Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion. Thomas GAST
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Bei den Legionären gab es nichts Neues. Zumindest mussten sie sich immer noch mit Waffen herumschlagen, die aussahen, als kämen sie direkt vom Schwarzmarkt oder aus dem Museum. Ihren Kampfgeist sollte das aber nicht beeinträchtigen: Im Gegenteil! Nachdem sie Weihnachten in ihren Außenposten gefeiert hatten, kam es am 6. März 1970 zu schweren Kämpfen in der Provinz Ouadaï, genauer gesagt in der Region Safay. In einem Feuergefecht stellte die erste Kompanie eine Rebellengruppe auf dem Markt von Dabandat. Eine zu Hilfe eilende Nomadeneinheit wurde sofort unter Beschuss genommen. Ihr Führer fiel. Der Arzt des 2. REP, Michel de Larre de la Dorie, wurde tödlich getroffen, als er den Mann, der schwer verletzt am Boden lag und sich nicht mehr rührte, bergen wollte. Die Methodik und die Effizienz, mit denen die Legionäre in jedem Kampf zu Werke gingen, erzeugten beim Feind Wut und Verzweiflung. Das jedoch machte ihn umso gefährlicher. Am 17. März 1970 operierte die motorisierte Kompanie unter dem Befehl des Capitaine Aubert im Gebiet zwischen Mangalmé und Oum-Hadjer. Gegen 17 Uhr 30 geriet der stellvertretende Kompaniechef mit dem dritten Zug bei dem Ort Dabazin in ein Feuergefecht mit den Rebellen. Fünfzehn Gegner wurden getötet, ein paar alte Waffen erbeutet, die eigenen Wunden gepflastert. Am 28. November kam es im Canyon Guelta-Maya zu einem Kampf zwischen Rebellen und der CMLE. Die Rebellen ergriffen die Flucht. Ende Dezember fand in der Region um Abou Deia, Am-Timan und Azrak die Operation „Coccinelles“ statt. Zwei Legionäre der CMLE fielen bei Tchalak. Das Ende des Abenteuers Tschad näherte sich. Als ob die Legionäre rochen, dass sie anderswo niemals so brillante Kampferfahrungen sammeln konnten, stürzten sie sich ohne Morgen in jedes einzelne Gefecht. Nur für die CAE des Hauptmanns Wabinski jedoch sollte es noch eine Überraschung in letzter Minute geben. Doch das ahnte zu der Zeit noch niemand.
Ein Schützengraben in Korsika
Die erste Begegnung zwischen Oberst Wabinski und mir fand gegen Ende 1987 statt. Das Regiment hielt ein Manöver oben in den Bergen Korsikas ab. Es herrschte ein Sauwetter, regnete, was der schwarzgraue Himmel hergab. Die Wolken klebten wie schwarze Trauben am Cappu Giovu, der über die Balagne zu wachen schien. Die Temperaturen waren auf den Nullpunkt gesunken. Ich lag in einem Schützenloch auf meiner vom Regen nassen Zeltbahn, als sich aus dem Nebel heraus plötzlich eine bullige Gestalt löste. Der Mann, es war Oberst Wabinski, ließ sich neben mir im Trockenen nieder, zog eine Thermosflasche aus einem kleinen Rucksack und schenkte Kaffee in einen Blechnapf, den er mir hinhielt. »Trink, Caporal!« Der Befehl eines Obersten des 2. REP wird nicht diskutiert, weder damals noch heute. Der Colonel persönlich inspizierte seine Manövertruppe. Zu sagen, ich war verblüfft, trifft nicht das Wort, das mir damals im Kopf rumging: Ich war schwer beeindruckt! Ein oder zwei Jahre später begegnete ich dem alten Oberst am Flughafen in Nizza wieder. Fast hätte ich ihn nicht erkannt. In Zivil sah er aus wie ein stattlicher Weinbauer, dem der Anzug nicht so recht passen wollte, nicht aber wie ein ehemaliger Stabsoffizier der Fremdenlegion. Es war schon etwas Ironie mit im Spiel, denn ausgerechnet von hier, von Nizza aus, startete im Jahr 1969 das Tschad-Abenteuer für Frankreichs Prestigeregiment. Und der „Weinbauer“ war Teil dieses Abenteuers. Und nicht der geringste.
Tschad - Faille Leclerc, Oktober 1970
Steht man auf dem Em-Koussi, dem höchsten Berg des Tschad im Südosten des Tibesti-Gebirges hoch oben im Norden des Landes, dann hat man, an einem schönen Tag, einen herrlichen Ausblick auf den Pass von Zouar. Zouar ist eine kleine Militärgarnison der Armée nationale tchadienne (ANT) unweit der Grenze zum Niger. Die Garnison besteht aus einem winzigen Außenposten, einer vier Kilometer entfernten Landepiste und einigen windschiefen Baracken. Die Landschaft rundherum ist rüde. Schroff abfallende Felsen, schwindelerregende Höhenzüge, tiefe, von Felsvorsprüngen verdeckte Täler, in die nie das Licht der Sonne fiel, wechseln sich ab mit schwarzen Vulkansimsen, hohen Plateaus, Sandsteintürmen, steilen Klippen und salzpfefferfarbenen Natronlöchern. Der Pass, auch „Faille Leclerc“ genannt, ist ein Durchlass, eingekeilt zwischen zwei emporragenden Felsen. Nur dieser Pass gibt den Weg in den Nordwesten des Landes frei. Wer in diese Gegend kommt, der hat etwas zu verbergen. Sicher war es die Mordlust, die eine Bande Toubous hierher verschlug. Seit Monaten schon verübten sie Anschläge auf die ANT. Erst dieser Tage hatte die reguläre Armee bei einem Hinterhalt elf Männer verloren. Die Soldaten wagten sich kaum mehr aus der Kaserne, verrammelten nachts Türen und Fenster und beteten, bald von hier verschwinden zu können. Am 22. Oktober rührte die französische Armee endlich die Kriegstrommeln. Die Operation Picardie-2 wurde in aller Eile beschlossen. Unverzüglich sollten Soldaten nach Zouar verlegen. Doch nicht irgendwelche Soldaten, sondern die Paras Legion. Capitaine Wabinskis Männer, um genauer zu sein. In einer in dieser Form noch nie durchgeführten Sturmlandung per Flugzeug sollte Wabinski den Militärposten aus der Umklammerung der Rebellen befreien. Eine nach der anderen hoben mehrere Nord Noratlas in Abéché ab. Sie flogen die fast 900 Kilometer im taktischen Tiefflug Richtung Zouar und landeten im Intervall auf der staubigen Piste. Die einzelnen Maschinen rollten noch, als die Legionäre, aufgeteilt in Kampfgruppen, die Waffe in der Hand und das schwere Gepäck auf dem Rücken heraussprangen und gefechtsmäßig den ihnen zugewiesenen Zielen entgegeneilten. Kaum hatte eine Maschine sich ihrer Last entledigt, hob sie bereits wieder ab, sodass die nächste anlanden konnte. Das perfekt getimte Spiel wiederholte sich so lange, bis die Kampfzüge Polge, Kreher und Brasseur am Boden und die Kompanie Wabinski komplett war.
In Windeseile und ohne auf Widerstand der Rebellen zu stoßen, wurde der Flughafen gesichert. Daraufhin stießen die Legionäre nach Zouar vor, wo sie von den Soldaten der ANT frenetisch als Befreier empfangen wurden. Im Nu wurde auch die Straße nach Faya-Largeau gesichert. Die für die Operation notwendige Militärkolonne konnte nun getrost auf dem Landweg nachrücken. Was die Legionäre nicht wussten, war, dass sie beobachtet wurden. Die Rebellen der zweiten Armee lagen rundherum auf den Bergkämmen und ließen sich keine ihrer Bewegungen entgehen. Es waren Toubou. Niemand wünschte sich einen Toubou als Gegner! Diese Krieger der Nord-Armee waren zähe Hunde. Sie kamen wochenlang mit einer Handvoll Datteln und etwas Kamelmilch aus und überwanden dabei Strecken, die in den Ohren eines Europäers höchst unwahrscheinlich klangen. Das Gewehr schien eine Verlängerung ihrer Arme zu sein, so zielsicher und behände gingen sie damit um. Der schlimmsten Folter begegneten sie mit Hochmut. Mit einem Hochmut, der die Franzosen in den Wahnsinn trieb. Und nun saßen sie da oben in ihren schattenverhangenen Grotten im Pass von Zouar und warteten mit brennender Ungeduld auf die Legionäre.
Bis jetzt ging alles glatt. Die Kompanie Wabinski musste keinen einzigen Schuss abgeben, weil der Gegner sich nicht gezeigt hatte. Solange man sie nicht in ihren Grotten behelligte, war ihnen scheinbar alles gleichgültig. So einfach konnte Krieg sein. Der zweite Teil der Operation sollte bald schon beginnen, doch wie der aussah, wusste im Augenblick nur Chef de Bataillon Dominique, der Mann also, der die Operation Picardie-2 leitete.
»Ich möchte, dass Sie Ihre Kompanie nach Einbruch der Dunkelheit durch den Pass von Zouar führen!«
Endlich war es heraus.
Wabinski hielt die Luft an. »Na, wenn’s weiter nichts ist!« Es klang ironisch, was dem Kommandanten Dominique nicht entging. Er quittierte es mit einem Lächeln und sprach weiter.
»Vermeiden Sie jeglichen