Die Steppe. James Fenimore Cooper
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„Ich hab' Recht," antwortete der Bienenjäger, „ein Panther treibt eine Heerde vor sich hin, oder die Thiere mögen sich ein Treffen liefern."
„Eure Ohren sind Betrüger," erwiederte der alte Mann, welcher, sobald seine eigenen Organe die entfernten Töne aufzuhaschen im Stande waren, wie eine Statue dagestanden hatte, welche die Aufmerksamkeit darstellen soll. — „Die Sprünge sind zu lang für den Büffel und zu regelmäßig für Flucht. Hst; jetzt sind sie auf einem Boden, wo das Gras hoch ist, und der Schall gedämpft; nun kommen sie auf kahles Land — da, sie kommen die Anhöhe herauf, Verderben über uns — sie werden hier sein, ehe ihr ein Obdach finden könnt!"
„Komm, Ellen," rief der Jüngling, und ergriff seine Gefährtin bei der Hand, „laß uns einen Versuch nach dem Lager machen."
„Zu spät, zu spät," rief der Streifschütz, „denn die Kerl sind schon vor uns, und nach ihrem diebischen Blick und der wilden Art zu reiten, ist's eine blutige Bande verdammter Sioux."
„Sioux oder Teufel, sie sollen uns als Männer finden," sagte der Bienenjäger mit einer so stolzen Miene, als ob er an der Spitze einer Mannschaft von übermäßiger Stärke und von gleichem Muth, wie er, stünde. „Ihr habt ein Gewehr, Alter, und werdet wohl einen Schuß für ein hülfloses Christenkind thun."
„Nieder, nieder in's Gras — nieder mit euch beiden," lispelte der Streifschütz, und bedeutete sie, nach der Seite zu dem hohen, Gestrüpp, das nahe der Stelle, wo sie standen, dichter als gewöhnlich wuchs. „Ihr habt nicht Zeit zu fliehen, noch Leute zu fechten, thörichter Junge. Nieder in's Gras, wenn das Mädchen, wenn Euer eigenes Leben einen Werth für Euch hat."
Sein Rath, begleitet, wie er war, durch schnelles, kräftiges Handeln, verfehlte nicht, sich Gehorsam für das zu verschaffen, was ihr Zustand jetzt so gebietend zu erheischen schien. Der Mond war hinter eine Schichte dünner, wolliger Wolken getreten, die den Horizont umdüsterten, und ließ gerade so viel von seinem blassen flimmernden Lichte übrig, um die Gegenstände sichtbar zu machen, dunkel ihre Formen und Verhältnisse enthüllend. Der Streifschütz hatte es wirklich — er übte den Einfluß über seine Genossen aus, den gewöhnlich Erfahrung und Entschlossenheit in Nothfällen geben — dahin gebracht, daß sie sich tief in dem Gras verbargen, und er selbst ward durch den schwachen Mondschein in Stand gesetzt, den ungeordneten Trupp zu überschauen, der wie eben so viele Rasende gerade auf sie zuritt.
Ein Haufen von Wesen, die eher Dämonen, als einer Streifhorde, in ihren nächtlichen Zügen über die schwarze Ebene glichen, näherte sich ihnen in der That auf eine furchtbare Weise und in einer Richtung, die wenig Hoffnung übrig ließ, daß nicht wenigstens einige von ihnen über die Stelle kommen würden, wo der Streifschütz und seine Genossen verborgen lagen. Manchmal wurde das Klappern der Hufe vom Nachtwind ganz hörbar ihnen zugetragen, und dann war ihr Zug wieder durch das Gestrüpp des Herbstgrases nicht zu vernehmen und still, was noch viel zur Vermehrung des Geisterhaften und Ueberirdischen ihrer Erscheinung beitrug. Der Streifschütz, der seinen Hund zu sich gerufen, und ihn zur Erde niedergedrückt hatte, kniete jetzt ebenfalls in das Gras nieder und richtete ein wachsames, festes Auge auf den Zug der Bande, beschwichtigte die Furcht des Mädchens und dämpfte in demselben Augenblick die Ungeduld des Jünglings.
„Wo einer ist, da sind gleich dreißig von den Wichten," sagte er als Episode zu seinen lispelnden Ermahnungen; „ah, sie wenden sich gegen den Fluß; — still, — Bursch, — still — nein, da kommen sie gerade hierher — die Kerl scheinen ihren eigenen Weg nicht zu wissen. — Wären wir nur etwa unserer sechs, Junge, was für eine prächtige Canonade wollten wir auf sie machen, von hier aus — es geht nicht, es geht nicht; duckt Euch besser, Junge, sonst sieht man Euren Kopf, — Auch bin ich nicht ganz gewiß, ob es recht wäre, da sie uns kein Leid gethan. Da wenden sie sich wieder zum Fluß — nein, hier kommen sie dem Hügel herauf — nun ist der Augenblick, so still zu sein, als ob der Athem seine Schuldigkeit gethan und den Körper verlassen habe."
Die Gestalt des alten Mannes fiel in's Gras, während er noch sprach, gleich als wenn die endliche Trennung, worauf er eben angespielt, bei ihm wirklich vorgegangen wäre, und im nächsten Augenblick fuhr eine Bande wilder Reiter an ihnen vorbei, mit der geräuschlosen Schnelligkeit, womit etwa ein Trupp Gespenster vorüber gehen würde. Die dunkeln, schnellen Gestalten waren schon verschwunden, als der Streifschütz sein Haupt, mit den Spitzen des geneigten Gestrüpps gleich, zu erheben wagte und zugleich seine Genossen bedeutete, ihre Lage und Stille ferner zu beobachten.
„Sie sind den Hügel hinunter nach dem Lager," fuhr er fort mit seiner früheren behutsamen Stimme; „nein, sie halten unten im Grund und stecken die Köpfe zusammen, wie Rehe, wenn sie Rath halten. Bei Gott! sie kehren um, und wir sind das Ungeziefer noch nicht los!"
Nochmals suchte er sein freundliches Lager, und alsbald sah man den dunkeln Trupp unordentlich oben auf dem Gipfel der kleinen Erhöhung reiten. Es ward jetzt offenbar, sie waren zurückgekommen, sich der Anhöhe zu bemächtigen, um den dunkeln Horizont von da zu untersuchen.
Einige stiegen ab, während andere hin- und herritten, wie wenn man eine Gegend mit großer Sorgfalt erforscht. Zum Glück für die Versteckten diente das Gras, worin sie verborgen waren, nicht allein dazu, sie den Augen der Wilden zu verdecken, sondern hinderte auch ihre Pferde, welche nicht weniger roh und unbändig als ihre Reiter waren, sie in ihrem ungeregelten und wilden Lauf zu treten.
Endlich rief ein, athletischer und finsterblickender Indianer, der nach seinem gebietenden Aeußern der Führer schien, seine Häuptlinge zu einer Berathung zusammen, die zu Pferde gehalten ward, Diese Versammlung kam dicht an der Grenze des Gebüsches zusammen, worin der Streifschütz und seine Genossen lagen. Als der junge Mann aufblickte, und die drohende, stolze Gruppe sah, welche mit jedem Augenblick durch eine Gestalt anwuchs, die scheinbar noch herausfordernder als eine von den vorigen war, nahm er aus einem sehr natürlichen Antrieb sein Gewehr neben sich und setzte es allmählich in Stand zu schnellem Gebrauch. Das Mädchen an seiner Seite hüllte ihr Antlitz in's Gras, aus einem, wo möglich ganz eben so natürlichen und ihrem Geschlecht und Thun angemessenen Gefühl; und ließ ihn den Eingebungen seines heißen Blutes folgen, aber sein bejahrter und vorsichtigerer Rathgeber sagte ihm ernst in's Ohr: „Das Knacken des Schlosses ist den Burschen so gut bekannt, als der Ton der Trompete dem Soldaten. Legt nieder die Flinte, nieder; sollte der Mond den Lauf treffen, so würden die T — l sie gewiß sehen, ihre Augen sind so scharf, wie die der schwärzesten Schlange! Die geringste Bewegung würde uns sicher einen Pfeil bringen."
Der Bienenjäger gehorchte in so weit, als er unbeweglich und still blieb. Aber sein Gefährte sah noch so viel, um sich an den zusammengezogenen Braunen und dem drohenden Blick des jungen Mannes zu überzeugen, daß eine Entdeckung den Wilden keinen unblutigen Sieg verschaffen würde. Als er seinen Rath nicht geachtet sah, nahm der Streifschütz seine Maßregeln darnach und erwartete den Ausgang mit einer Ergebung und Ruhe, die so sehr in seinem Charakter lagen.
Mittlerweile hatten die Sioux (denn der Scharfblick des alten Mannes betrog ihn in Hinsicht seines gefährlichen Besuchs nicht) ihren Rath geendet, und zerstreuten sich wieder nach allen Seiten der Anhöhe, als ob sie etwas Verborgenes suchten.
„Die Schelme haben den Hund gehört," lispelte der Streifschütz, „und ihre Ohren sind zu treu, um sich wegen der Entfernung zu betrügen. Lieg' fest, Junge, lieg' fest, nieder mit dem Kopf bis zur Erde, wie ein Hund der schläft."
„Laßt