Geliebter Unhold. Billy Remie

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Geliebter Unhold - Billy Remie Chroniken der Bruderschaft 4

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zusammen. »Ich war zerstört von Trauer, Vaaks fand Trost bei Jin.« Er sah Siderius an, fest und entschlossen dieses Mal. »Ich liebe ihn, aber ich kann ihm nicht geben, was er will und braucht. Jin ist warmherzig, Jin ist wunderschön, Jin ist ein Mensch. Sie leben beide gleich lang, sie können gemeinsam alt werden. Es ist besser so.«

      Siderius verzog bedauernd die zarten, jungen Gesichtszüge. »Warum sagst du das? Was hat das damit zu tun? Ihr habt euch geliebt, was hat eure Abstammung damit zu tun?«

      »Dass ich es einfach nicht ertrage, zuzusehen, wie er ohne mich alt wird und Jahrhunderte vor mir stirbt, mich allein lässt, so wie mein Vater es getan hat.«

      Da verstand er endlich und wirkte schockiert, untröstlich. Aber wenigstens sprachlos.

      »Und nein«, erklärte Xaith endgültig, »sie waren nicht der Grund, weshalb ich von Zuhause wegging. Ich bin gegangen, um einen Weg zu finden, meinen Vater von der anderen Seite zurückzuholen. Nichts anderes hat noch eine Bedeutung ohne ihn, also lass uns weiter gehen!«

      Damit wandte er sich ab und schnalzte mit der Zunge, eher er an den Zügel zog und Baron wieder in Gang setzte, der es sich neben ihm schon recht gemütlich gemacht und ein Bein angewinkelt hatte.

      Ein paar Schritte noch, dann waren sie da.

      »So wie du es schilderst, ist Jin also dein Konkurrent.«

      »Ich dachte, wir waren uns einig, das Thema fallen zu lassen.«

      Siderius stolperte ihm hinterher. Wer auch immer dem Jungen das Laufen beigebracht hatte, der hatte auf ganzer Linie versagt. »Ich versprach, nicht mehr über Vaaks zu sprechen, von dem Rothaarigem war jedoch keine Rede.«

      »Du solltest Politiker werden.«

      Siderius ignorierte den Kommentar: »Warum zeichnest du ihn, wenn er dein Feind ist?«

      Kinder … sie sahen immer nur in Schwarz und Weiß. Feind? Das war ein hartes Wort, das Xaith tatsächlich nie gegenüber Jin gedacht hatte. Jin und er waren… er wusste nicht, was sie waren. Und genau das war die Wahrheit: sie waren Nichts.

      »Er hat ein ästhetisches Gesicht«, gab er knapp zur Antwort, »das sich wunderbar zeichnen lässt.«

      Xaith spürte förmlich das tiefe Stirnrunzeln des Jungen, aber immerhin hatte ihn die Grübelei zum Schweigen gebracht. Ein Künstler würde niemals einem Nicht-Künstler erklären können, warum er malte, was er malte – oder was in seinen Gedanken vor sich ging.

      »Da vorne ist es«, sagte Xaith, als sie aus dem Dickicht traten und auf eine Straße gelangten, die breit genug für Händlerwagen und große Reisegruppen war. Sie führte in eine kleine Ansammlung eines hufeisenförmigen Gehöfts. »Ortschaft« war dafür die falsche Bezeichnung, selbst ein Weiler war größer. Nein, es handelte sich vielmehr um einen sich selbst versorgenden Gasthof. Große Stallungen für die Pferde der Reisenden, Schankraum, über dessen Tür ein wackelndes Schild hing, auf dem ein schäumender Bierkrug abgebildet war. Zäune, Weiden, Ställe für Vieh, ein Gemüse- und Kräutergarten, Gästehaus, Wohnhaus, zwei Türme aus Holzbrettern, deren Schießscharten mit Luken verdeckt waren. Gewiss unterhielt der Wirt auch eigene Wachen, wobei es sich dabei vermutlich eher um kampfunerprobte Stallknechte handelte, denen man stumpfe Schwerter oder verbeulte Knüppel in die Hand drückte, um das Gemüt angetrunkener Gäste zu beruhigen und die Schankmägde zu schützen, die aber keineswegs eine echte Bedrohung für Marodeure darstellten, die Spaß am Brandschatzen und Vergewaltigen hatten.

      Xaith war schon einmal hier gewesen, für eine Nacht, daher wusste er das.

      Doch an diesem Tag war etwas anders, das roch und spürte er bereits, bevor sie die Straße entlang auf die Siedlung zugingen.

      »Da rauchts«, bemerkte Siderius, dabei hatte er die Stimme gesenkt.

      Sie tauschten einen ernsten, stummen Blick.

      »Bleib hier«, sagte Xaith und ging weiter.

      Er hörte Schritte auf Matsch und sah über die Schulter. Natürlich blieb Siderius nicht stehen, hatte nicht einmal gezögert.

      Nun gut, mehr als ihm zu sagen, dass er warten sollte, konnte Xaith nicht tun, er musste es selbst wissen.

      Über dem Eingang prangte ein großes Holzschild, auf dem der Name des Gasthofes eingeritzt war. Er stand dort in der Sprache der Elkanasai und in der Gemeinsprache. »Der rauchende Drache.«

      Was für eine Ironie. Oder nein, das war keine Ironie mehr, sondern bittere Grausamkeit.

      Rauch war das Stichwort, denn er stieg in unscheinbaren Säulen von den Viehstallungen und dem Gästehaus auf, wie von Glut und nicht mehr von züngelnden Flammen. Es war still, zu still, nicht einmal ein Tier war zu hören.

      Weil sie alle tot waren.

      Er wusste es, bevor er es sah, genauso wie Siderius es wusste, der ihm zögerlich folgte und doch nicht mit sicherem Abstand warten wollte. Es stank nach Tod, Unrat, verbranntem Holz, Stroh, Fell und Fleisch, ebenso nach angesengtem Haar. Ein beißender Geruch, der ihnen die Tränen in die Augen trieb, wie purer Pfeffer. Wobei er den Pfeffer bevorzugt hätte.

      Der erste Tote lag bereits um die Ecke, als sie den Hof betraten, und er sollte nicht der einzige sein. Ein junger Elkanasai, mit dem Gesicht voran im Dreck, die Waffe – ein Hufkratzer – noch in der Hand.

      Ein Stallknecht.

      Weitere Leichen lagen verstreut umher, verkrampft oder ausgestreckt. Sie waren noch nicht steif, das Blut auf dem Boden noch nicht getrocknet.

      Es sah nach einem Kampf aus, bei dem sich jeder gewehrt hatte, der Schweinestall war niedergebrannt, davor war die Schlachtbank blutig, Schweinsköpfe und Hufe lagen umher.

      »Räuber?«, fragte Siderius mit dünner, angeekelter Stimme.

      »Möglich.« Xaith ging weiter. Die Türen der Gebäude standen offen, einige Blutlachen zogen Schleifspuren vom Hof zum Zaun und verschwanden im Wald.

      Raubtiere, die nicht nur das Vieh gestohlen hatten, auch lecker duftende Leichen. Ein Festmahl für alle Bewohner des Urwaldes, die Reißzähne besaßen.

      Das Blut war alt und der Leichengeruch überdeckte den Duft der roten Flüssigkeit so gut, dass Xaith nicht in Versuchung kam. Blut schmeckte ohnehin nur gut, wenn es aus einem lebendigen Körper kam, von einem schlagendem Herzen.

      »Oder… «, Siderius stellte sich schluckend über eine ermordete Elkanasai, die schon so alt gewesen war, dass ihr einst schwarzes, geflochtenes Haar schneeweiß schimmerte und ihre spitzen Ohren viele Kerben aufwiesen, dennoch hatte sie gekämpft, der blutige Dolch in ihrer Hand bewies es. »Waren es die Getreuen deines Bruders?«

      Xaith schüttelte langsam den Kopf, auch er stand über einem reglosen Körper. Er erkannte ihn, den älteren Elkanasai, der Wirt, der hier mit seiner Familie und seinen Schwiegersöhnen und Töchtern eine Zuflucht für Reisende unterhalten hatte.

      »Riath schlachtet keine Unschuldigen ab.« Nicht ohne erheblichen Grund.

      Siderius sah Xaith zweifelnd an. »Aber er will dich aufhalten, dich in die Knie zwingen. Vielleicht wollte er hier alles niederbrennen, damit wir unsere Vorräte nicht auffüllen können.«

      »Das waren nicht Riaths

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