Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz". Franz Kugler
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Читать онлайн книгу Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz" - Franz Kugler страница 15
Doch ließ es sich Grumbkow im Interesse der österreichischen Partei angelegen sein, eine wirkliche Versöhnung zwischen Vater und Sohn herbeizuführen. Der erste nähere Beweis der väterlichen Gnade war die Übersendung geistlicher Bücher und eines ermahnenden Briefes, welche im Mai erfolgte. Aber es währte noch ein paar Monate, ehe der König sich entschließen konnte, den Kronprinzen wiederzusehen. Endlich, am 15 August 1731, kam er bei Gelegenheit einer größeren Reise zum Besuche nach Küstrin. Er trat im Gouvernementshause ab und ließ den Kronprinzen aus seiner Wohnung zu sich berufen. Das Äußere des Sohnes hatte sich in dem verflossenen Jahre so verändert, dass schon der bloße Anblick dem Könige günstige Gesinnungen einflößen musste; die französische Leichtfertigkeit seines Benehmens war verschwunden und männlicher Ernst an deren Stelle getreten. Sowie der König den Kronprinzen erblickte, fiel ihm dieser zu Füßen. Der König ließ ihn aufstehen und stellte ihm nun in einer nachdrücklichen Rede noch einmal seine Vergehungen vor; er sagte ihm, wie ihn nichts so empfindlich berührt habe, als dass der Kronprinz kein Vertrauen zu ihm gehabt, da doch alles, was er zum Besten seines Hauses und seines Staates getan, nur für ihn geschehen sei; er habe nichts als die Freundschaft des Kronprinzen gewünscht. Der Letztere benahm sich bei dieser Rede und bei den Fragen, die der König an ihn über die Geschichte seiner Flucht Tat, und die er mit Aufrichtigkeit beantwortete, so zur Zufriedenheit des Vaters, dass ihm dieser alles Geschehene liebevoll vergab. Als der König endlich im Begriff war, die Reise fortzusetzen, und der Kronprinz ihn an den Wagen begleitete, umarmte er ihn vor allem Volk und versicherte ihm, dass er jetzt nicht mehr an seiner Treue zweifle, vielmehr weiter für sein Bestes sorgen wolle. Friedrich war von lebhafter Freude bewegt, ebenso das ganze Volk, welches sich um das Gouvernementshaus versammelt und in banger Erwartung auf den Ausgang der Unterredung geharrt hatte. Der nächste Erfolg dieser Versöhnung war der, dass der Kronprinz eine größere Freiheit erhielt, als ihm bisher gestattet war, obschon der König keineswegs die Absicht hatte, sofort alles auf den alten Stand zu setzen. Vielmehr gedachte er, in weiser Rücksicht auf das wahre Wohl des Sohnes, diesen die Lehrzeit in Küstrin möglichst gründlich vollenden zu lassen. Er musste den Sitzungen der Kammer nach wie vor beiwohnen, doch so, dass er neben dem Präsidenten zu sitzen kam, mit diesem zugleich unterschrieb und in allen Angelegenheiten sein Votum mit abgab. Zugleich sollte er die königlichen Domänen in der Umgegend Küstrins, in Gesellschaft eines erfahrenen Rates, bereisen und sich praktisch in den Dingen üben, die er bisher nur theoretisch erlernt. Ebenso ward für seine häusliche Bequemlichkeit gesorgt, er ward mit reicherer Garderobe versehen und erhielt eine Equipage zu seiner Verfügung.
Mit großem Eifer ergab sich der Kronprinz seinem erweiterten Berufe. Bei seinen Reisen nach den Ämtern ließ er es sich angelegen sein, sich über alle Einzelheiten der ökonomischen Verwaltung zu unterrichten; er gab dem Könige über alles Rechenschaft und bemühte sich, Vorschläge zu Verbesserungen und zur Vermehrung des Ertrages, wie sie ihm zweckmäßig schienen, vorzulegen. So trug er z. B. darauf an, dass aus dem einen Amte eine wüste Stelle urbar gemacht und ein Vorwerk darauf angelegt werden möchte, worüber er den detaillierten Anschlag einsandte; dass auf einem anderen Amte die verfallenen Wirtschafts-Gebäude in einer zweckmäßigeren Verbindung neu gebaut würden; dass auf einem dritten ein großer Bruch, der zum Wildstande unbenutzbar war, geräumt und für wirtschaftliche Benutzung gewonnen würde usw. Der König ging mit inniger Freude auf solche Vorschläge ein, suchte den Kronprinzen auf alles Einzelne, was dabei zu berücksichtigen sei, aufmerksam zu machen und durch diese Teilnahme seinen Eifer rege zu halten. Er hatte die Genugtuung, dass bald auch vonseiten der Männer, denen er die Beaufsichtigung Friedrichs anbefohlen, die vorteilhaftesten Berichte über die erfolgreiche Tätigkeit desselben einliefen. Zugleich versäumte der Kronprinz nicht, sich auch in minder wichtigen Dingen den Wünschen des Königs zu bequemen.
Ohne eigene Neigung zur Jagd, berichtete er von dem Wildstande, den er in den verschiedenen Gegenden vorgefunden, von den seltenen Tieren, die er bemerkt, von der Anzahl Sauen, die er selbst erlegt habe, usw. Auch ließ er, gewiss nicht ohne Absicht, in seinen Briefen manche Bemerkungen über soldatische Angelegenheiten einfließen, denn immer noch entbehrte er des höchsten Beweises der väterlichen Verzeihung, der militärischen Uniform. Endlich fehlte es auch nicht an erfahrenen Freundesstimmen, die durch klugen Rat dahin einwirkten, dass der Kronprinz sein persönliches Betragen in der Gesellschaft, namentlich in seinem Verhältnis zum Könige, immer mehr dem Wunsche und der Neigung des Letzteren gemäß einrichtete. Unter diesen Ratgebern ist besonders Grumbkow, in dieser Beziehung nur ehrenvoll, zu erwähnen.
In Berlin, in der königlichen Familie selbst, hatten unterdessen die Verhältnisse ebenfalls eine Gestalt gewonnen, welche Beruhigung nach so vielen Kümmernissen erwarten ließ. Die Prinzessin Wilhelmine hatte sich, obgleich die Mutter noch immer, wenigstens in Bezug auf sie, die Verbindung mit England unterhielt, endlich entschlossen, einem der Prinzen, welche ihr vom Vater vorgeschlagen wurden, ihre Hand zu geben.
Markgraf Friedrich, Erbprinz von Bayreuth
Unter drei Freiwerbern wählte sie, weil ihr die beiden anderen bekannt und widerwärtig waren, den einen, den sie nicht kannte, den Erbprinzen von Bayreuth, und sie hatte sich in Wahrheit über das Los, welches sie gezogen, nicht zu beklagen. Am 1. Juni war die Verlobung geschehen; die Vermählung erfolgte am 20. November desselben Jahres. Es ist zu bemerken, dass am Tage der Verlobung und am Tage der Vermählung, beide Male aber zu spät, ein englischer Kurier in Berlin angekommen war, der dem Könige sehr annehmliche Anträge über eine Verbindung der Prinzessin Wilhelmine mit einem englischen Prinzen gebracht hatte. Dass der Kurier beide Male zu spät kam, ließ indes an der Aufrichtigkeit Englands zweifeln.
Der König hatte seiner Tochter zum Dank für ihr Eingehen in seine Wünsche versprochen, dass die gänzliche Befreiung des Kronprinzen unmittelbar nach ihrer Hochzeit stattfinden solle. Der vierte Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten wurde von dem König durch einen großen Ball in den Prunkzimmern des Schlosses gefeiert, und es wurde eben ein Menuett getanzt, als der Kronprinz eintrat. Nicht bloß sein Benehmen, auch seine körperliche Erscheinung hatte sich in der langen Zeit seiner Abwesenheit geändert; er war größer und stärker geworden; in dem schlichten hechtgrauen Kleide, welches er auch jetzt noch trug, mischte er sich unbemerkt unter die Hofbedienten, die in der Nähe der Tür standen. Niemand außer dem König wusste um seine Anwesenheit; es währte geraume Zeit, ehe er erkannt wurde. Endlich ward die Königin, die beim Spiele saß, durch die Oberhofmeisterin von seiner Anwesenheit benachrichtigt; sie legte die Karten weg, ging ihm entgegen und schloss ihn in ihre Arme. Die Prinzessin Wilhelmine war außer sich vor Freude, als sie durch Grumbkow, mit dem sie gerade im Tanze begriffen war, die Ankunft des Bruders vernahm; aber