat.
Bei der Gründung des Seminars traf man folgende Bestimmungen: „Dass der deutschamerikanische Lehrerbund den Lehrplan für das Seminar und die Seminarschule festsetzen, und dass nur mit seiner Einwilligung derselbe abgeändert werden darf, sowie dass im Seminar nur Wissenschaft von ihrem jeweiligen Standpunkte aus zu lehren ist, nicht aber Glaubenssätze, und dass Geistliche darin nie Lehrer sein können.“
Die Eröffnung dieses durch freiwillige Beiträge des Deutschamerikanertums unterhaltenen Seminars erfolgte im Jahre 1878. Der Unterricht ist kostenfrei. Der Lehrplan sichert den Seminaristen eine gründliche Ausbildung auf allen Gebieten. In politischen und religiösen Fragen herrscht die weitestgehende Toleranz. Ein einziger Gedanke leitet die Anstalt: aus ihren Zöglingen echte Schulmänner zu machen.
In der mit dem Seminar verbundenen „Deutsch-englischen Akademie“ bietet sich den vorgeschrittenen Seminaristen Gelegenheit, sich für ihren Beruf praktisch auszubilden. Außerdem besteht ein Abkommen mit den Schulbehörden der Stadt Milwaukee, demzufolge die Seminaristen auch in den öffentlichen Schulen, wo deutscher Unterricht erteilt wird, sich täglich eine Stunde lang im Ausüben ihres künftigen Berufs betätigen können.
So ist das deutschamerikanische Lehrerseminar eine Musteranstalt, die nicht nur dem Deutschamerikanertum zur Ehre gereicht, sondern durch die stete Aussendung vorzüglich ausgebildeter Lehrkräfte in hohem Grade befruchtend auf das Bildungs- und Erziehungswesen der Vereinigten Staaten wirkt.
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Hier geginnt Teil vier dieses Bandes:
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Deutschamerikanische Schriftsteller
Deutschamerikanische Schriftsteller
Gegenüber den achtunggebietenden Beiträgen, die das Deutschtum der Vereinigten Staaten auf fast allen Gebieten menschlicher Tätigkeit zur neuweltlichen Kultur lieferte, wollen seine Leistungen auf literarischem Gebiet verhältnismäßig gering erscheinen. Trotzdem mehr als 250 Jahre verflossen sind, seitdem Deutsche in die Neue Welt einzogen, kann man weder das Vorhandensein einer bestimmt ausgeprägten deutschamerikanischen Literatur, noch das Vorhandensein eines deutschamerikanischen Schriftstellerstandes behaupten. Literarische Größen gleich einem Gustav Freitag, Victor Scheffel, Paul Heyse, Friedrich Spielhagen oder Hermann Sudermann sind aus dem Deutschamerikanertum bisher nicht hervorgegangen. Die Deutschamerikaner sind mit sehr wenigen Ausnahmen nur Literaten aus Liebhaberei; weshalb die ihren Federn entsprungenen Werke auch nur vereinzelte Leistungen geblieben sind. Damit soll keineswegs gesagt sein, dass es den Deutschamerikanern an Begabung zu literarischem Schaffen fehle. Die Gründe für die verhältnismäßig geringe Zahl deutschamerikanischer Literaturwerke sind anderswo zu suchen.
Zunächst in dem beklagenswerten Umstand, dass die amerikanische Regierung sich bis zum Jahre 1909 nicht bereitfinden ließ, den Schutz, welchen sie jeder im Auslande gemachten technischen oder gewerblichen Erfindung, jedem Arbeitserzeugnis gewährt, in gleichem Umfang auch auf die geistigen Erzeugnisse fremdländischer Schriftsteller auszudehnen.
Bis zum Jahre 1893 waren sämtliche im Auslande erscheinenden Literaturwerke in den Vereinigten Staaten vogelfrei und konnten von jedermann nachgedruckt werden. Im Jahre 1893 kam ein Copyrightgesetz zustande, welches fremdländischen Schriftstellern Schutz für ihr geistiges Eigentum zugestand, sofern sie gewisse Bedingungen erfüllten. Die wichtigste schrieb vor, dass das betreffende Werk zur gleichen Zeit, wo seine Veröffentlichung im Auslande erfolgte, auch in den Vereinigten Staaten erscheinen müsse. Und zwar gedruckt von Typen und Platten, die in den Vereinigten Staaten hergestellt und gesetzt sein mussten.
Diese, lediglich die Interessen der amerikanischen Setzer und Drucker berücksichtigende Bedingung, die seitens der ausländischen Verleger aus finanziellen und technischen Gründen äußerst selten erfüllt werden konnte, machte den scheinbar gewährten Schutz völlig illusorisch. Infolgedessen konnte nach wie vor die gesamte Masse der im Auslande erzeugten Literatur seitens der amerikanischen Verleger und Zeitungsherausgeber kostenlos ausgebeutet werden.
Während der anglo-amerikanische Schriftsteller in seinem Erwerb Schutz empfing, indem man die im Auslande in englischer Sprache gedruckten Bücher mit sehr hohen Einfuhrzöllen belastete, blieb der deutschamerikanische Schriftsteller ohne solchen Schutz. Seine Produktion wurde erstickt durch die ungeheure Masse der in Deutschland und in anderen Reichen erzeugten Literatur, deren Schöpfungen, mochten es Bücher oder in Zeitungen veröffentlichte Romane und Aufsätze sein, in Amerika nachgedruckt werden konnten, ohne dass an ihre Urheber Honorare bezahlt werden mussten.
Unter solchen Umständen war die Existenzmöglichkeit deutschamerikanischer Berufsschriftsteller ausgeschlossen. Da sie für ihre Werke nur selten Verleger finden und klingende Erfolge erzielen konnten, so waren sie, um ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, genötigt, sich in die Tagespresse zu flüchten. Wie viele Genies in dieser beim Erledigen der täglichen Routinegeschäfte verkümmerten, wer kann's sagen?
Nur wenigen blieb Zeit, in dem sie umbrausenden, ihre ganze Aufmerksamkeit und Kraft beanspruchenden Kampf des Lebens größere Werke zu schaffen. Glücklicher waren einzelne Ärzte, Gelehrte und Beamte, die im Besitz einträglicher Stellungen nicht auf Honorare zu sehen brauchten, sondern die Erzeugnisse ihrer Musse sogar auf eigene Kosten drucken lassen konnten.
Dass die Zahl solcher Werke keine große sein kann, versteht sich von selbst. Gegenüber der ungeheuren Menge billiger Nachdrucke der besten deutschen Werke ist sie verschwindend klein.
Trotzdem befinden sich unter den von Deutschamerikanern geschaffenen Werken, namentlich denjenigen geschichtlichen Charakters, manche, die wegen ihrer Auffassung und Darstellungsweise oder wegen ihrer auf sorgfältiger Quellenforschung beruhenden Angaben Beachtung und Verbreitung fanden.
Beispielsweise die acht Bände umfassende „Weltgeschichte“, welche von dem an den Aufständen in Baden beteiligt gewesenen Achtundvierziger Gustav von Struve während der Jahre 1850 bis 1860 in New York veröffentlicht wurde und wegen des streng demokratischen Standpunktes ihres Verfassers von Interesse ist.
Von Wert sind ferner Robert Clemen's „Geschichte der Inquisition“ (Cincinnati 1849); des Theologen Philipp Schaff „Geschichte der Christlichen Kirche“ (Mercersburg 1851), sowie „Amerika, seine