Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion. Thomas GAST

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Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion - Thomas GAST

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wohlgemerkt: Der blaue Sack mit dem Capitaine, beide den Kopf voll mit Kolwesi, jeder auf seine Art! Als ich dann 1988, also genau zehn Jahre nach Kolwesi und ein Jahr nach meinem Eintritt in die Familie der Fallschirmjäger der Legion, dem damaligen Regimentskommandeur der Paras persönlich gegenüberstand, wusste ich sofort, dass auch dieser Mann ein grand meneur d'hommes war.

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       Colonel (Oberst) Coevoet. Links kurz vor seinem Einsatz in Kolwesi 1978, rechts bei seiner Abschiedsfeier in der Kaserne Sampiero, Calvi 1990.

      Ein Mann also, dem seine Männer überallhin folgten. Was er an sich hatte? Überzeugungskraft? Ein innerer Magnet? Eine besondere Ausstrahlung? Ich weiß es nicht, von jedem einen Schuss, vermute ich! Jedenfalls war es etwas, das man in keiner Schule lernen oder sich dort aneignen konnte. Es genügten zehn Sekunden Musterung meinerseits, um zum Schluss zu kommen, dass ich es hier wieder mit einem Legions-Offizier zu tun hatte, der sich nicht zu schade war, mit seinen Soldaten aus demselben Blechnapf zu trinken. Und das, ohne selbst auch nur ein Quäntchen an Ansehen und Respekt zu verlieren. Mein Gespür täuschte mich nicht. Oberst Coevoet blieb nicht etwa hinter seinem Schreibtisch sitzen, sondern er erhob sich, nachdem ich zunächst der Regimentsfahne links von ihm und dann ihm selbst salutiert hatte. Schlaksig, wie er war, lief er mir auf halbem Wege entgegen, schüttelte mir energisch die Hand und befahl mir, mich zu rühren. Ich war für den Unteroffizierslehrgang vorgeschlagen. Diese Kandidaten wollte sich der chef de corps schon ganz genau anschauen, bevor sie elf Monate lang einen harten Ausbildungszyklus in Frankreich hinter sich brachten und sich im vierten Ausbildungsregiment Lorbeeren verdienten oder Schmach streuten. Damals ahnte ich noch nicht, dass ich den Colonel dreiundzwanzig Jahre später, er war inzwischen pensioniert, ich Rentner im kühlen Deutschland, in einem persönlichen Gespräch am anderen Ende der Leitung haben würde. Seine Stimme knallte wie eine Peitsche, als er mir 2011 von Kolwesi, und darum drehte sich unser Gespräch hauptsächlich, erzählte. Ich war damals bereits Autor und wollte immer schon über die Operation Leopard schreiben. Seine Unterstützung war für mich Gold wert, immerhin war er als „chef operations“ maßgeblich am Einsatz in Zaire beteiligt gewesen. Er erzählte mir viel und schickte mir eine Woche später sogar einige Bilder sowie eine DVD zu. In Kolwesi – Chronique d'une prise d'otages beschrieben Augenzeugen, hauptsächlich Belgier, aber auch einige Franzosen die Operation aus ihrer Sicht. Der Film ist eine einzigartige Dokumentation, die bezüglich der Operation Leopard kaum Fragen offenlässt. Oberst Coevoet kommt darin gleich mehrmals zu Wort. Die Sprache, die er wählte, um die weltweit gelungenste Militäroperation der letzten 50 Jahre zu beschreiben, war bescheiden. Er prahlte nicht mit seinen Taten, seinen Stolz aber, den sah man ihm schon an. Und stolz konnten die Paras Legion auch sein, als sie nach dreieinhalb Wochen Nonstop- Einsatz in Zaire am 15. Juni 1978 in ihre Garnison nach Calvi zurückkehrten. Ich kann mich weiterhin gut an die Jahre ab 1995 erinnern. Ich war Zugführer in der ersten Kompanie. Wenn ich Camp Raffalli abends verließ, führte mein Weg am Service General vorbei. Fast immer war die Tür zum Büro offen, und darin saß Adjudant-chef Sauteur und wachte beflissen über den Dienstbetrieb. Sauteur war ein Kolwesi-Kämpfer. Wie eine Reliquie aus einer alten Zeit kam er mir damals vor, aber eine, die so wichtig war für das Regiment. Er, Kasernenfeldwebel seines Zeichens, war die Erinnerung, er war das Glied des Paras von einst zum Para von heute. Er hatte einen placard (Ordensspange), der ihm bis zum Nabel reichte, war dabei aber weder hochmütig, noch sah er von oben auf die jungen Soldaten herab. Zwischen dem Service General und dem Ausgang zum Camp stand rechts das Museum. Darin schwebte ein Hauch von Kerosin der laufenden Maschinen, darin wehte der Wind von Shaba! Hier eine Beutewaffe, dort ein Barett der „Tiger“, etwas weiter die Uniform der Paras Legion von einst. Ein löchriges, vergilbtes Dokument unter Glas hier, ein kaputtgeschossenes Zielfernrohr dort, ein zur Hälfte verbranntes Bild des Leopardenmannes Mobutu etwas weiter. Alle schienen nur ein Wort zu flüstern: Kolwesi! In der Eintrittshalle zur Offiziers-Unteroffiziersmesse CMSO – S/C DANIEL hing ein großes Foto von Sergent-chef Daniel an der Wand aus groben, roten Ziegelsteinen. Ich lief jeden Tag zwei- oder dreimal daran vorbei, während sein unergründlicher Blick, blass und ausdruckslos, mir jedes Mal folgte. Daniel war einer von den fünf Paras Legion „killed in action“. Kolwesi war also überall, ich wurde täglich daran erinnert! Nicht zuletzt auch deshalb, weil zwanzig Jahre nach der Operation Leopard noch vierzehn Männer, die daran teilgenommen hatten, aktiv im Regiment tätig waren. Und ob es nun ein Puga, ein Saulinier, ein Morozin, ein Loew, ein Boulaabi, ein Sabljic, ein Chabrol, ein Sauteur, ein Courvoisier, ein Florek oder ein Rosales waren (einige Namen sind mir entschwunden), eines hatten sie alle gemeinsam. Sie haben, gewollt oder ungewollt, ein Stück großartiger Regimentsgeschichte geschrieben.

      Kolwesi, Operation Leopard. Mai – Juni 1978

       Légionnaires, vous êtes soldats pour mourir.

       Je vous envoie là où l’on meurt!

      Legionäre, ihr seid Soldaten geworden, um zu sterben.

      Ich schicke euch dorthin, wo man stirbt!

       General François Oscar de Négrier. (1839 – 1913)

      Die Umstände, die zur Geiselnahme in Kolwesi führten, konnte man zwar mit wenigen Sätzen erklären, die Problematik und die Verstrickungen der verschiedenen Parteien der Vorgeschichte aber reichen bis tief bis in die Anfänge belgischer Kolonisierung zurück. Und wie anfangs schon erwähnt, drehte sich alles stets um Ausbeutung, um Macht und um die schier unermesslichen Bodenschätze der Provinz Katanga, auch Shaba genannt. Seit der Dekolonisierung von Belgisch-Kongo wurde das Land am großen Fluss ständig von heftigen Rebellionen erschüttert. Alles hatte in den 60er Jahren mit der Abspaltung Katangas unter Moishe Tshombe begonnen. Dieser hatte mit Unterstützung westlicher Geheimdienste in einer unilateralen Erklärung die Unabhängigkeit der Provinz von der Demokratischen Republik Kongo proklamiert. Unterstützt wurde diese Sezession von „Europäern“, allen voran von der „Union Minière du Haut Katanga“, einer einflussreichen Bergwerksgesellschaft, die zu den weltgrößten Kupfer-Produzenten zählte. Von den UN-Truppen jedoch zerschlagen und angeführt von den Söldnerführern „Black Jack“ (Jean Schramme) und Bob Denard (Gilbert Bourgeaud), schlugen sich die Rebellen Tschombés kämpfend über die Grenze nach Angola durch. Tschombé floh ins Exil, wurde jedoch 1964 zurück ins Land beordert. Es muss für die deutsche Politik ein Schlag ins Gesicht gewesen sein, wenn man bedenkt, dass Joseph Kasavubu, der erste Präsident Kongos, Tschombé zum Ministerpräsidenten machte. Einen Ministerpräsidenten, der einst mit Heinrich Lübke am Verhandlungstisch saß. Warum? Ich erzähle sicher nichts Neues, wenn ich schreibe, dass es Moishe Tschombé war, der, mit dem Wissen der Belgier und der Amerikaner, 1961 die Hinrichtung seines Vorgängers Patrice Lumumba angeordnet hatte. Lumumba war wohl einer der leidenschaftlichsten Kritiker der kolonialen Unterdrückung Afrikas. Es war ein feiger Mord, aber das nur am Rande. 1978 kehrten die Katanga-Gendarmen zurück. Die Shaba-Invasion begann. Von Kuba und der UdSSR unterstützt schien es, als hätten sie gleich mehrere Ziele. Katanga zurückerobern, Mobutu destabilisieren, die Clans gegeneinander ausspielen und einen ökonomischen Krieg beginnen. Dank seiner Elite-Division „Kamanyola“ (so hieß übrigens auch Mobutus Hausboot) und einem marokkanischen Expeditionscorps gelang es Mobutu, den Aufruhr zunächst niederzuschlagen und die Katanga-Gendarmen in Schach zu halten. Diese jedoch, Nathanael M’Bumba an ihrer Spitze, wollten Lubumbashi um jeden Preis einnehmen, und Kolwesi und die Gécamines, beide Symbole des belgischen Kolonialismus, lagen nun mal genau auf dem Weg dorthin. Kolwesi zu stürmen bedeutete, einen Dolch mitten ins Herz Mobutus zu stoßen. Wie ein Schwarm wild gewordener Mörderbienen fielen die Katanga-Gendarmen, wegen ihrer Badges auf der Uniform auch „Tiger“ genannt, über die Stadt her, denn genau deshalb waren sie gekommen: Um zu töten! Und so nahmen die Ereignisse ihren Lauf. Das, was in den Geschichtsbüchern unter dem Begriff „Schlacht um Kolwesi“ zu finden ist, war ein Blitzkrieg. Die Schnelligkeit und die Effizienz, mit denen die Fallschirmjäger der Legion diese Operation durchführten, lassen die Militärwelt heute

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