Joseph Conrad - Seefahrer und Schriftsteller. Joseph Conrad

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Joseph Conrad - Seefahrer und Schriftsteller - Joseph Conrad

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       Verlag Hans Dulk, Hamburg – 1958

       in Linzens durch Fischer Verlag GmbH., Frankfurt/M

       in der Übersetzung durch Görge Spervogel

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      1878 – D „MAVIS“ – Marseille – Konstantinopel – Asowsches Meer – Lowestoft – 24.04.1878 bis 18.05.1878

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      Dampfer MAVIS

       http://www.photoship.co.uk/

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      Dampfer MAVIS

       http://www.photoship.co.uk/

      1878 – Conrad betritt erstmals britischen Boden

      1878 – S „SKIMMER OF THE SEA“ – Küstenfahrten zwischen Lowestoft und Newcastle – 11.07.1878 bis 25.09.1978

      1878/79 – S „DUKE OF SUTHERLAND“ – London – Sydney – London – 15.10.1878 – 15.(?)10.1879

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      In Gefangenschaft

       In Gefangenschaft

      Wenn ein Schiff im Dock liegt und von Kais und Speichermauern umzingelt ist, sieht es wie ein Gefangener aus; mit der Traurigkeit, in die ein freier Geist verfällt, wenn er eingekerkert wird, sinnt es auf Freiheit. Schwere Taue und Ketten fesseln es an die Steinpoller auf der Kante des gepflasterten Ufers, und ein Hafenmeister mit Messingknöpfen an der Jacke geht wie ein frischer, wettergegerbter Gefängniswärter umher und sieht argwöhnisch und wachsam nach der Vertäuung, die das Schiff fesselt – duldend und still und ungefährlich liegt es da, als wäre es über die Tage der Freiheit und der Gefahr auf See in tiefe Trauer versunken.

      Das Gewimmel der Abtrünnigen – Dockmeister, Hafenmeister, Schleusenwärter und dergleichen – ist in Bezug auf die Fügsamkeit und Ergebung des gefesselten Schiffes anscheinend ungeheuer misstrauisch. Es gibt wohl niemals Taue und Ketten genug, um sie zufriedenzustellen, die sich damit beschäftigen, freie Schiffe fest an die schwere, schmutzige, versklavte Erde zu binden. „Es wäre besser, wenn achtern noch eine Trosse dazukäme, Steuermann“, ist ihre stehende Redensart. Ich brandmarke sie als Abtrünnige, denn die meisten von ihnen fuhren früher zur See. Als ob die Male des Alters – das graue Haar, die Falten in den Augenwinkeln, die knotigen Adern auf den Händen – Symptome moralischer Vergiftung wären, lungern sie hinterlistig auf den Kais herum und weiden sich an der gebrochenen Kraft edler Gefangener. Sie wollen noch mehr Fender, noch mehr Dwarstaue, sie wollen mehr Springleinen, mehr Vertäuschäkel, noch mehr Fesseln; sie wollen flüchtige Schiffe so reglos wie vierkante Steinblöcke machen. Sie stehen auf dem schmutzigen Pflaster, diese heruntergekommenen Seebären, hinter ihnen klirren lange Reihen Güterwagen mit den Kupplungen, und sie, sie lassen über dein Schiff vom Vorgeschirr bis zur Heckreling missgünstige Blicke gleiten und trachten einzig und allein danach, das bedauernswerte Geschöpf unter dem scheinheiligen Deckmantel des Wohlwollens und der Fürsorge zu tyrannisieren. Hier und da lassen Kräne, die wie Folterwerkzeuge für Schiffe aussehen, an langen Ketten grausame Haken baumeln. Scharen von Dockarbeitern schwärmen mit schmutzigen Schuhen über die Fallreeps. Es ist ein herzbewegender Anblick, so viele Männer des festen Landes, so viele Erdgebundene, die sich niemals auch nur im Traum um ein Schiff gekümmert haben, gleichgültig und roh mit Nagelstiefeln auf seinem hilflosen Leibe herumtrampeln zu sehen.

      Zum Glück ist die Schönheit eines Schiffes unversehrbar. Dieses Gefängnisgefühl, diese Empfindung schrecklichen und entwürdigenden Unglücks, von dem ein schönes, vertrauenswertes Wesen betroffen wird, hängt nur den Schiffen an, die in großen europäischen Häfen liegen. Man spürt, dass sie zu Unrecht eingesperrt sind und dass es ein grausamer Lohn ist, am Ende einer pflichttreuen Reise auf einem düsteren, öligen, viereckigen Teiche von Kai zu Kai gejagt zu werden.

      Ein Schiff, das auf offener Reede ankert und Leichter längsseit liegen hat und die Ladung mit dem eigenen Löschgeschirr über die Reling fiert, erfüllt in voller Freiheit eine seiner Lebensfunktionen. Dabei gibt es weder Zwang noch Haft, es hat auch Platz, klares Wasser ringsumher, klaren Himmel über den Toppen und um den Ankerplatz herum eine grünhügelige Landschaft mit lieblichen Buchten. In diesem Falle wird es von seinen Leuten nicht der fragwürdigen Barmherzigkeit irgendwelcher Landbewohner preisgegeben. Es beherbergt noch seine eigene kleine, ergebene Schar, die weiterhin für es sorgt, und man hat das Gefühl, gleich wird es durch die Einfahrt zwischen den beiden Landzungen fort gleiten und verschwinden. Nur zu Hause im Dock liegt es verlassen da; die ganzen unerforschlichen Maßnahmen der Menschen, denen es nur um rasche Abfertigung und einträgliche Frachten geht, halten ihm den Weg in die Freiheit verschlossen. Nur dann fallen die verhassten, rechtwinkligen Schatten von Mauern und Dächern auf seine Decks, nur dann regnet es Ruß darauf hernieder.

      Ein Mensch, der niemals etwas von dem außerordentlichen Adel, der Kraft und Anmut gesehen hat, die hingebungsvolle Schiffbauergenerationen aus einigen reinen Winkeln ihrer einfältigen Seelen hervorgebracht haben, würde einen Anblick, den es vor fünfundzwanzig Jahren noch gab, als begeisterndes Schauspiel empfunden haben: eine große Klipperflotte, die an der Nordseite des New South Dock festgemacht hatte. Eine Viertelmeile Schiffe lag damals von den eisernen, polizeilich bewachten Werfttoren an in langer, waldartiger Flucht zu zweien und zweien an vielen starken Holzpiers. Neben ihren hohen Masten erschienen die mit Wellblech gedeckten Schuppen zwergenhaft, Klüverbäume ragten weit über das Ufer hinaus, ihre weißen und goldenen Galionsfiguren überhingen in nahezu blendender Reinheit den geraden, langen Kai mit seinem Staub und Schmutz, und geschäftige Männer liefen einzeln und in Gruppen ruhelos und dunkel unter ihrer erhabenen Reglosigkeit hin und her.

      Zur Flutzeit konnte man wohl eins der beladenen Schiffe mit verschalkten Luken aus der Reihe gleiten und auf der offenen Dockfläche liegenbleiben sehen; schwarze, dünne Leinen hielten es noch bei Bug und Heck wie die ersten Fäden eines Spinngewebes an den Belegpollern des Ufers fest. So wartete es denn anmutig und reglos wie ein Vogel, ehe er seine Flügel ausbreitet, bis beim Öffnen der Schleusen ein oder zwei Schlepper lärmend hereinhasteten, sich geschäftig und besorgt um das Schiff herumbewegten und es hinaus auf den Fluss brachten; vorsichtig führten und leiteten sie es durch geöffnete Klappbrücken und wehrartige Tore zwischen den flachen Pierköpfen mit einem Stückchen grünen, von Kies umgebenen Rasens und einem weißen Signalmast darauf, der mit Rah und Gaffet getakelt war und ein paar verwaschene blaue, rote oder weiße Flaggen zeigte.

      Dieses New South Dock (wie sein amtlicher Name lautete) ist ein Kernpunkt meiner frühen beruflichen Erinnerungen; es gehört zusammen mit zwei kleineren und viel älteren Hafenbecken namens Import und Export, die beide schon ihre Wichtigkeit für den Handel verloren haben, zur Gruppe der West India Docks. Diese beiden Bassins breiten malerisch und so sauber, wie Docks eben sein können, den dunklen Schimmer ihres gläsernen Wassers Seite an Seite aus; sie sind nur spärlich von wenigen Schiffen bevölkert, die an Bojen oder weit voneinander entfernt am Ende der Schuppenreihen in Winkeln leerer Kais aufliegen. Dort scheinen sie still und einsam zu schlummern, das Getriebe der Menschengeschäfte stört sie nicht. Diese beiden altmodischen Becken befanden sich damals eher im Ruhestand als im Dienst, sie waren freundlich und anheimelnd, leer und schweigsam; auf ihren schmalen Ufern gab es keinen herausfordernden Aufwand an Kränen,

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