Die Eissphinx. Jules Verne

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Die Eissphinx - Jules Verne

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der gleichzeitig nach dem Fahrpreis nicht groß fragte.

      Eine Stunde später traf ich mit dem Gastwirth auf dem Quai zusammen und theilte ihm mit, was ich erfahren hatte.

      »Ah, dieser verteufelte Hurliguerly, rief er da, der bleibt doch immer der alte! Seinen Reden nach müßte man glauben, daß der Kapitän sich nicht die Nase putzte, ohne ihn erst um Rath zu fragen! Na, es ist eben ein drolliger Kauz, der Hochbootsmann, mein Herr Jeorling. Weder bösartig, noch dumm, zieht er doch dem Gottseibeiuns die Dollars gern aus der Tasche. Fallen Sie ihm in die Hände, dann Gnade Ihrem Geldbeutel! Knöpfen Sie ja Weste und Hosentasche zu und lassen Sie sich nicht übers Ohr hauen!

      – Danke für den guten Rath, Atkins! Doch sagen Sie, haben Sie mit dem Kapitän schon gesprochen, schon etwas ausgemacht?

      – Noch nicht, Herr Jeorling. Dazu haben wir Zeit. Die »Halbrane« ist ja kaum eingelaufen und hat sich vor ihrem Anker noch nicht einmal nach dem Ebbestrom gedreht.

      – Mag sein... doch... Sie begreifen, daß ich baldmöglichst wissen möchte, woran ich bin.

      – Nur ein wenig Geduld!

      – Es drängt mich aber zu erfahren, wie die Sache steht.

      – O, Sie haben nichts zu fürchten, Herr Jeorling!... Das macht sich schließlich ganz allein! – Und wenn's die »Halbrane« nicht wäre, kommen Sie auch nicht in Verlegenheit. In der Fangzeit wird Christmas-Harbour bald mehr Schiffe zählen, als rings um den »Grünen Cormoran« Häuser stehen. Verlassen Sie sich getrost auf mich; ich stehe für Ihre Einschiffung ein!«

      Das waren freilich auch nur schöne Worte, von dem Hochbootsmann auf der einen und von Meister Atkins auf der andern Seite. Trotz ihrer Versprechungen beschloß ich, mich selbst an den, wenn auch noch so unzugänglichen Kapitän Len Guy zu wenden und ihm mein Anliegen vorzutragen, sobald ich seiner allein habhaft werden konnte.

      Diese Gelegenheit bot sich erst am folgenden Tage. Ich war immer am Quai auf und ab gegangen, betrachtete mir den Schooner, ein auffallend gebautes, doch gewiß recht schönes Schiff. Das ist auch nothwendig in diesen Meeren, wo man Eisbergen zuweilen noch diesseits des fünfzigsten Breitengrades begegnet.

      Es war am Nachmittage. Bei meiner Annäherung an Kapitän Len Guy bemerkte ich, daß er mir gern ausgewichen wäre.

      In Christmas-Harbour versteht es sich von selbst, daß sich die kleine Fischerbevölkerung kaum erneuert. Einzelne Einwohner der Kerguelen mögen wohl gelegentlich auf Schiffen, die in dieser Jahreszeit hier in großer Zahl eintreffen, Dienste nehmen, um fehlende oder davongelaufene Mannschaften zu ersetzen. Im Grunde verändert sich die Bevölkerung aber nicht, und der Kapitän Len Guy mußte gewiß alle Bewohner hier kennen.

      Einige Wochen später, wenn die ganze Fischerflotte ihre Besatzungen nach den Quais gehen ließ, wo dann bis zur Beendigung der Saison ein ungewohntes Leben und Treiben herrschte, hätte er sich wohl täuschen können. Heute aber, im Monat August, lag die »Halbrane«, die sich den außergewöhnlich milden Winter zunutze gemacht hatte, allein mitten im Hafen.

      Es war demnach unmöglich, daß der Kapitän Len Guy in mir nicht einen Fremden gewittert hätte, selbst wenn der Hochbootsmann und der Gastwirth ihm mein Anliegen noch nicht vorgetragen hatten.

      Seine Haltung verrieth mir augenblicklich nur, daß ihm mein Gesuch entweder schon mitgetheilt war und er ihm keine Folge geben wollte, oder daß weder Hurliguerly noch Atkins seit gestern ihm davon gesprochen hatten. Wenn er sich – den letzten Fall angenommen – von mir entfernte, so folgte er dabei nur seiner wenig mittheilsamen Natur und zeigte, daß er zu einem Unbekannten in keine Beziehung treten wollte.

      Ich wurde nun allgemach ungeduldig. Wenn dieser Seeigel mich abwies, dann würde ich mich dabei bescheiden. Mich auch gegen seinen Willen an Bord der »Halbrane« einzuschiffen, kam mir gar nicht in den Sinn. Ich war ja nicht einmal ein Landsmann von ihm und überdies gab es auf den Kerguelen keinen amerikanischen Consul oder Agenten, bei dem ich mich hätte beklagen können. Vor allem galt es mir ja zu wissen, woran ich war, und wenn ich wirklich einem Nein! des Kapitän Len Guy begegnete, nun, dann mußte ich eben die Ankunft eines anderen, gefälligeren Schiffs abwarten, was mich auch nur noch zwei oder drei Wochen zurückhalten konnte.

      Gerade als ich auf den Kapitän zutreten wollte, näherte sich ihm der Lieutenant der Goëlette. Jener benützte die Gelegenheit, sich zu entfernen, und während er dem Officier winkte, ihm zu folgen, ging er am Hafen weiter und verschwand bald hinter einem Felsen, um den der Weg nach dem nördlichen Ufer der Bucht führte.

      »Zum Teufel! dachte ich, es scheint mir doch schwierig zu werden, zu meinem Ziele zu kommen! Indeß – vorläufig ist die Sache nur aufgeschoben. Morgen begeb? ich mich frühzeitig an Bord der »Halbrane«. Ob er nun will oder nicht, anhören muß mich dieser Len Guy doch, dann mag er mit Ja oder Nein antworten!«

      Es war auch nicht ausgeschlossen, daß der Kapitän Len Guy zur Essenszeit nach dem »Grünen Cormoran« kam, wo die Seeleute während ihres Aufenthaltes zu frühstücken und zu Mittag zu speisen pflegten. Nach mehrmonatlicher Seefahrt wechselt ja jeder gern einmal mit der Speisekarte, die so lange Zeit nur Schiffszwieback und Pökelfleisch aufwies.

      Das verlangt sogar die Erhaltung der Gesundheit; doch während die Mannschaften frische Nahrungsmittel geliefert bekommen, ziehen es die Officiere vor, im Gasthaus zu essen. Ich zweifelte gar nicht daran, daß mein Freund Fenimore Atkins vorbereitet sein werde, den Kapitän, den Lieutenant und den Hochbootsmann der Goëlette zu verpflegen.

      Ich wartete also und setzte mich erst sehr spät zu Tische – sollte aber eine Enttäuschung erfahren.

      Weder der Kapitän Len Guy noch einer von seinem Schiffe beeyrte den »Grünen Cormoran« mit seiner Anwesenheit. Wie bereits seit zwei Monaten, mußte ich auch heute allein speisen, denn es ist ja erklärlich, daß sich zahlreiche Gäste bei Meister Atkins erst in der Fangperiode einstellten.

      Nach beendigter Mahlzeit, gegen halb acht Uhr, war es schon dunkel geworden und ich erging mich noch ein wenig an der Seite der Häuser längs des Hafens.

      Der Quai war menschenleer. Von den Fenstern des Gasthauses fiel einiges Licht darüber. Von der Besatzung der »Halbrane« befand sich kein Mann am Lande. Die Boote waren hinaufgezogen und schaukelten bei dem leichten Wellenschlage der steigenden Fluth an ihren Hißtauen.

      Der Schooner bildete wirklich eine Art Kaserne, wo man die Insassen mit Sonnenuntergang zum Niederlegen anhält. Diese Maßregel mochte vorzüglich dem Schwätzer und Trinker Hurliguerly zuwider sein, denn diesem wär' es, meiner Ansicht nach, während des Aufenthalts am Lande gewiß lieber gewesen, von einer Schänke zur andern zu laufen. Doch von ihm sah ich jetzt nicht mehr als von seinem Kapitän in der Nähe des »Grünen Cormoran.«

      Ich verweilte bis neun Uhr und ging immer die hundert Schritte gegenüber der Goëlette auf und ab. Nach und nach verschwand das Fahrzeug in der zunehmenden Dunkelheit. Im Wasser der Bucht glänzte nur noch ein schmaler Lichtstreifen von der Laterne des Vorderschiffes, die am Stagseile des Fockmastes hing.

      Nach dem Gasthause zurückgekehrt, fand ich Fenimore Atkins, seine Pfeife rauchend, vor der Thür.

      »Es scheint mir, Atkins, begann ich, daß der Kapitän Len Guy es nicht liebt, Ihr Gasthaus aufzusuchen.

      – Er kommt zuweilen des Sonntags, heute haben wir Sonnabend, Herr Jeorling.

      – Sie haben ihn noch nicht gesprochen?

      – O doch, antwortete der Gastwirth, aber

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