Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion. Thomas GAST
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Rückkehr des 2. REP in den Tschad, im Dezember des Jahres 1990. Lybische Gefangene werden abtransportiert.
Dschibuti
Fährt man mit dem Schiff von Norden kommend durch den Suezkanal, dann gelangt man ins Rote Meer. Vorbei an Ägypten und Eritrea, an Saudi-Arabien und am Jemen, stößt der Reisende an die Pforten des Bab-el-Mandeb. In Fahrtrichtung vorne rechts, also ungefähr im Süden, wacht der Ras Siyyan und gleich dahinter, einmal durch eine der beiden Engen hindurch, werden kleine Hügel sichtbar, die, so denkt man, vom Nebel umhüllt auf dem Wasser tanzen. Es sind die „Sieben Brüder“, die Shawabi-Inseln im Indischen Ozean. Rechts davon, immer noch in Fahrtrichtung gesehen, liegt Dschibuti. Gefühlt herrscht hier das ganze Jahr über Sommer, ja es ist eine der heißesten Regionen der Erde. Dschibuti ist ein kleines Land von großem strategischem Interesse. Seit 1962, Datum, an dem die 13. Halbbrigade der Legion an der Französischen Somaliküste ihre Quartiere aufgeschlagen hat, durchqueren Fremdenlegionäre die Wüsten bei Dikhil, Ali Sabieh, Tadjoura, Holl-Holl, Oueah und Obock. Kennen und lieben gelernt habe ich das Land und seine Menschen im Jahr 1988. Ich kann mich ganz genau an den Tag erinnern, an dem ich zum ersten Mal in meinem Leben nach Dschibuti kam. Es war der 2. Dezember 1988. Kaum hatten unsere Füße den Boden des kleinen Landes im Afar-Dreieck berührt, legten wir auch schon die Fallschirme an, um über der Gagade-Wüste abzuspringen. Ein zweitägiges Manöver sollte folgen. Das war damals so üblich. In der Transall herrschten Temperaturen um die 40 Grad Celsius. Den Schirm auf dem Rücken, das schwere Sprunggepäck zu meinen Füßen, saß mir ein Elsässer gegenüber. Es waren die raren Momente, in denen ich mich mit jemandem unterhalten konnte, der deutsch sprach. Es gab damals höchstens fünf oder sechs Deutsche im Regiment und eben eine Handvoll Elsässer. Dem war nicht immer so gewesen. Als Oberstleutnant Caillaud der Truppe im Jahr 1965 ihren wahren Charakter einhauchte, indem er die einzelnen Kompanien in den verschiedenen Kampfdomänen spezialisierte, waren es wesentlich mehr. Damals, kaum vier Jahre nach dem Algerienkrieg, gab es von den Anciens „gefühlte“ zwanzig Deutsche in jeder Kompanie. Erst danach ging die Kurve signifikant nach unten. Deutsche repräsentieren heute etwa nur noch zwei Prozent der Gesamtstärke der Legion. Konversationen auf Deutsch hatten also Seltenheitswert. Wir sprachen über die fünf Legionäre, die in einem Hubschrauberunfall unweit von hier im Mai 1976 in Holl-Holl ums Leben gekommen waren. Und wir redeten natürlich über den „Hadschi“ Hassan Gouled Aptidon, den ewigen Präsidenten Dschibutis, und nicht zuletzt auch über die Geiselnahme von Gladbeck. Zwei völlig durchgedrehte Geiselnehmer hatten Deutschland tagelang in Atem gehalten, nachdem sie, am 16. August 1988, einen Bus mit 32 Fahrgästen in ihre Gewalt gebracht hatten. Das Stichwort Geiselnahme war gefallen, und natürlich dauerte es nicht lange, bis das nächste fiel: Loyada! Plötzlich waren wir auch schon mitten drin im Geschehen.
Countdown in Loyada. Februar 1976
Nous sommes les hommes des troupes d’assaut.
Soldats de la vieille Légion.
Demain brandissant nos drapeaux.
En vainqueurs nous défilerons.
Nous n'avons pas seulement des armes.
Mais le diable marche avec nous,
ha , ha , ha , ha , ha , ha , ha , car nos aines de la Légion ,
Se battant là-bas, nous emboîtons le pas.
Wir sind Männer der Sturmtruppen.
Soldaten der alten Legion.
Morgen schwingen unsere Fahnen.
Wir werden als Gewinner marschieren.
Wir haben nicht nur unsere Waffen.
Denn auch der Teufel marschiert mit uns.
Ha, ha, ha, ha, ha, ha, ha, denn unsere Vorgänger kämpfen dort.
Wir folgen Ihren Spuren.
La Légion marche - Lied des 2. REP
In der gesamten Region am Horn von Afrika war der Teufel los. Es war noch nicht mal zwei Jahre her, dass im benachbarten Äthiopien Mengistu Haile Mariam den wiedergekehrten Messias und Kaiser Haile Selassie gestürzt und seinen Leichnam unter einer Toilette hatte einmauern lassen. In Eritrea und Ogaden tobten grausame Abspaltungskriege. Im heutigen Dschibuti sympathisierte das Afarvolk, auch Danakil genannt, mit Frankreich und mit Äthiopien, während die Issa, ein Clan der Somali, ihre Seelen an Somalia verkauften. Die militanten Somalier hatten es schon immer auf das kleine Land der Hirten, der Milch und der Schafe abgesehen. Das nicht zuletzt auch wegen des strategisch optimal gelegenen Hafens. In Dschibuti Stadt patrouillierten zu dieser Zeit Legionäre der dreizehnten Halbbrigade und der zweiten Kompanie des 2. REP. Letztere waren seit Ende November in dem Land, das Frankreich bisher noch nicht in die Unabhängigkeit entlassen hatte. Man suchte nach Waffenverstecken und nach Militanten einer Rebellen-Organisation. Eben aus diesem Grund wurde auch Balbala, ein Slumviertel zu Füßen des Leuchtturms Farah Had, periodisch von Dschibutis Armee mit Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht. Fremdenlegionäre standen Gewehr bei Fuß bereit, um dieses Stadtviertel auf der Suche nach Terroristen zu durchkämmen. Balbala war ein Ort, an dem selbst der Teufel nicht begraben werden möchte. Hier lebten Zehntausende von Menschen dicht an dicht zusammengepfercht in Hütten aus Wellblech und aus Karton und inmitten von Schmutz, Müll, stinkenden Abwässern und übel riechenden Fäkalien. Von hier aus wehte der unheilvolle Wind der Rebellion der Front de libération de la Côte des Somalis (FLCS). Diese radikale Gruppe hatte ihr Hauptquartier in Mogadischu. Ihr erklärtes Ziel? Die sofortige Unabhängigkeit für Dschibuti oder dessen Integration in einen großen Somalia-Staat. Und die Freilassung aller inhaftierten Partisanen. Am 3. Februar 1976 brachten vier mit Handgranaten, Sterling-MPs und Sturmgewehren-44 bewaffnete Terroristen der FLCS gewaltsam einen Bus unter ihre Kontrolle. Es war ein Schulbus mit insgesamt zweiunddreißig Insassen an Bord. Darunter einunddreißig Kinder von französischen, in Dschibuti stationierten Militärs sowie der Fahrer, Jean-Michel Dupont, ein junger wehrpflichtiger Soldat. Das Ganze geschah kurz nach 7 Uhr unweit der Luftwaffenbasis 188 „Colonel Émile Massart“. Mit den sechs- bis zwölfjährigen Kindern als Geiseln machten sich die Rebellen Richtung somalische Grenze, kaum zwanzig Kilometer weiter entfernt, auf. Unterwegs stießen sie auf einen Checkpoint der Gendarmerie. Die Stadt Dschibuti war zu der Zeit eine einzige Festung. Um diese herum befanden sich an allen aus der Stadt führenden Straßen massive, sperrige Checkpoints. Jeder einzelne bestand aus mehreren Reihen Stacheldraht links und rechts der Passage, sowie aus einer beweglichen Barriere in der Mitte. Unmittelbar daneben, am Straßenrand, waren Wachhäuser, in denen bewaffnete Gendarmen ihren Dienst taten. Genau auf einen solchen Posten, der die Straße Richtung Arta, einem vierzig Kilometer von hier entfernten Bergdorf, kontrollierte, raste der Bus mit voller Geschwindigkeit zu. Einer der Terroristen hielt dem Fahrer die Kanone seiner MP-44 in den Nacken.
»Wir sind uns beide einig, dass du nicht anhältst?«
»Was soll ich tun?«
»Fahr einfach weiter, ramm diese verdammte Barriere.«
»Auch wenn sie auf uns feuern?«, fragte der Fahrer.
Der Druck in seinem Nacken verstärkte sich.
»Du hast die Wahl. Entweder du tust, was ich sage, oder ich puste dir das Hirn aus deinem Schädel.«