Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz". Franz Kugler
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Читать онлайн книгу Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz" - Franz Kugler страница 10
Eine günstige Gelegenheit zur Ausführung dieses Vorhabens schien sich bald darzubieten, indem der König im Mai 1730 mit seinen sämtlichen Prinzen und einer großen Menge der angesehensten Offiziere nach Sachsen ging, um an dem glänzenden Lustlager, welches der König von Polen und Kurfürst von Sachsen, August II., zu Mühlberg veranstaltet hatte, teilzunehmen.
August II., König von Sachsen und Friedrich Wilhelm II. von Preußen
Das phantastische Schaugepränge, mit welchem der preußische Hof hier aufgenommen wurde, übertünchte nur schlecht den drohenden Zwiespalt zwischen Vater und Sohn; auch wurde die aufgeregte Stimmung des Königs nur vermehrt, als er, nicht ohne guten Grund, wahrzunehmen glaubte, dass all diese prunkvollen Freundschaftsbezeugungen von Seiten des polnischen Königs nur leerer Schein waren, dass König August ihn hierdurch nur sicher zu machen suchte, während er selbst insgeheim die eifrigsten Ansprüche auf jene jülich-belgische Erbfolge geltend machte. Der Kronprinz Friedrich ließ indes den Kabinetsminister des Königs von Polen durch den Lieutenant von Katte um Postpferde für zwei Offiziere bitten, welche inkognito nach Leipzig zu reisen wünschten. Der Minister aber schöpfte Verdacht, teilte das Anliegen seinem Könige mit, und August, dem für jetzt das äußere gute Vernehmen mit dem preußischen Könige sehr wichtig war, drang dem Kronprinzen das Versprechen ab, seinen Vater wenigstens während des Aufenthaltes in Sachsen nicht zu verlassen. So war Friedrich vor der Hand zur Ruhe genötigt, und seine Ungeduld musste eine bessere Gelegenheit zu erhaschen suchen. Aber schon war für ihn bei längerer Zögerung größere Gefahr im Anzuge; denn unbedacht hatte er manch ein Wort über sein Vorhaben fallen lassen, und der König war gewarnt. Durch erneute Härte der Behandlung, selbst im sächsischen Lager, suchte dieser den Sinn des Kronprinzen zu beugen; natürlich aber brachte ein solches Verfahren nur die entgegengesetzte Wirkung hervor.
Inzwischen schien sich ganz plötzlich von einer anderen Seite die günstigste Aussicht zur Umgestaltung von Friedrichs peinlicher Lage zu eröffnen. Es ist bereits erwähnt worden, dass die kriegerischen Verhältnisse, in denen Friedrich Wilhelm gegen England gestanden hatte, im Anfange dieses Jahres beigelegt waren. Der englische Hof meinte diesmal die Versöhnung so aufrichtig, dass ein außerordentlicher Gesandter nach Berlin geschickt wurde, jene Doppelheirat aufs Neue zu beantragen und, wenn möglich, zum festen Abschluss zu bringen. Aber man wollte sich zugleich der wirklichen Freundschaft des Königs versichern und ihn aus den Intrigen der österreichischen Partei befreit wissen: Man verlangte zu dem Ende Grumbkows Entfernung vom Hofe, indem man durch vollgültige Zeugnisse die verräterische Verbindung desselben mit dem österreichischen Hofe darzutun imstande war. Bei so dringender Gefahr wandte die österreichische Partei alles an, um den König in seiner bisherigen Gesinnung festzuhalten, und es gelang nur zu gut. Der König vergaß sich persönlich gegen den englischen Gesandten, und dieser fand es mit seiner Würde unverträglich, die Unterhandlungen fortzusetzen. So erlosch dieser kurze Hoffnungsschimmer so schnell, wie er aufgetaucht war; dem König war neuer Anlass zum Groll gegeben, und der Kronprinz sah keinen anderen Ausweg aus diesem Labyrinthe vor sich, als beschleunigte Flucht.
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Sechstes Kapitel – Fluchtversuch
Sechstes Kapitel – Fluchtversuch
Nach wenigen Wochen bereits fand sich eine neue Gelegenheit, welche die Flucht des Kronprinzen besser zu begünstigen schien, als der Besuch im sächsischen Lager. Der König unternahm eine Reise nach dem südlichen Deutschland, auf welcher ihn Friedrich begleiten musste. Er hatte bei seinem Verdacht gegen den Kronprinzen längere Zeit geschwankt, ob es besser sei, ihn mitzunehmen oder zu Hause zu lassen; er hatte sich für das Erstere entschieden, weil er ihn unter seinen Augen besser beaufsichtigt glaubte; auch hatte er, um ganz sicher zu gehen, dreien der höheren Offiziere, die ihn begleiteten, den Befehl gegeben, diese Aufsicht zuteilen, so dass stets einer im Wagen des Kronprinzen neben diesem sitzen musste. Friedrich hatte indes im Einverständnis mit Katte – obgleich von diesem zu Anfange mehrfach abgemahnt – seine Maßregeln genommen. Schon aus dem sächsischen Lager hatte er an den König von England geschrieben und diesen gebeten, ihm an seinem Hofe Schutz zu gewähren. Doch war von dort eine sehr ernstlich abratende Antwort erfolgt. Nichts desto weniger blieb der Kronprinz bei dem Plane, über Frankreich nach England zu gehen. Katte sollte, sobald der Prinz ihm von seiner Entweichung Nachricht gegeben haben würde, voraus nach England flüchten und dort für seine Wünsche unterhandeln; er sollte zu dem Zwecke sich Urlaub unter dem Vorwande verschaffen, dass er auf Werbung gehen wolle. Zugleich waren ihm die Gelder, die Kleinodien, die Papiere des Kronprinzen anvertraut. Außer Katte war auch Keith in Wesel von dem Vorhaben des Kronprinzen unterrichtet worden, um dasselbe durch seine Teilnahme zu begünstigen. Am 15. Juli 1730 war die Reisegesellschaft von Berlin aufgebrochen und über Leipzig nach Anspach gegangen, wo der König seine zweite Tochter, die im vorigen Jahre mit dem jungen Markgrafen von Anspach vermählt worden war, besuchte. Schon hier suchte Friedrich Gelegenheit zu entkommen; wiederholt und dringend bat er seinen Schwager, ihm eins seiner besten Pferde, angeblich zu einem Spazierritte, anzuvertrauen; aber vorsichtig wich dieser der Bitte aus, denn schon war das Gerücht von Friedrichs Vorhaben von Berlin nach Anspach gedrungen, indem Katte, selbst in einem so kritischen Momente, es nicht über sich gewinnen konnte, seiner prahlenden Schwatzhaftigkeit Zügel anzulegen. In Anspach erhielt Friedrich einen Brief von Katte, worin ihm dieser meldete, dass er noch immer nicht den nachgesuchten Urlaub habe erhalten können; er bat ihn somit, seine Entweichung bis zur Ankunft in Wesel zu verschieben, von wo er ohnedies am schnellsten, über Holland, nach England würde entkommen können. Friedrich antwortete, dass er so lange nicht mehr warten könne; er sei entschlossen, in Gemäßheit des von dem Könige vorgeschriebenen Reiseplanes schon in Sinsheim, auf der Straße zwischen Heilbronn und Heidelberg, das Gefolge des Königs zu verlassen; Katte werde ihn unter dem Namen eines Grafen von Alberville im Haag treffen. Zugleich versicherte er nochmals, dass die Flucht gar nicht fehlschlagen könne, und dass, wenn man ihm nachsetzte, die Klöster auf dem Wege als sichere Zufluchtsörter betrachten seien. In der Hast aber, mit welcher Friedrich diesen Brief schrieb, vergaß er, ihn nach Berlin zu adressieren; er hatte nur darauf gesetzt: „über Nürnberg,“ und so ging der unselige Brief nach Erlangen, zu einem Vetter Kattes, welcher daselbst auf Werbung stand.
Von Anspach ging die Reise des Königs über Augsburg nach Ludwigsburg, wo man den Herzog von Württemberg besuchte. Von da wurde der Weg nach Mannheim eingeschlagen. Auf diesem Wege hatte man jenes, von Friedrich genannte, Sinsheim zu berühren.