Die Steppe. James Fenimore Cooper

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Die Steppe - James Fenimore Cooper

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größte Ansehen zu besitzen schien, und auf ein gegebenes Zeichen bewegte sich der ganze Schwarm langsam und vorsichtig in gerader Linie vom Mittelpunkt und also nach allen verschiedenen Richtungen vorwärts. Die meisten ihrer dunkeln Gestalten verschwammen bald mit der braunen Decke der Wüste, wiewohl die Gefangenen, welche auf die geringste Bewegung ihrer Feinde mit wachsamem Auge Acht hatten, manchmal eine Menschengestalt bemerken konnten, die sich am Horizont hinzeichnete, wenn einer, eifriger als die übrigen, seine ganze Höhe darstellte, um die Grenzen seines Gesichtskreises zu erweitern. Aber nicht lange so schwand auch dieser flüchtige Schimmer von dem fortschreitenden und immer größer werdenden Zirkel, und Ungewißheit und Vermuthung kam, noch zur Furcht. So gingen mehrere angstvolle, traurige Minuten vorüber, während die Lauscher mit jedem Augenblick den Ruf der Angreifenden und das Geschrei der Überfallenen durch die Stille der Nacht zu hören erwarteten. Aber es wollte scheinen, als ob das Suchen, welches man so deutlich wahrnahm, ohne hinlänglichen Erfolg geblieben; denn nach einer halben Stunde kamen die Genossen der Bande einzeln, finster und lässig, wie Leute, deren Bemühung vergebens gewesen, wieder zurück.

      „Nun kommt die Reih' an uns," bemerkte der Streifschütz, der auf den geringsten Vorfall, aus das unbedeutendste Zeichen von Feindseligkeit unter den Wilden Acht gab; „wir werden jetzt ausgefragt und wenn ich anders weiß, was in unsrer Lage dienlich sein könnte, so möchte ich behaupten, es wäre gut, wenn wir einen aus uns wählten, der Antwort gibt, damit wir in unserm Zeugniß übereinstimmen. Und ferner, wenn die Meinung eines so alten, unbrauchbaren Jägers von achtzig zu berücksichtigen ist, dächte ich, der Mann müßte gerade der sein, welcher mit dem Charakter der Indianer am vertrautesten ist und auch etwas von ihrer Sprache versteht, — seid' Ihr mit der Sprache der Sioux bekannt, Freund?"

      „Kümmert Euch um Euren eigenen Honig," erwiederte der unwillige Bienenjäger; „zum Sumsen seid Ihr gut, wenn auch zu sonst nichts."

      „Die Jugend ist rasch und starrig," entgegnete der Streifschütz ruhig; „es war eine Zeit, junger Mann, wo mein Blut wie Eures war, zu schnell und heiß, um ruhig in den Adern zu fließen. Aber was nützt's, von thörichten Wagnissen und dummen Streichen in diesem Alter zu reden. Ein graues Haupt muß Besonnenheit, nicht die Zunge eines Prahlers einschließen."

      „Wahr, wahr," lispelte Ellen, „und wir müssen jetzt auf anderes gefaßt sein! Da kommt der Indianer uns seine Fragen vorzulegen."

      Das Mädchen, dem die Furcht die Sinne geschärft, hatte sich nicht getäuscht. Sie sprach noch, als ein schlanker, halb nackter Wilder sich der Stelle näherte, wo sie standen, welcher, nachdem er zuvor die ganze Gesellschaft so genau, als es das Dunkel erlaubte, langer als eine Minute in vollkommener Stille durchmustert hatte, den gewöhnlichen Gruß in den rauhen Kehllauten seiner Sprache vorbrachte. Der Streifschütz antwortete, so gut er konnte, was, wie es schien, gut genug war, und verstanden wurde. Um dem Vorwurf der Pedanterie zu entgehen, wollen wir den Inhalt, und nur so weit es möglich ist, die Form des Dialogs wieder geben.

      „Haben die blassen Gesichter schon all ihre Büffel gegessen, und all ihren Bibern die Häute abgenommen," fuhr der Wilde fort, nachdem er, wie es die Sitte verlangte, die gehörige Zeit nach seinem Gruß abgewartet hatte, ehe er wieder sprach, „haben sie schon alles aufgegessen, daß sie hierher kommen und zählen wollen, wieviel sich deren noch unter den Pawnee finden?"

      „Einige von uns sind hier, um zu kaufen, andere, zu verkaufen," erwiederte der Streifschütz, „aber keiner wird folgen, wenn sie hören, daß es nicht sicher sei, sich der Wohnung eines Sioux zu nähern.

      „Die Sioux sind Diebe, und wohnen im Schnee; warum sprechen wir von einem so entfernten Volk, wenn wir im Land der Pawnee sind?"

      „Sind die Pawnee die Eigenthümer dieses Landes, dann sind Weiße und Rothe mit gleichem Recht hier."

      „Haben die Blaß-Gesichter die rothen Leute nicht genug bestohlen, daß Ihr noch so weit herkommt, um uns eine Lüge zu bringen? Ich habe gesagt, dies ist Jagdgrund meines Stammes."

      „Ich hab' dasselbe Recht hier zu sein, als Ihr selbst," entgegnete der Streifschütz mit ungestörter Ruhe; „ich spreche nicht so, wie ich könnte. — Es ist besser zu schweigen. Die Pawnee und die weißen Leute sind Brüder, aber ein Sioux darf sein Gesicht nicht in einem Dorf der Wölfe zeigen."

      „Die Dahcotah [Ein anderer Name der Sioux.] sind Männer!" rief der Wilde stolz und vergaß in seinem Zorn, die Rolle beizubehalten, die er angenommen hatte, da er die Benennung gebrauchte, auf die seine Nation am meisten stolz ist; „die Dahcotah kennen keine Furcht; sprecht, was bringt Euch so weit von den Dörfern der blassen Gesichter?"

      „Ich sah bei manchen Berathschlagungen die Sonne aufgehen und sinken, und habe nur Worte weißer Männer gehört. Laßt Eure Häuptlinge kommen, und mein Mund soll ihnen nicht verschlossen sein."

      „Ich bin ein großer Häuptling," sagte der Wilde, und gab sich das Ansehn beleidigter Würde; „haltet Ihr mich für einen Assiniboine! Weucha ist ein oft genannter Held, dem man viel vertraut."

      „Bin ich ein Thor, daß ich einen verbrannten Teton [Teton, wie Dahcotah, eine andere Benennung der Sioux] nicht erkennen sollte!" fragte der Streifschütz mit einer Festigkeit, die seinem Muth alle Ehre machte. „Geht; es ist dunkel, und Ihr seht nicht, daß mein Haupt grau ist."

      Der Indianer schien jetzt überzeugt, daß er eine zu platte List gebraucht, um einen so erfahrnen Mann, wie der, mit dem er sprach, zu täuschen; und bedachte jetzt, welche andre Erdichtung er erfinden sollte, um seinen Zweck zu erreichen, als eine geringe Bewegung unter der Bande all seinen Plänen mit einemmal ein Ende machte. Er warf seine Augen hinter sich, als fürchte er eine schnelle Unterbrechung, und sagte in einem weit weniger anmaßenden Tone als früher:

      „Gebt Weucha die Milch der Lang-Messer, [Er hatte es also bei seiner Verstellung auf eine Plünderung der Gefangenen abgesehen.] und er wird Euern Namen in die Ohren der Helden seines Stammes singen."

      „Geht," sagte der Streifschütz, und wieß ihn mit Unwillen fort; „Ihr jungen Leute sprecht von Mahtoree [Der Anführer der Sioux], meine Worte sind für die Ohren eines Häuptlings."

      Der Wilde warf einen Blick auf ihn, worin ungeachtet der geringen Helle, unversöhnliche Feindschaft nicht zu verkennen war. Er stahl sich dann weg unter seine Gefährten, voll Angst, den Betrug und die Verrätherei, der er sich durch eine beabsichtigte Zueignung eines Theils der Beute schuldig gemacht, vor dem Mann zu verbergen, den der Streifschütz eben genannt hatte, und der jetzt herankam, wie er aus dem öftern Nennen des Namens Mahtoree unter der Bande merken konnte. Er war kaum verschwunden, als ein Krieger von kraftvollem Bau aus dem dunkeln Kreise herauskam, und sich vor die Gefangnen stellte, mit der hohen, stolzen Haltung, die einen indianischen Häuptling immer so sehr auszeichnet. Ihm folgte der ganze Haufen, und stellte sich, in tiefem, ehrfurchtsvollem Schweigen, um ihn herum.

      „Die Erd' ist groß," begann der Häuptling nach einem Schweigen voll Würde, die sein Zerrbild so schlecht nachgemacht hatte. „Warum können die Kinder meines weißen Vaters nie Raum genug darauf finden?"

      „Einige von ihnen hörten, ihre Freunde in den Steppen brauchten gar manches," entgegnete der Streifschütz, „und kommen, um zu sehen, ob es wahr ist. Manche von ihnen dagegen brauchen, was die rothen Leute gern verkaufen, und so kommen sie, ihre Freunde mit Pulver und Decken zu bereichern."

      „Setzen Kaufleute mit leeren Händen über den Fluß?"

      „Unsere Hände sind leer, weil Eure Jünglinge dachten, wir wären ermüdet, und uns unserer Last entledigten. Sie irrten sich, ich bin alt, aber stark."

      „Es kann nicht sein. Euer Gepäck fiel in die Steppen. Zeigt meinem jungen Volk die Stelle, daß sie es wegnehmen,

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