Die neun größten Städte Südamerikas. A.D. Astinus

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Die neun größten Städte Südamerikas - A.D. Astinus

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São Paulo die Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal erklärt. São Paulo blieb bis in die 1870er Jahre relativ unbedeutend, obwohl die portugiesischen Einwanderer teilweise vermischt mit der indianischen Hochlandbevölkerung im 16. und 17. Jahrhundert von São Paulo aus als Bandeirantes („Bannerträger“) weite Gebiete im zentralen Teil von Brasilien durchstreiften und als Sklavenjäger die berüchtigten Raubzüge zum Fang der Indianer unternahmen, die den Besitzern der Plantagen im Küstentiefland die beim Zuckerrohranbau benötigten Arbeitssklaven beschafften.

      Kaffeeanbau und Industrialisierung

      Die wirtschaftliche Bedeutung São Paulos änderte sich rasch, als der Anbau von Kaffee, der um 1850 über das Rio-Paraíba-Tal die Stadt erreichte, sich im Hochland von São Paulo unter günstigen Klima- und Bodenbedingungen und steigender Kaufkraft in Europa ab den 1880er Jahren flächenhaft in nördliche und nordwestliche Richtung ausdehnte.

      Hervorragende infrastrukturelle Voraussetzungen für den Kaffee„boom“ schufen die systematische Verkehrserschließung des Binnenlandes im Staate São Paulo durch strahlenförmige, von São Paulo auf den Hochebenen zwischen den Zuflüssen des Rio Paraná vorgetriebene Eisenbahnlinien und die günstige Verkehrslage zum nahen Exporthafen Santos. Eine gezielt betriebene Einwanderungspolitik, die überwiegend Italiener ins Land brachte, trug dazu bei, dass trotz der Befreiung der Sklaven 1888 die auf den Kaffeeplantagen benötigten Arbeitskräfte zur Verfügung standen.

      Mehrere Hunderttausend Europäer, überwiegend Italiener, aber auch zahlreiche Deutsche, Japaner und Libanesen wanderten zwischen 1886 und 1905 ein, die sich vorwiegend auf den Paulistaner Kaffeeplantagen verdingten. Einige der Deutschen wurden auch im Inneren des Bundesstaates São Paulo in Kolonien angesiedelt (Rio Claro, Monte Mor und andere). In dieser Phase betrugen die jährlichen Wachstumsraten der Bevölkerung bis zu 14 Prozent. Dies alles verhalf São Paulo zu erstem Reichtum. Aber erst die Industrialisierung am Ende des 19. Jahrhunderts führte zu dem beeindruckenden Wachstum zur größten Metropole Südamerikas.

      Industrieller Ballungsraum

      In den 1920er Jahren wurde São Paulo die führende Industrieregion des Landes. Die Bevölkerung der Stadt überschritt bereits 1934 die Millionengrenze und verdoppelte sich bis 1950. Anfang der 1960er Jahre führte die hohe Inflation gemeinsam mit der politischen Mobilisierung der Arbeiter, Bauern und Studenten, die begannen, ihre politischen Rechte einzufordern, zur Übernahme der Macht durch die Militärs im Jahre 1964. Deren Regierung, die bis 1985 dauerte, war einerseits von Intoleranz gegenüber der politischen Opposition geprägt, andererseits aber auch von Modernisierung und ökonomischer Entwicklung, mit jährlichen Wachstumsraten von rund zwölf Prozent Anfang der 1970er Jahre.

      Es wurde begonnen, eine neue Infrastruktur aufzubauen sowie nationale Gesundheits- und Sozialfürsorge einzuführen. Die nahe Hafenstadt Santos (schnelle Transportwege), die Vergabe staatlicher Kredite und der sich durch umfangreiche ausländische, vor allem auch deutsche Investitionen verstärkende industrielle Aufschwung verhalfen São Paulo zu neuerem Reichtum.

      Diese ökonomische Entwicklung basierend auf einer hohen Auslandsverschuldung geschah aber ohne die politische Partizipation der Bevölkerung und ohne eine gerechte Verteilung des Reichtums. Das Ergebnis dieser Veränderung war, dass eine zahlenmäßig kleine Schicht über eine sehr große Kaufkraft verfügte und mit ihrem Einfluss in Politik und Wirtschaft die elitären und autoritären Strukturen in der Gesellschaft verstärkte. Die zu dieser Zeit fehlende demokratische Kontrolle des Staates führte zu großen Mängeln, Niedriglöhnen und Korruption in der Qualität und Verteilung staatlicher Sozialleistungen, in den Bildungseinrichtungen, im öffentlichen Wohnungsbau, im Verkehr und den sanitären Anlagen.

      São Paulo war in dieser Zeit auch Gründungsort der Arbeiterpartei PT (1980) und des sehr aktiven Gewerkschaftsdachverbandes CUT (1983). Ihre Entstehung und ihr schnelles Erstarken sind Ergebnis der machtvollen Streiks und Demonstrationen der Arbeiter, die Brasilien am Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre erschütterten. Diese Kämpfe brachten die Militärdiktatur zum Wanken und bildeten den Anfang einer Entwicklung, die wenige Jahre später zu ihrem Ende führte.

      Heute ist die Region um São Paulo der größte industrielle Ballungsraum Lateinamerikas und der bedeutendste Industriestandort der Dritten Welt. Die rund 1.000 deutschen Unternehmen im Großraum São Paulo bilden die weltweit größte Konzentration deutscher Industrie-Unternehmen. Durch die Globalisierung, erhöhte Wechselkurse und die aufstrebende Industrie im gesamten Land verliert São Paulo aber immer mehr an Bedeutung. Die Industrie wird mehr und mehr vom Dienstleistungsgewerbe abgelöst. Dieser Sektor kann die Arbeitslosen aus der Industrie aber nicht auffangen. Die Folge davon sind Arbeitslosigkeit und Niedriglöhne.

      Wie viele Großstädte in Entwicklungsländern ist auch São Paulo von einem Armutsgürtel mit Marginalsiedlungen, den sogenannten Favelas, umgeben und hat besonders dort eine hohe Kriminalitätsrate. São Paulo wird heute in Brasilien aber auch als die führende Stadt im Hinblick auf Konzerte, Theater, Modenshows, internationale Sportveranstaltungen, Konferenzen und Wirtschaftsmessen angesehen; viele Veranstaltungen finden zuerst oder nur dort statt.

      Bevölkerung

      Einwohnerentwicklung

      In den ersten 300 Jahren seit der Gründung der Stadt im 16. Jahrhundert kamen überwiegend portugiesische Einwanderer und Sklaven vom afrikanischen Kontinent nach São Paulo. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren es auf Grund des beginnenden Kaffeeanbaus und der Befreiung der Sklaven 1888 (Lei Aurea) durch eine gezielte Einwanderungspolitik bis Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem Italiener und Portugiesen, aber auch Deutsche, Spanier, Libanesen, Türken und Japaner, die sich in der Stadt, teilweise in eigenen Vierteln, niederließen. Deren Nachkommen leben noch heute in eigenen Stadtteilen, in „Liberdade“ die Japaner, in „Bela Vista“ die Italiener, in „Bom Retiro“ die Libanesen und im Viertel „Brooklin Paulista“ die Deutschen. Bedeutende Ethnien in der Stadt sind des Weiteren die Chinesen, Juden, Koreaner, Armenier, Bolivianer, Litauer, Russen, Ukrainer, Polen und Syrer.

      Zu zwei weiteren Einwanderungswellen von Menschen aus Europa, Japan und dem Nahen Osten kam es wegen der politischen und wirtschaftlichen Wirren nach den beiden Weltkriegen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts war São Paulo überwiegend das Ziel von Zuwanderern aus dem Nordosten Brasiliens, später auch aus dem Südosten. Wunschziel der Migranten war es, im schnell expandierenden Industriebereich oder in der blühenden Baubranche eine Beschäftigung zu finden. Seit den 1980er Jahren trägt das natürliche Wachstum erheblich mehr zum Bevölkerungszuwachs bei als die Zuwanderung. Diese Veränderung ist trotz abnehmender Geburtenraten durch den hohen Anteil jüngerer Stadtbevölkerung bedingt, den die jetzt zurückgehende Einwanderung mit sich gebracht hatte. Seit den 1990er Jahren ist die jährliche Zuwachsrate der Bevölkerung der Agglomeration São Paulo, die seit 1973 als Grande São Paulo institutionell verankert ist, sprunghaft zurückgegangen.

      Grande São Paulo beherbergte im Jahre 2007 mit 19,2 Millionen Menschen, von denen 10,9 Millionen (56,8 Prozent) in der Stadt São Paulo leben, eine größere Bevölkerung als das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 18 Millionen. Da das Ballungsgebiet Grande São Paulo bald mit weiteren sechs Städten über 100.000 Einwohnern zusammenwächst – darunter die Millionenstadt Campinas – die alle in einem Umkreis von weniger als 150 Kilometern um Grande São Paulo liegen, wird heute schon von einer erweiterten Metropolregion (Complexo Metropolitano Expandido, CME) gesprochen, der die Funktion einer Makro-Metropole zukommt. Wobei bei der Einführung einer Schnellzugstrecke damit gerechnet wird, dass Rio de Janeiro/São Paulo zu einer Megalopolis verwachsen.

      Die Metropolregion Grande São Paulo ist flächenmäßig um circa 60 Prozent größer als die Stadtregion Rhein-Ruhr, übertrifft deren Bevölkerungszahl aber um das Vierfache. Während die durchschnittliche Bevölkerungsdichte

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