Die Eissphinx. Jules Verne
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Das war ja gar nicht annehmbar, und bei weiterer Ueberlegung sagte ich mir, daß seine Handlungsweise weder von Phantasie noch von Laune dictiert sei. Zog der Kapitän Len Guy seine Weigerung zurück, so leitete ihn sicher ein gewisses Interesse zu dem Wunsche, mich als Passagier zu haben. Meiner Ansicht nach rührte dieser Sinneswechsel – ich wußte das, wie durch eine Art Offenbarung – von den Aeußerungen her, die ich über Connecticut und die Insel Nantucket hatte fallen lassen. Inwiefern das für ihn Interesse haben konnte, das mir zu erklären, überließ ich ruhig der Zukunft.
Meine Vorbereitungen waren bald beendigt. Ich gehöre übrigens zu den praktischen Reisenden, die sich nicht mit Gepäckstücken überlasten, und würde eine Reise um die Erde mit einer Geldkatze an der Seite und einem Kofferchen in der Hand unternehmen. Meine hauptsächlichsten Effecten bestanden in den Pelzsachen, deren man bei Seefahrten durch die hohen Breiten nicht entrathen kann. Schon wenn man den südlichen Theil des Atlantischen Oceans bereist sind derartige Vorsichtsmaßregeln ein Gebot einfacher Klugheit.
Am anderen Morgen, dem 15., verabschiedete ich mich schon vor Tagesanbruch von dem wackeren, würdigen Atkins. Ich hatte die Aufmerksamkeit und das Zuvorkommen meines Landsmannes nur zu loben, der sich nach den Desolationsinseln verbannt hatte, wo er mit den Seinigen im ganzen glücklich und zufrieden lebte. Der dienstfertige Gastwirth schien sich durch den Dank, den ich ihm aussprach, sehr geschmeichelt zu fühlen. In Vertretung meiner Interessen hatte er es nun eilig, mich an Bord zu wissen, da er noch immer fürchtete – so drückte er sich aus – daß der Kapitän seit gestern »seine Halsen gewechselt haben könne«. Er wiederholte mir das eindringlich und gestand zu, daß er in der Nacht mehrmals aus Fenster getreten sei, um sich zu überzeugen, daß die »Halbrane« noch inmitten des Hafenbeckens vor Anker liege. Von dieser Unruhe – die ich keineswegs theilte – wurde er nicht eher befreit, als bis das Morgenroth am Himmel glühte.
Meister Atkins wollte mich an Bord begleiten, um dem Kapitän Len Guy und dem Hochbootsmann ein Lebewohl zu sagen. Am Quai wartete ein Boot, das uns beide nach der Falltreppe der Goëlette beförderte, die sich bei der Ebbeströmung schon gedreht hatte.
Der erste, dem ich auf dem Verdeck begegnete, war Hurliguerly. Er warf mir einen triumphierenden Blick zu, der mir deutlich sagte:
»Na, da sehen Sie's ja! Unser Kapitän, der erst so große Schwierigkeiten machte, hat Sie schließlich doch aufgenommen. Wem anders verdanken Sie das, als der braven Theerjacke von Hochbootsmann, der Ihnen bestens gedient und seinen Einfluß nicht überschätzt hatte!«
Ob es sich so verhielt?... Ich hatte alle Ursache, das nicht ohne starke Reserve anzunehmen. Doch gleichviel; die »Halbrane« sollte jetzt die Anker lichten und ich befand mich glücklich an Bord.
Der Kapitän Len Guy erschien fast sofort auf dem Deck. Ich dachte gar nicht daran, mich zu verwundern, daß er meine Anwesenheit kaum zu bemerken schien.
Die Arbeiten zur Abfahrt hatten begonnen, die Segel waren aus ihren Hüllen genommen und Drissen und Schoten zurecht gebracht. Auf dem Vordertheil überwachte der Lieutenant das Drehen des Gangspills, und der Anker mußte bald aus dem Wasser auftauchen.
Da trat Meister Atkins an den Kapitän Len Guy heran und sagte mit verbindlicher Stimme:
»Auf Wiedersehen im nächsten Jahre!
– Wenn es Gott gefällt, Herr Atkins!«
Damit drückten sich beide die Hände. Dann faßte auch der Hochbootsmann noch kräftig die des Gastwirths vom »Grünen Cormoran«, den das Boot nach dem Quai zurückbeförderte.
Um acht Uhr, als der Ebbestrom am mächtigsten war, hißte die »Halbrane« ihre unteren Segel, nahm Halsen an Backbord, manövrierte so, um aus dem Becken von Christmas-Harbour bei einer leichten Nordbrise herauszukommen und wendete sich, auf freiem Wasser angelangt, nach Nordwesten.
Mit den letzten Stunden des Nachmittags verschwanden die weißen Gipfel des Table-Mount und Havergal, zweier Bergspitzen, die sich, die eine auf zwei-, die andere auf dreitausend Fuß über die Meeresfläche erheben.
Viertes Capitel
Von den Kerguelen nach der Prinz Eduard-Insel
Vielleicht noch nie gestaltete sich der Anfang einer Seefahrt so glücklich! Und – ein ganz unerwarteter Umstand – statt daß ich bei einer unbegreiflichen Weigerung des Kapitän Len Guy noch einige Wochen in Christmas-Harbour festgelegen hätte, führte mich jetzt ein günstiger leichter Wind weit von der Inselgruppe und bei kaum bewegtem Meere mit der Geschwindigkeit von acht bis neun Meilen in der Stunde hinweg.
Das Innere der »Halbrane« entsprach ihrem Aeußeren – überall, im Ruff wie im Volkslogis, herrschte die peinliche Sauberkeit einer holländischen Galeote.
Am Vordertheil des Deckhauses, an der Backbordseite, befand sich die Cabine des Kapitän Len Guy, der durch ein aufschlagbares Glasfenster das Deck überwachen und seine Befehle den Wachposten, die zwischen Groß- und Fockmast standen, nöthigenfalls unmittelbar ertheilen konnte. Am Steuerbord wiederholte sich dieselbe Einrichtung für den Lieutenant. Beide verfügten über ein schmales Matratzenlager, einen mäßig großen Wandschrank und hatten in jeder Cabine einen im Fußboden befestigten Tisch und eine Schwebelampe, die über verschiedenen nautischen Instrumenten, einem Barometer, einem Quecksilber-Thermometer, einem Seechronometer und über einem Sextanten hing, der aus dem Ausschnitte seines eichenen Kastens nur herausgenommen wurde, wenn der Kapitän eine Höhenbeobachtung anstellen wollte.
Zwei andere Cabinen waren in das Hintertheil des Deckhauses eingebaut, das im mittleren Theil noch einen Raum hatte, worin sich zwischen Holzbänken mit beweglichen Rücklehnen die Speisetafel befand.
Eine dieser Cabinen war zu meiner Aufnahme eingerichtet. Sie wurde durch zwei Fenster erhellt, deren eines nach der Seite des Deckhauses, das andere nach dem Hintertheile des Schiffes zu lag. Hier stand der Steuermann am Rade des Ruders, worüber sich das untere Rundholz des Gaffelsegels bis einige Fuß über die Schanzkleidung des Sternes hinaus erstreckte.
Meine Cabine maß acht zu fünf Fuß. An die unvermeidliche Beschränkung auf einem Seeschiffe gewöhnt, brauchte ich weder mehr Raum, noch eine reichlichere Ausstattung desselben. Diese bestand hier aus einem Tische, einem Wandschranke, einem Rohrlehnstuhle, einer Toilette auf Eisenfüßen und einer Lagerstatt, über die sich wohl der weniger fügsame, magerste Passagier beklagt hätte. Jetzt handelte es sich ja aber nur um eine kurze Ueberfahrt, da mich die »Halbrane« an Tristan d'Acunha absetzen sollte. Ich bezog also die enge Cabine, die mich nur vier bis fünf Wochen lang beherbergen sollte.
Beim Fockmast und nahezu in der Mitte war die Küche angebracht, die außerdem durch kräftige Seisinge festgehalten wurde. Noch weiter nach vorn lag, mit einer kleinen Treppenkappe, die mit einer großen Wachsleinwanddecke verhüllte Luke, von der aus eine Leiter nach der Mannschaftswohnung und dem Zwischendeck hinabführte. Bei schlechtem Wetter wurde dieser Eingang hermetisch abgeschlossen, so daß auch kein übergenommenes Wasser eindringen konnte, wenn die Wogen sich an den Wangen des Fahrzeugs brachen.
Die acht Mann der Besatzung hießen: Martin Holt (Segelmeister). Hardie (Kalfatermeister); Rogers, Drap, Francis, Gratian, Burry und Stern (Matrosen von fünfundzwanzig bis fünfunddreißig Jahren). Alle Engländer von den Küsten des Aermel- und des St. Georges-Canals, waren sie tüchtige und erfahrene Seeleute und unter einer eisernen Hand von bemerkenswerth guter Disciplin.
Hier sei aber gleich hinzugefügt, daß der Mann mit außergewöhnlicher Energie, dem sie auf ein Wort, auf einen Wink gehorchten, nicht der Kapitän der »Halbrane« war, sondern deren zweiter