Der Gärtner war der Mörder. Wolfgang Schneider
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Auf dem Parkplatz vor dem Präsidium angekommen, parkten sie den Wagen auf seinem Stellplatz, betraten das Gebäude, und fuhren mit dem Lift in den viertem Stock, in dem sich ihr Büro befand. Sedlmeyer als Teamleiter hatte seinen eigenen Raum, dessen Türe er allerdings immer offen ließ, um die Nähe zu seinen Mitarbeitern zu wahren. Jutta teilte sich mit den anderen zwei Teammitgliedern den angrenzenden größeren Raum.
„Willste auch nen Kaffee?“ fragte sie.
„Bullen trinken doch immer Kaffee oder nicht?“ antwortete Sedlmeyer. „Ja, bitte mach mir auch einen,“ sagte er lächelnd. Jutta verschwand in der Kaffeeküche, während Sedlmeyer seinen Computer startete und einen leeren Leitz-Ordner aus einem Aktenschrank holte. Dann suchte er eine Weile ein paar PDF-Dokumente auf seinem Rechner zusammen, die er anschließend zum Drucker schickte. Derweil war Jutta mit zwei dampfenden Tassen Kaffee erschienen. Sedlmeyer bedankte sich und nippte kurz. Jutta tat es ihm nach und verzog leicht das Gesicht.
„Sag mal, schmeckt dir diese Plörre eigentlich, Sedi?“ Sedlmeyer stand auf und ging zum Drucker, mit Jutta im Gefolge.
„Naja, es geht so?!?“ antwortete er.
„Wenn du mich fragst, brauchen wir hier endlich mal ne ordentliche Kaffeemaschine. Diese Brühe hier is echt eklig. So 'n schnieken lütten Espresso, damit könnte ich gleich viel besser arbeiten...“ Sedlmeyer nahm die Blätter aus dem Drucker und grinste:
„Schniek und lütt, aha... Ich schau mal, vielleicht lässt sich sowas ja mal organisieren.“ Er hielt ihr eines der ausgedruckten Blätter hin.
„Kannst du das mal eben ausfüllen? Ich hock mich währenddessen hin und mach die grobe Planung für morgen.“ Sie setzten sich an ihre Schreibtische und erledigten während der nächsten Stunde ihren Papierkram. Dann heftete Sedlmeyer die ausgefüllten Blätter in den bereitstehenden Ordner und schlug vor, endlich etwas essen zu gehen:
„Nach was steht dir der Sinn? Italiener? Mir ist es eigentlich egal.“ Jutta überlegte kurz. Dann sagte sie:
„Kennst du das Bobolovsky in Schwabing? Die haben alles mögliche und da schmeckt's eigentlich ganz gut.“ Sedlmeyer war einverstanden:
„Ok, ist mir recht, dann lass uns da hinfahren.“
Sie fuhren mit der U-Bahn bis zur Haltestelle Münchner Freiheit, von wo aus das Restaurant ihrer Wahl zu Fuß lediglich ein paar Meter entfernt lag. Dort angekommen, suchten sie sich einen Tisch und stellten fest, dass das Lokal ziemlich gut besucht war und an mindestens drei Seiten große Leinwände aufgespannt waren. Sedlmeyer ging ein Licht auf: heute war ja das Deutschland-Spiel, von dem ihm die Kölner gestern im Biergarten erzählt hatten. Er sagte zu Jutta, die gerade die Speisekarte studierte:
„Heute spielt Deutschland gegen Polen. Könnte knapp werden, die Polen haben einen sehr guten Torwart.“ Die sah irritiert zu ihm auf und runzelte die Stirn.
„Seit wann bitte hast du denn eine Ahnung von Fußball, Sedi?“ Er lächelte überlegen und sagte:
„Wenn du wüsstest, von was ich alles eine Ahnung habe!“ Jutta schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrer Speisekarte. Nachdem sie bestellt hatten – Sedlmeyer ein Radler plus Chicken Burger und Jutta eine Apfelschorle mit Wiener Schnitzel – schlug er vor, im Anschluss noch das Fußballspiel anzuschauen. Jutta war einverstanden. Deutschland gewann das Spiel gegen Polen mit 2 : 0. Beide Tore schoss Lukas Podolski, das eine in der 20. und das andere in der 72. Minute. Er hatte nicht absichtlich daneben geschossen, wie sein Kölner Landsmann gestern noch im Biergarten prophezeit hatte.
Präsidium I
Montag, 9. Juni 2008, 9:15
„Herrschaften! Spitzt mal bitte kurz die Ohren und hört mir zu!“ Sedlmeyer stand im Türrahmen seines Büros und sprach zu seinen Mitarbeitern.
„So wie es aussieht, haben wir einen laufenden Fall übertragen bekommen, nämlich die verschwundene Schülerin von vor drei Wochen. Sie wurde tot aufgefunden; Jutta und ich haben gestern die Fundortbesichtigung gemacht und Mommsen danach ein bisschen bei der Arbeit über die Schulter geschaut.“ Er sah in ein fragendes, ein ratloses und ein wissendes Gesicht. Jutta, der letzteres gehörte, sah kurz zu ihm auf und beschäftigte sich danach rasch wieder mit ein paar Blättern, die sie mit einem geräuschhaften Schlag auf einen Tacker zusammen heftete. Die beiden anderen in Sedlmeyer's Team sahen ihn an und warteten auf eine Erklärung. Roland Baumgartner, der eine von ihnen, biss noch einmal in die Nussschnecke, über die er sich gerade hergemacht hatte, während der andere, Roland Funke, seinen Kugelschreiber geistesabwesend zwischen Zeige- und Mittelfinger hin und her pendeln ließ. Baumgartner war einer von der Sorte gemütlicher Kumpel. Ein fast zwei Meter großer, ausgeglichener Niederbayer, der gerne lachte und sich beim Reden auf das Wesentliche beschränkte. Seine Frisur war der Haargewordene Beweis jeder Chaos-Theorie; dunkelblond, in alle Richtungen abstehend und von keinem Kamm der Welt in eine vernünftige Form zu bringen. Er war verheiratet, ein paar Jahre jünger als Sedlmeyer und so etwas wie der gute Geist des Teams, der in hektischen Situationen Ruhe und Besonnenheit ausstrahlte, mit jedem gut konnte und sich die Laune selten verderben ließ. Ganz anders Funke: er war ziemlich klein, lachte selten bis nie und wirkte immer ein wenig hektisch und verkniffen. Jutta hatte Sedlmeyer gegenüber einmal die Theorie aufgestellt, dass das damit zusammenhängen müsse, dass Funke dringend eine Frau benötige, während Sedlmeyer es auf dessen ausufernden Kaffeekonsum geschoben hatte. Im weiteren Verlauf dieses Gespräches hatte Jutta dann darauf hingewiesen, dass das mit der fehlenden Frau maßgeblich auf Funke's optische Erscheinung im allgemeinen und auf seinen peinlichen Schnurrbart im Besonderen zurückzuführen sei. Bei Sedlmeyer hatte sich dann in Sachen Frauen-Problematik im Lichte seiner eigenen Situation bald ein nagendes Unwohlsein eingestellt und er hatte schnell das Thema gewechselt. Funke war optisch in der Tat eine seltsame Kombination: sein schwarzer Schnurrbart war akkurat auf den Millimeter getrimmt, ebenso wie sein glattes, präzise gescheiteltes Haar, welches allerdings bereits merklich ergraut war, trotz seiner erst 31 Jahre. Er hätte ein bisschen ausgesehen wie das Abziehbild eines überarbeiteten Buchhalters, wären da nicht die schrillen Hawaii-Hemden und die Cowboy-Stiefel gewesen, die er immer trug. Womöglich hatte er früher einfach zu viele Folgen „Magnum“ gesehen. Sedlmeyer räusperte sich und fuhr fort mit seinen Erläuterungen:
„Ich warte noch auf eine Erklärung vom Widenmayer, warum er Jakubinski und seinen Leuten den Fall entzogen und uns auf's Auge gedrückt hat, aber es scheint einen guten Grund dafür zu geben. Ich werde gleich mal bei ihm anrufen und ihn bitten, uns seine Akten zur Verfügung zu stellen. Danach machen wir Besprechung, sagen wir um...“ Er sah auf seine Armbanduhr, „...zehn Uhr dreissig. Jutta, könntest du bitte checken, ob der Konferenzraum da noch frei ist? Schorschi, könntest du in der Zwischenzeit mal ein wenig über Wasserleichen recherchieren? Ich muss dich allerdings warnen, das ist ein ziemlich unappetitliches Thema!“ Mit „Schorschi“ war in diesem Fall Baumgartner gemeint. Zu Beginn ihrer aller Zusammenarbeit hatten sie schnell festgestellt, dass zwei Kollegen mit dem selben Vornamen ein schwerwiegendes praktisches Problem mit sich