Homo sapiens movere ~ gejagt. R. R. Alval
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Und vielleicht würde er jeden Moment zu meiner Tür hereinspaziert kommen, mich in den Arm nehmen und mir sagen, dass alles gut wurde.
Ebenso hätte ich mir vorstellen können, vielleicht die Königin von Großbritannien zu werden – wie ich nur 12 Stunden und 27 Minuten später feststellen musste. Und das auf nicht eben dezente Art und Weise…
Nach einem ereignislosen Tag war ich todmüde vom Grübeln zeitig ins Bett gegangen und fast augenblicklich eingeschlafen. Die Sache mit Humphrey machte mir zu schaffen. Ebenso die Gewissheit, dass ich mich in zwei Tagen bei Alan einfinden musste. Wegen des bevorstehenden Rituals: Die Seelen der uralten Wandler in einem Rubin bündeln. Damit sie weiterhin unter Verschluss gehalten wurden. Auf keinen Fall wollte ich die Schuld daran tragen, wenn diese übermächtigen, bösen Kreaturen wieder auf der Erde kreuchten und fleuchten.
Oder auch einfach nur herum standen.
Ich wusste nicht, wie ich Alan, der seinen besten Freund verloren hatte, gegenüber treten sollte. Gleich recht nicht, weil er vorher bei meinen Eltern um meine Hand angehalten hatte.
Irgendwie jedenfalls – ohne mein Einverständnis.
Doch im Moment war das wohl eine meiner geringsten Sorgen. Meine Familie musste in Sicherheit gebracht werden. Auch wenn Humphrey sie möglicherweise nicht kannte. Vielleicht aber doch. Immerhin war er ein Informant.
Gewesen.
Jetzt war er ein bösartiger Dämon, dem ich um Himmels Willen aus dem Weg gehen sollte. Es gab nämlich nur zwei Optionen: Entweder er oder ich.
Keine von beiden gefiel mir.
Dementsprechend wirr und auslaugend waren meine Träume.
Umwendend wachte ich von einem lauten Scheppern auf, das furchtbar in meinen Ohren dröhnte. Gefolgt von einem bösartigen, hämischen Lachen, wie ich es noch nie gehört hatte. Es ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
Eventuell lag letzteres auch daran, dass ich augenblicklich erkannte, wo ich mich befand. Nämlich ganz sicher nicht in meinem Bett.
Das Dröhnen in meinen Ohren war die Kirchturmuhr, die Mitternacht verkündete und von der ich mich keine zehn Meter entfernt auf einem Baum befand.
Jawohl, auf einem Baum!
Nur bekleidet mit meinem Schlafshirt und dem absplitternden, violetten Nagellack auf meinen Fußnägeln. Panisch zitternd hielt ich mich mit aller Kraft an dem Baumstamm fest, der in dieser Höhe nicht annähernd so dick war wie am Boden, zu dem es grob geschätzt 15 Meter waren. Der Ast, auf dem ich stand, sah ebenfalls nicht sonderlich Vertrauen erweckend aus.
Hätte ich nicht immer noch das hämische, unmenschliche Lachen im Ohr, käme mir die Sache wie ein absurder Traum vor. Nur waren die Eindrücke täuschend echt. Ok, Sam, du schaffst das, redete ich mir gut zu, konnte meine zitternden Beine aber nicht dazu animieren sich zu bewegen. Ebenso wenig meine Arme, den sicheren Stamm loszulassen.
War das Humphreys Werk?
Falls ja, welchen Nutzen sollte das haben?
Dass jeder, der mich hier entdeckte, meinen blanken Hintern sah? Ich trug verdammt nochmal keinen Slip! Wollte er mich damit einschüchtern und mir zeigen, dass er mir jederzeit nah kommen konnte, ohne dass ich etwas bemerkte?
Das hatte er definitiv erreicht.
Plus mir eine gehörige Portion Angst einzujagen.
Sofort begleitet von mehr als genug Wut, um eine Kleinstadt in Brand zu setzen. „Jetzt bloß nicht austicken.“, murmelte ich leise. Ich konnte es mir nicht leisten, den Baum anzuzünden, der hier oben viel dünner und schwankender erschien als weiter unten. Wie sollte ich hinunter kommen, ohne der Lacher der Stadt zu werden?
Ich würde mich nie wieder in der Öffentlichkeit zeigen können!
Gott, war mir das peinlich.
Wenn ich nicht solche Angst gehabt hätte, von dem beschissenen, schwankenden Baum zu stürzen, wäre ich bestimmt dunkelrot geworden. So war ich zweifellos käseweiß, mein Puls flatterte, meine Hände schwitzten und fühlten sich gleichzeitig an, als wären sie aus weichem, labberigem Teig.
Ich wusste nicht, welche Aussicht schlimmer war: Mich durch Rufe bemerkbar zu machen – trotz meiner kaum vorhandenen Bekleidung – oder hier zu warten auf… ja, auf was eigentlich? Wer sollte zu meiner Rettung eilen? Humphrey?
Ein schnarrendes, leises Lachen quetschte sich in meine Kehle und wandelte sich dort in ein Schluchzen. Dieses versuchte ich durch tiefes Luftschnappen zu unterdrücken. Es nützte mir rein gar nichts hier oben zu flennen. Ich musste mich konzentrieren und nachdenken. Dazu brauchte ich weder eine laufende Nase noch verschmierte Augen. Es sei denn, ich hätte ein zweites Paar Arme und ein Taschentuch. Dann wäre es mir egal. Hatte ich aber nicht.
Hey!
Eine Leiter wäre auch super.
Oder ein Seil.
Und wenn ich schon mal dabei war, dann könnte ich auch noch an einen Slip appellieren.
Nachdenken, Sam. Nachdenken! Verflixt, ich zitterte! Es ist nur ein Baum. Bei deinen Jobs warst du oft genug auf Bäumen. Du bist bloß geschockt, weil du keine Ahnung hast, wie du hier hochgekommen bist. Also: Mach dich auf den Weg nach unten. Nun ja, mit festen Schuhen wäre es ein Klacks. Zumindest einfacher. Aber ich könnte es schaffen; sofern mich die Äste trugen. Ich musste es schaffen. Die andere Möglichkeit wäre ein am Boden liegender, zerschmetterter Körper. Und da es meiner wäre, war das überhaupt keine Option.
Oh verdammte Scheiße, ich würde mir die Beine aufschürfen.
Die Arme.
Die Hände.
Ah, das würde verflixt wehtun.
Außerdem war es, selbst für Juni, ziemlich frisch. Beinah unangenehm kühl.
Ich holte tief Luft, ging in die Hocke, wobei ich meine Hände langsam am Stamm nach unten gleiten ließ, sah mich nach dem nächsten, einigermaßen fest aussehenden Ast um, hangelte ein Bein hinunter, fasste mit den Händen nach dem Ast, von dem ich nun auch den zweiten Fuß löste und ließ meinen Körper langsam nach unten gleiten. Bis ich etwa zehn Zentimeter über meinem Ziel baumelte. Das Holz knarzte verdächtig, mein Herz schlug bis zum Hals, als ich losließ, mit den Füßen auf dem eine Etage tiefer befindlichen Ast landete und sofort meine Hände um den Stamm warf.
Puh – dem Boden ein Stück näher.
War ich froh, dass niemand unterwegs war und meinen blanken Hintern sowie andere Teile meiner Anatomie bewundern konnte.
Fest biss ich die Zähne zusammen, damit ich nicht anhaltend fluchte und machte weiter. Ast für Ast arbeitete ich mich nach unten. Dabei fand ich mich trotz ängstlich pochendem Herzen und nacktem Hintern sehr behände. Fast schon anmutig. Die Haut riss ich mir trotzdem auf.
Endlich trennten mich nur noch knapp fünf Meter vom Boden, die ich mit