David Copperfield. Charles Dickens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу David Copperfield - Charles Dickens страница 51

Автор:
Серия:
Издательство:
David Copperfield - Charles Dickens

Скачать книгу

während immer einer vortrat, unterschrieb und wieder hinausging. Jeden einzelnen fragte »Kapitän Hopkins«: »Haben Sie es gelesen? – Nein! – Soll ich es Ihnen vorlesen?« Wenn der Betreffende widerstandslos genug war, auch nur den Schein einer Neigung, es zu hören, an den Tag zu legen, las »Kapitän Hopkins« mit lauter sonorer Stimme Wort für Wort vor. Wenn es zwanzigtausend Leute hätten hören wollen, einer nach dem andern, der Kapitän würde es zwanzigtausendmal vorgelesen haben. Ich weiß noch, mit welchem Wohlbehagen er gewisse Phrasen, wie: »Die im Parlament versammelten Vertreter des Volks,« oder »die Bittsteller nahen sich demütigst Ihrem hochansehnlichen Hause,« »Eurer huldreichen Majestät unglückliche Untertanen,« zerkaute, als ob diese Worte in seinem Munde zu etwas Realem von köstlichem Geschmacke würden, während Mr. Micawber mit ein bißchen Autoreneitelkeit und nicht allzu strengem Blick die eisernen Spitzen des gegenüberliegenden Gefängnisgitters betrachtete.

      Zwölftes Kapitel

      Mr. Micawbers erste Bittschrift wurde günstig erledigt, und das Gericht ordnete zu meiner großen Freude seine Freilassung an. Seine Gläubiger zeigten sich nicht unversöhnlich, und Mrs. Micawber erzählte mir, daß selbst der rachedürstende Schuster vor Gericht erklärt habe, er hege weiter keinen Groll, wünsche aber bezahlt zu sein, wenn man ihm Geld schulde. Er habe gesagt, er glaube, das sei menschlich.

      Mr. Micawber kehrte nach Kings-Bench zurück, als sein Fall erledigt war, denn es mußten noch einige Kosten bezahlt und einige Formalitäten erfüllt werden, ehe er freigelassen wurde. Der Klub empfing ihn mit Begeisterung und veranstaltete an diesem Abend ihm zu Ehren eine musikalische Feier, während Mrs. Micawber und ich uns privatim an einem Lammsbraten erfreuten, umgeben von der schlafenden Familie.

      »Bei dieser Gelegenheit will ich mit Ihnen, Master Copperfield,« sagte Mrs. Micawber, »mit einem frischen Glas Flip – wir hatten schon einige getrunken – auf das Wohl von Papa und Mama trinken.«

      »Sind sie tot, Madame?« fragte ich, nachdem ich mit meinem Weinglas angestoßen hatte.

      »Mama schied aus diesem Leben, bevor Mr. Micawbers Drangsale begannen oder wenigstens noch nicht so schlimm waren. Mein Papa lebte noch, um mehrere Male für Mr. Micawber Bürgschaft zu leisten, und hauchte dann seinen Geist aus, beweint von einem zahlreichen Kreis.«

      Mrs. Micawber schüttelte den Kopf und ließ eine Träne auf den Zwilling, der gerade bei der Hand war, fallen.

      Da ich schwerlich eine günstigere Gelegenheit zu der Frage, die mir sehr am Herzen lag, finden konnte, sagte ich zu Mrs. Micawber:

      »Darf ich fragen, Maam, was Sie und Mr. Micawber zu tun gedenken, wenn Ihr Herr Gemahl aus seinen Verlegenheiten heraus und wieder in Freiheit ist? Haben Sie schon einen Entschluß gefaßt?«

      »Meine Familie,« sagte Mrs. Micawber, die diese Worte immer mit einer großen Geste aussprach, obgleich ich nie herausbekommen konnte, wer eigentlich darunter zu verstehen sei, »meine Familie ist der Meinung, daß Mr. Micawber London den Rücken kehren und seine Talente in der Provinz verwerten solle. Mr. Micawber ist ein Mann von großem Talent, Master Copperfield!«

      Ich sagte, daß ich daran nicht zweifle.

      »Von großem Talent,« wiederholte Mrs. Micawber. »Meine Familie ist der Meinung, daß mit ein wenig Fürsprache für einen Mann von seinen Fähigkeiten etwas beim Zollamt getan werden könnte. Da der Einfluß meiner Familie nur lokaler Art ist, ist es ihr Wunsch, daß Mr. Micawber nach Plymouth hinunterkommen solle. Sie halten es für unerläßlich, daß er sich an Ort und Stelle begibt.«

      »Um bereit zu sein?« fragte ich.

      »Ganz richtig,« wiederholte Mrs. Micawber. »Um bereit zu sein, – falls eine glückliche Wendung eintritt.«

      »Und Sie gehen auch mit, Maam?«

      Die Ereignisse des Tages, die Mitwirkung der Zwillinge und vielleicht auch der Flip hatten Mrs. Micawber sehr hysterisch gestimmt, und sie vergoß Tränen, als sie antwortete:

      »Ich werde Mr. Micawber nie verlassen! Mr. Micawber hat mir vielleicht zu Anfang seine Bedrängnisse verheimlicht, aber sein sanguinisches Temperament mag ihn zu der Ansicht verleitet haben, er werde sie bald überwinden können. Das Perlenhalsband und die Armbänder, die ich von Mama geerbt habe, sind um den halben Wert verschleudert worden. Und der Korallenschmuck, den mir Papa zur Hochzeit schenkte, fast für nichts. Aber ich werde Mr. Micawber nie verlassen! Nein!« rief Mrs. Micawber mit noch größerer Rührung als vorher, »ich werde das nie tun. Ich lasse mich nicht überreden!«

      Ich fühlte mich sehr unbehaglich, da Mrs. Micawber zu glauben schien, ich hätte sie zu einem solchen Schritt verleiten wollen, und sah sie sehr beunruhigt an.

      »Mr. Micawber hat seine Fehler, ich leugne nicht, daß er unbedacht ist. Auch nicht, daß er mit Geld nicht umzugehen weiß und mich über seine Mittel und seine Schulden in Unkenntnis gelassen hat,« fuhr sie, den Blick auf die Wand gerichtet, fort, »aber ich werde niemals Mr. Micawber verlassen!«

      Da sich ihre Stimme jetzt zu lautem Kreischen gesteigert hatte, war ich so erschreckt, daß ich ins Klubzimmer davonlief und Mr. Micawber, der an einem langen Tisch präsidierte, in dem Chorgesang:

      »Hühü, Dobbin,

      Hüho, Dobbin,

      Hühü, Dobinn,

      Hühü und hüho–o–«

      den er eben leitete, mit der Nachricht störte, daß sich Mrs. Micawber in einem sehr beängstigenden Zustand befände, worauf er sofort in Tränen ausbrach und mit mir forteilte, die Westentasche voll Krevetten, mit denen er sich gerade beschäftigt hatte.

      »Emma, mein Engel,« rief er, als er ins Zimmer stürzte, »was ist geschehen?«

      »Ich werde dich niemals verlassen, Micawber!« rief sie aus.

      »Mein Leben,« sagte Mr. Micawber und schloß sie in die Arme. »Davon bin ich vollständig überzeugt.«

      »Er ist der Vater meiner Kinder, der Erzeuger meiner Zwillinge, er ist der Gatte meines liebenden Herzens,« rief Mrs. Micawber schluchzend, »ich werde Mr. Micawber nie–mals – ver–las–sen.«

      Mr. Micawber war so tief gerührt durch diesen Beweis von Anhänglichkeit, – ich zerfloß selbstverständlich in Tränen –, daß er sich leidenschaftlich über seine Gattin beugte und sie anflehte, aufzusehen und sich zu beruhigen. Je mehr er sie aber anflehte, aufzublicken, um so mehr starrten ihre Augen ins Leere, und je mehr er sie anflehte, sich zu fassen, desto weniger tat sie es. Schließlich war Mr. Micawber selbst so erschüttert, daß er seine Tränen mit ihren und meinen mischte und mich bat, mir einen Stuhl auf die Treppe hinauszunehmen, während er sie zu Bett brächte. Ich wollte mich für den Abend verabschieden, aber er mochte davon nichts hören, ehe nicht die Fremdenglocke geläutet habe. So saß ich denn an einem Treppenfenster, bis er mit dem zweiten Stuhl nachkam und mir Gesellschaft leistete.

      »Wie befindet sich jetzt Mrs. Micawber, Sir?« fragte ich.

      »Sehr geschwächt,« sagte Mr. Micawber und schüttelte den Kopf. »Reaktion! O, was war das für ein schrecklicher Tag! Wir stehen jetzt allein, alles ist von uns gegangen.«

      Er drückte mir die Hand, stöhnte und vergoß Tränen. Ich war sehr ergriffen und auch enttäuscht, denn ich hatte erwartet, daß wir bei dieser glücklichen langersehnten Gelegenheit recht heiter sein würden.

Скачать книгу