Erziehungskunst III. Rudolf Steiner

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Erziehungskunst III - Rudolf Steiner

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      3. Biblische Geschichte als Teil der allgemeinen Geschichte (Altes Testament)

      4. Szenen aus der alten Geschichte

      5. Szenen aus der mittleren Geschichte

      6. Szenen aus der neueren Geschichte

      7. Erzählungen über die Volksstämme

      8. Erkenntnis der Völker

      Fragenbeantwortung

      Es wird gefragt nach den Bildern für die Laute und Buchstaben wie dem Fisch für das F, wovon am Vormittag im ersten Vortrag des methodisch-didaktischen Kurses gesprochen worden war.

      Rudolf Steiner: Solche Dinge, solche Bilder muss man selber finden. Man braucht nicht das historisch Gegebene zu suchen. Man sollte die freie, gezügelte Phantasie wirken lassen und Vertrauen haben zu dem, was man selber findet; auch für Tätigkeitsformen, zum Beispiel für das S. Was Sie selbst erarbeiten!

      L. fragt nach der lateinischen Schrift.

      Rudolf Steiner: Ja, die lateinische Schrift ist der Ausgangspunkt, weil diese die charakteristischen Formen enthalt. Und dann erst, wenn es nötig wird, geht man über auf die deutsche, die gotische Schrift, die eigentlich ganz verschwinden sollte.

      O. fragt nach der Behandlung der melancholischen Kinder.

      Rudolf Steiner: Der Lehrer steht so gegenüber dem melancholischen Kinde: Die melancholische Anlage beruht auf einem nicht ganz vollständigen Unterkriegen des Stoffwechsels durch den geistig-seelischen Menschen. Der Nerven-Sinnesmensch ist der ungeistigste Teil des Menschen, ist der physischste Mensch. Am wenigsten physisch ist der Stoffwechselmensch. Der geistige Mensch steckt am meisten im Stoffwechselorganismus, ist dort aber am wenigsten zur Realisierung gekommen. Der Stoffwechselorganismus muss am meisten bearbeitet werden. Wenn der Stoffwechsel zu viel Beschwerde macht, dann offenbart sich in dem Brüten das innerliche Streben nach dem Geiste. In der Nähe eines melancholischen Kindes sollten wir als Lehrer möglichst viel sichtbares Interesse an den äußeren Dingen seiner Umgebung entwickeln, sollten möglichst so sein, wie wenn wir Sanguiniker wären, und sollten so die Außenwelt charakterisieren. Dem sanguinischen Kinde gegenüber verhalten wir uns ernst, geben ihm mit innerem Ernst eindringliche, langanhaltende Charakteristiken der Außenwelt. Im Nerven-Sinnesmenschen ist der Geist am meisten in den Menschen hineingestiegen, im Stoffwechselmenschen am wenigsten; da hat er am stärksten die Tendenz, sich durchzusetzen.

      Es wird die Frage nach Lehrbüchern gestellt.

      Rudolf Steiner: Man muss sich die gebräuchlichen ansehen. Wenn wir ohne Bücher auskommen, um so besser. Wenn die Kinder keine öffentlichen Prüfungen machen müssen, dann braucht man keine Bücher. In Österreich müsste man die Kinder zur öffentlichen Prüfung führen. Wir müssten feststellen, wie man wünscht, dass wir das Erreichen der Lehrziele nachweisen. Das Ideal wäre, gar keine Prüfung zu haben. Die Schlussprüfung ist ein Kompromiss mit der Behörde. Man muss ohne Prüfung wissen, so und so steht es mit den Kindern. Prüfungsangst vor der Geschlechtsreife ist sehr gefährlich für die ganze physiologische Struktur des Menschen. Sie wirkt so, dass sie die physiologisch-psychologische Konstitution des Menschen treibt. Das beste wäre die Abschaffung alles Prüfungswesens. Die Kinder werden viel schlagfertiger werden. Das Temperament schleift sich ab; gegen das zehnte Jahr wird der Temperamentsunterschied überwunden sein. Knaben und Mädchen müssten nicht getrennt werden. Wir trennen sie nur wegen der öffentlichen Meinung. Es bilden sich Liaisons; man braucht sich darüber nicht aufzuregen, aber man wird es uns übelnehmen. Der Unterricht leidet darunter nicht, wenn der Lehrer Autorität hat. Fachlehrer brauchen wir für die Künste, die auf den Willen wirken, auch für die Sprachen, die besonders gegeben werden. Die künstlerischen Dinge gehören dem Fachlehrer. Der Klassenlehrer hat in der Hauptsache als Einheitslehrer zu wirken. Durch seinen gesamten Unterricht wirkt er besonders auf den Intellekt und auf das Gemüt. Auf den Willen wirken die Künste: Turnen, Eurythmie, Zeichnen, Malen. Der Lehrer steigt mit den Schülern auf bis zum Schluss. Der Lehrer der letzten Klasse wird wieder der der ersten.

      Zweite Seminarbesprechung

      22. AUGUST 1919, STUTTGART

      L. berichtet über die Fragen: Erstens, wie äußert sich das sanguinische Temperament im Kinde, und zweitens, wie hat man es zu behandeln?

      Rudolf Steiner: Hier beginnen ja die Individualisierungen. Wir haben gesagt, dass wir nach den Temperamenten einteilen können. Man muss ja das Kind im Massenunterricht mit an dem allgemeinen Zeichenunterricht beschäftigen, und nun können wir bei den einzelnen Gruppen etwas individualisieren. Dann würde es sich darum handeln, in welcher Hinsicht Sie den Zeichenunterricht individualisieren wollten. Nachahmung wird man überhaupt weniger pflegen. Man wird im Zeichnen versuchen, das innere Formgefühl zu erwecken. Man wird nur darin individualisieren können. Man wird einen Unterschied machen können, ob man mehr geradlinige Formen oder mehr bewegte, ob man mehr einfache, übersichtliche Formen nimmt oder solche mit mehr Details. Kompliziertere, mehr Detailformen, würden für das Kind mit sanguinischem Temperament zu verwenden sein. Man wird nach dem Temperament mehr die Art bestimmen, wie man den einen oder den anderen unterrichtet.

      E. berichtet über dasselbe Thema.

      Rudolf Steiner: Nicht wahr, bei solchen Dingen muss man sich immer ganz klar sein, dass namentlich die Behandlung doch nicht eindeutig sein muss. Es kann natürlich von dem einen etwas gemacht werden, was ganz gut ist in einem solchen Fall, und von dem anderen etwas anderes, was auch gut ist. Also die pedantische Eindeutigkeit braucht nicht angestrebt zu werden, doch gewisse große Richtlinien muss man schon einhalten, die müssen durchdrungen werden. Die Frage, ob ein sanguinisches Kind schwer oder leicht zu behandeln ist, ist schon sehr bedeutsam. Darüber müsste man sich schon eine Ansicht verschaffen und sich zum Beispiel folgendes klarmachen: Es kann passieren bei einem sanguinischen Kinde, dass man irgend etwas vorzubringen, zu erklären hat. Das Kind hat wohl die Sache aufgenommen, aber nach einiger Zeit merkt man, es ist gar nicht mehr dabei, sondern hat sich einer anderen Sache zugewendet. Dadurch wird der Fortschritt des Kindes beeinträchtigt. Was würden Sie tun, wenn Sie bemerken würden, Sie reden in der Schule vom Pferde, und nach einiger Zeit hat sich das sanguinische Kind sehr weit entfernt vom Gegenstande und hat seine Aufmerksamkeit einem ganz anderen Gegenstande zugewendet, so dass alles, was Sie besprechen, an seinen Ohren vorbeigehen könnte? Was würden Sie mit einem solchen Kinde tun? Viel wird ja davon abhängen, wie weit man in solchem Falle individualisieren kann oder nicht. Hat man viele Kinder, so werden viele Maßregeln nicht leicht durchzuführen sein. Man hat ja, wenn man viele Kinder hat, die sanguinischen Kinder in einer Gruppe beisammen. Dann muss man vorbildlich wirken auf die sanguinischen durch die melancholischen Kinder. Wenn in der sanguinischen Gruppe irgend etwas nicht stimmt, sich zur melancholischen Gruppe wenden und dieses Temperament dann spielen lassen, um ausgleichend zu wirken! Gerade beim Massenunterricht ist das sehr ins Auge zu fassen. Da ist es wichtig, dass man nicht bloß selber den Ernst und die Ruhe bewahrt, sondern dass man den Ernst und die Ruhe der melancholischen Kinder in Wechselwirkung treten lässt mit der sanguinischen Gruppe. Nehmen wir an, Sie sprechen über das Pferd. Sie sehen, ein sanguinisches Kind aus der Gruppe, das ist längst nicht mehr dabei. Jetzt versuchen Sie das zu konstatieren. Indem Sie das Kind etwas fragen, machen Sie, dass es wirklich hervortritt, dass das Kind nicht mehr dabei ist. Dann versuchen Sie, in der melancholischen Gruppe die Tatsache zu konstatieren, dass ein Kind, während Sie früher vom Kleiderschrank gesprochen haben und jetzt schon lange vom Pferd sprechen, noch immer an den Kleiderschrank denkt. Konstatieren Sie das: »Sieh, du hast schon längst das Pferd vergessen, dein Freund ist noch nicht vom Kleiderschrank weggekommen!« Solche Tatsachen wirken stark. Auf diese Weise schleifen sich die Kinder aneinander ab. Dieses Selbstsehen der

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