Der Gärtner war der Mörder. Wolfgang Schneider

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Der Gärtner war der Mörder - Wolfgang Schneider

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Arrestzelle sperren! Ich hätte das schon längst getan, wenn ich dich nicht so dringend brauchen würde!“ Er machte ein finsteres Gesicht, was ihn zugegebenermaßen einige Anstrengung kostete und sah in die Runde um sich der ungeteilten Aufmerksamkeit aller zu vergewissern. Dann fuhr er fort:

      „Also, es gibt eine sehr wichtige Neuigkeit. Wir haben vermutlich eine zweite Entführung.“ Das verfehlte seine Wirkung nicht. Juttas ausufernde Fröhlichkeit wich augenblicklich professioneller Aufmerksamkeit und die beiden anderen sahen ihn gespannt an. Funke notierte etwas auf seinem Block. Sedlmeyer fuhr fort:

      „Das ganze riecht, so wie's aussieht, nach einer ziemlich harten Nummer. Ich vermute mal, dass wir aus politischen Gründen da drin hängen, genaueres erfahre ich heute Nachmittag vom Widenmayer. Jedenfalls werden wir ziemlichen Druck bekommen. Zeitdruck einerseits, denn wir haben eine Entführung aufzuklären, die möglicherweise vom selben Täter begangen worden ist, der auch das andere Opfer auf dem Kerbholz hat. Und damit ist nicht zu spaßen, darf ich euch daran erinnern! Und dann werden ein paar Herrschaften ganz oben uns im Genick sitzen und Resultate haben wollen. Stellt euch also auf ein paar ziemlich stressige Tage ein!“ Er ließ seine Ansprache kurz wirken, nahm einen Schluck Kaffee und fuhr fort:

      „Ich fass mal kurz zusammen, was wir bisher haben. Jutta und ich sind gestern zum Fundort gefahren und haben uns einen Überblick verschafft. Wir haben eine Wasserleiche, und zwar eine ziemlich gruselige. Wenn ihr mal einen Blick auf die Fotos werft, werdet ihr sehen, was ich meine.“ Funke und Baumgartner blätterten in ihrem Stapel Kopien, Jutta hob den ihren halbherzig hoch und legte ihn dann schnell wieder weg. Funke wirkte dabei ein wenig aktionistisch und überdreht, während Baumgartner ein kleines bisschen blass um die Nase wurde. Sedlmeyer fuhr fort:

      „Die Kriminaltechnik konnte uns wenig Mut machen; laut deren Aussage sind kaum verwertbare Spuren zu erwarten. Sie haben zwei Schmuckstücke bei der Leiche sichergestellt, aber ob uns die groß weiterhelfen, wage ich zu bezweifeln.“ Funke schrieb emsig mit und Baumgartner hörte interessiert zu.

      „Im Moment ist Mommsen gefragt, der macht gerade seine Untersuchungen. Was wir dabei gestern mitbekommen haben, ist allerdings ziemlich interessant: Die Tote hat offenbar Druckstellen am Hals, was meiner Meinung nach auf Erwürgen hindeutet. Furchtbar genug, aber nicht unbedingt ungewöhnlich. Aber jetzt kommt's: sie hatte ein paar seltsame Verletzungen am Oberkörper; ein paar davon sind Bissspuren von Fischen, aber es gibt noch etwas anderes, nämlich Einschnitte von einem Skalpell oder etwas ähnlichem.“ Baumgartner sah ihn nachdenklich an und nahm einen Schluck Kaffee. Sedlmeyer stand auf und begann, am Kopfende des Tisches auf und ab zu gehen, während er weiter sprach:

      „Und aus einem dieser Einschnitte hat Mommsen dann ein winziges Stückchen herausgeholt, irgend ein Ding, das seiner Meinung nach absichtlich dort platziert worden sein muss!“

      „Wissen wir schon, was das Ding ist?“ fragte Funke.

      „Dat weet Gott und Peter Otzen“, antwortete Jutta, „er muss es erst mal in sein Labor schicken. Es ist jedenfalls ziemlich klein und dunkelbraun.“

      „Das ist die eine seltsame Besonderheit“, fuhr Sedlmeyer fort, „die andere ist noch kurioser: laut Mommsen hatte unser Opfer eine Art Entzündung, die die Beine und Teile des Unterbauches betrifft.“

      „Er weiß allerdings nicht, wie alt die ist“, präzisierte Jutta, „daher sollten wir bei den Angehörigen nachfragen, ob denen etwas in der Art bekannt war. Es könnte ja sein, dass die Entzündung nach der Entführung entstanden ist, dann haben wir ordentlich was zu knobeln.“

      „Chef, eine Frage...“ sagte Funke, dann schrieb er ein paar Worte auf seinen Block und fuhr fort, „...können wir mit Sicherheit sagen, dass die Leiche von gestern identisch ist mit der vermissten Schülerin?“

      „Ziemlich,“ antwortete Sedlmeyer, „jedenfalls was mein Gefühl anbelangt. Wir sollten eine Identifikation mit den Angehörigen vereinbaren, das wäre unser erster Schritt. Die wird allerdings der Schlag treffen, wenn sie die Leiche zu Gesicht bekommen. Vielleicht sollten wir besser erst mal mit einem DNA-Test vorlieb nehmen. Ich werde sowieso heute Nachmittag nochmal mit Mommsen...“

      Er wurde unterbrochen durch ein kurzes Klopfen und alle sahen zur Tür. Die öffnete sich und eine junge Frau trat ein. Sie hatte ein unglaublich hübsches Gesicht, umrahmt von einer modischen brünetten Kurzhaarfrisur und trug einen engen schwarzen Rock und eine weiße Bluse. Trotz ihrer geschäftsmäßig etwas biederen Kleidung sah sie spektakulär gut aus. Funke beobachtete sie verstohlen aber erkennbar gierig aus den Augenwinkeln. Sandra Ortiz, Widenmayer's Sekretärin. Immer mal wieder kursierten die wildesten Gerüchte, was sie und ihren Chef anbelangte; sie habe den Job in erster Linie ihrem Aussehen zu verdanken, Widenmayer sei ein geiler alter Bock und stelle sonstwas mit ihr an, seine Frau sei im Bilde, die Scheidung stehe kurz bevor und soweiter und soweiter. Das übliche Getuschel, zu neunzig Prozent aus dem Neid männlicher und der Missgunst weiblicher Kollegen geboren. Sedlmeyer persönlich fand das ganze nervtötend und glaubte kein Wort davon; in seinen Augen war sie sehr nett und kompetent.

      „Hallo Herr Sedlmeyer“, sagte sie und lächelte ihn charmant an, „Herr Dr. Widenmayer bat mich, Ihnen dies hier vorbei zu bringen.“ Dabei legte sie einen dünnen Stapel Papier vor ihm auf den Tisch. „Er lässt Ihnen ausrichten, dass er Sie dann um dreizehn Uhr dreissig erwartet.“ Damit schwebte sie davon und zog leise die Tür hinter sich zu. Ein kurzer Moment des Schweigens folgte, wie er immer eintritt, wenn eine über die Maßen schöne Frau einen Raum mit ihrer unwiderstehlichen Aura erfüllt und ihn dann wieder verlässt. Sedlmeyer fing sich als erster. Er nahm den Stapel Papier und fing an, ihn halblaut zu überfliegen:

      „...Vermisstenanzeige... Freitag Abend, 19 Uhr irgendwas... fünfzehnjährige Schülerin Jasmin... wohnhaft in Allach... Eltern Karin und Gianfranco Alberici, geschieden... protokolliert... bla bla bla...“ Er klopfte die Blätter auf den Tisch, sah in die Runde und sagte:

      „Meine Damen und Herren, hier haben wir unsere zweite Entführung.“

      Eine Realschule in Untermenzing

       Montag, 9. Juni 2008, 10:50

      Der Mann stützt sich auf seine Schaufel, die massiv ist und am oberen Ende einen quer angebrachten Holzknauf hat. Er schnauft und schwitzt, seine Arbeit ist anstrengend und die Sonne brennt von einem wolkenlosen Himmel herunter. Er atmet einmal tief durch und wischt sich mit dem Handrücken über die Stirn. Der Mann ist lange Zeit arbeitslos gewesen; die Hartz-Reformen der Regierung Schröder haben ihm dann vor ein paar Jahren einen Ein-Euro Job eingebracht, den er nicht ablehnen kann. Er arbeite gerne mit Pflanzen, hat er damals angegeben, und kenne sich recht gut mit ihnen aus; daraufhin ist ihm dann ein Job als Aushilfskraft für die Pflege und Instandhaltung der städtischen Grünflächen angeboten worden. In dieser Position ist er auch heute noch beschäftigt, sein Arbeitgeber ist das Baureferat der Stadt München, Hauptabteilung Gartenbau. Anfangs ist seine Arbeit sehr einfach und stupide gewesen; er ist als Hilfsarbeiter der Reihe nach verschiedenen Landschaftsgärtnern zugeteilt worden, die ihn Säcke haben schleppen und Erde haben umgraben lassen. Fast alle haben im Laufe der Zeit irgendwann nicht mehr mit ihm zusammen arbeiten wollen, weil er ihnen abweisend und verschlossen vorgekommen ist. Der letzte davon, ein gutmütiger älterer Mann namens Paul, war der einzige, der es länger mit ihm ausgehalten hat. Er ist halbwegs gut mit ihm ausgekommen und hat auch erkannt, dass der Mann recht gründlich und zuverlässig arbeitet und ihn für verantwortungsvollere Tätigkeiten empfohlen. Somit sind ihm über die Zeit anspruchsvollere Aufgaben übertragen worden. Für die Stadtverwaltung ist das ein rentables Geschäft; der Mann kostet so gut wie nichts und arbeitet ordentlich. Irgendwann ist ihm dann sogar der Führerschein – den er nach zwei missglückten Versuchen auch tatsächlich bestanden

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