Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion. Thomas GAST
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Hélie de Saint Marc, gemalt von Meister Paul Anastasiu.
Die in Fleisch und Seele verletzten Paras Legion legten nach beinharten Kämpfen im Jahr 1962 definitiv die Waffen nieder. Übrig blieben Männer, die nicht nur die Guerillataktik des Dschungels und der Reisfelder, sondern gleichwohl die Kampftechnik der Djebels, der Ergs und Wadis im Sturmgepäck trugen. Die Erfahrungen, errungen in blutigen Einsätzen, wurden seit der Gründung der Paras schriftlich festgehalten, von Mund zu Mund weiterverbreitet und nicht selten auch direkt im Kampfgeschehen weitergereicht. Zuvor erwähnte Techniken, dieses Knowhow, das „Savoir-Faire“ lag in diesen Tagen einzig und allein in den Händen des 2. REP, des Erben aller Paras Legion. Doch da der Feind nicht stillstand und die Paras Legion sich diesem Feind nicht nur anpassen, sondern ihm auch ständig überlegen sein wollten, suchten kluge, zukunftsorientierte Männer nach revolutionären Änderungen. Oberstleutnant Caillaud, der Regimentskommandeur des 2. REP, war so ein kluger Mann. Der kriegserfahrene Caillaud gab eine eindrucksvolle, robuste Erscheinung her. Hinter seinem verschlossenen, kantigen Gesicht verbarg sich ein Chef, der kein Risiko scheute. Sein Draufgängertum und sein Faible für alles Neue und Ungewöhnliche waren damals in Indochina schon legendär. In den Jahren zwischen 1946 und 1948 war er als Leutnant im „Land der aufsteigenden Drachen“ bereits Zugführer im zweiten Regiment. Später, im Oktober 1948, nannte man ihn „Monsieur 2. BEP“ und am 26. Dezember 1949 sprang Capitaine Caillaud an der Spitze seiner Kompanie über dem Wehrdorf Hieu-Tu, bei Tra Vinh, ab. Das geschah unter den widrigsten Umständen, bei heftigem Regen und bei Windgeschwindigkeiten um die zwanzig Meter pro Sekunde. Seine hundertdreißig Mann, die „erste Kompanie“, legten sich erfolgreich mit drei Bataillonen Viet-Minh an. Mit demselben Elan wie einst ging er derweil die Umgliederung seines 2. REP an. Er, der Revolutionär, stellte nicht alles bis dahin Geschehene in Frage, er war aber Partisan von dem, was man Evolution nannte. Nach vorne schauen war die Devise! Bis dahin unterschieden sich die Fallschirmjäger, außer dass sie, statt eines Rucksacks, den Fallschirm auf dem Rücken trugen, nicht sehr von den anderen Legions-Regimentern. Das sollte sich gewaltig ändern. Sein modernes 2. REP erhob den Anspruch, Meister aller nur vorstellbaren Kampftechniken zu werden. Und diese sollten egal, wann, egal, wo und ungeachtet der Umstände angewandt werden können: tags, nachts, zu Wasser, auf der Erde und in der Luft. Dafür gab es ein Wort, und das lag in aller Munde. KOMMANDO. Er wollte aus den Männern reine Kommandosoldaten machen. Gesagt, getan. Zunächst galt es, Spezialisten zu finden. Hier bewegte sich das Regiment in einer „Komfortzone“, denn in seinen Reihen gab es genügend Soldaten, die über spezielle Kampftechniken verfügten, ob es sich nun um Franzosen, Russen, Briten oder um Deutsche handelte. Und er sandte ausgesuchte Offiziere und Unteroffiziere an alle in Betracht kommenden Kommandoschulen. Ins Centre national d’entraînement commando (CNEC) in den Bergen von Mont-Louis, an die Luftlande- und Lufttransportschule in Schongau, zu diversen Lehrgängen französischer Marineeinheiten und Heeresfliegern. Caillaud und sein Stab streckten die Fühler aus, auch hinüber zur britischen SAS. Deren Kommandoeinheiten und Schwadronen in Malaysia und anderswo auf der Welt waren Asse in der Anti-Guerilla Warfare. Und man liebäugelte mit den U.S. Marines. Die U.S. Marines stellten ein nachzuahmendes Vorbild dar, vor allem was Struktur, Aufbau, Taktik und Einsatz anging. Extreme Mobilität, Vielseitigkeit in der Verlegung zu den Einsatzorten, ob zu Land, zur See oder über den Luftweg, das zeichnete die Amerikaner aus. Das 2. REP konnte nur dazulernen, kurz: Es tat sich was in Sachen Recherche und Planung. Der Einsatz über die dritte Dimension blieb allen Kompanien der Paras Legion erhalten, und in diesem Sinne eröffnete Caillaud in Calvi (Stadt im Nordwesten Korsikas) eine Fallschirmspringerschule. Kurz darauf, 1965, stellte das 2. REP die erste Freifall-Equipe auf die Beine. Es war die Geburtsstunde der Commandos de recherche et d'action en profondeur (CRAP). Das Alte, das Starre und die Schwere fielen mit der Zeit vom Regiment ab, ließen der Moderne, der extremen Beweglichkeit und der Schnelligkeit Platz. In diese Epoche hinein wurde das Regiment Einheit für Einheit und über lange Monate hinweg von Bou-Sfer nach Calvi, seiner neuen Garnison, verlegt. Camp Raffalli, Synonym für die Hochburg der Paras, hatte die Berge im Rücken und das Meer zu Füßen. Berge, Meer und freier Himmel, mehr benötigten die Männer nicht! Die Einheiten spezialisierten sich, jede einzeln, in einer in Gänze eigenen Kampfdomäne. Und so wurde aus der ersten Kompanie zunächst eine Aufklärungskompanie, die hinter den feindlichen Linien agierte. Vor allem bei Nacht. Die zweite Kompanie perfektionierte sich für den Kampf im Gebirge. Sie betrieb von nun an Aufklärung auf Skiern und auf Schneeschuhen. Sie seilte sich aus schwindelerregenden Höhen hinab in unergründliche Tiefen. Und sie erklomm die steilsten Berggipfel auf der Suche nach dem Edelweiß. Und während die dritte Kompanie Kampfschwimmer hervorbrachte, übte sich die vierte darin, Minen und Fallen aus Sprengstoff zu bauen, anzulegen und zu beseitigen und, später dann, Scharfschützen auszubilden. Die Legionäre lernten, sich in ihren Schützengräben von Panzern überrollen zu lassen, um sie von hinten mit der Panzerfaust, mit einer Panzermine oder einer geballten Ladung zu vernichten. Im Kommandostil machten sie sich die Nacht zum Tag und operierten bei völliger Dunkelheit. Nächtliches Einsickern, überfallartiges Durchführen eines Handstreiches, nur um, bevor die Sonne wieder erschien, plötzlich woanders aufzutauchen, den nächsten Coup fest im Auge. Sabotage, Hinterhalt, Handstreich, Nahkampf und Orts- und Häuserkampf, das rapide Sammeln nach dem Fallschirmsprung. Alles geschah mit verblüffender Schnelligkeit und Effizienz: Hier lagen die zukünftigen Horizonte der Paras Legion! Die Kampftechniken à la Guerilla passten dem Regiment wie eine hautenge Maske, und die Neugliederung stellte in der Militärwelt der Spezialeinheiten in Frankreich etwas Einzigartiges dar. Das afrikanische Abenteuer konnte beginnen. Das Buch ist die bewegte Geschichte einer beispiellosen Einheit, die in einer außergewöhnlichen Epoche und in einem in höchstem Maße erstaunlichen Umfeld agiert und deren Männer alle eines gemeinsam haben: eine Abenteurerseele und den Drang, ihre Leidenschaft, koste