Der Gärtner war der Mörder. Wolfgang Schneider

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Gärtner war der Mörder - Wolfgang Schneider страница 10

Автор:
Серия:
Издательство:
Der Gärtner war der Mörder - Wolfgang Schneider

Скачать книгу

in Grünwald. Kannst du dir das vorstellen? Da fährt er 'nen fetten BMW für eine Milliarde Euro mit elektrischem Zahnseide-Spender oder sonst was für'n Schnickschnack und dann schafft er's nichtmal bis nach Freimann. Na jedenfalls hab ich mit ihm ausgemacht, dass wir ihn dann später direkt in der Pathologie treffen.“ Das war Sedlmeyer nur recht. Sollte Mommsen in der Gerichtsmedizin später seine Arbeit machen, sie würden am Fundort die ihre machen. Er fuhr fort:

      „Hast du mit Jakubinski eigentlich auch gesprochen? Weiß der überhaupt, was passiert ist?“ Jutta machte ein unschuldiges Gesicht.

      „Nö, ich fühle mich da nicht so zuständig. Du kennst doch den Widenmayer. Der sagt dir direkt an, was du zu tun und zu lassen hast. Ich nehme an, er hat Jakubinski inzwischen selber angerufen.“ Sedlmeyer setzte den Blinker und bog nach rechts ab.

      „Der wird sicherlich nicht gerade bester Laune sein, dass sie ihm seinen Fall so einfach wegnehmen. Naja, lassen wir uns überraschen.“

      Etwa eine halbe Stunde später waren sie am Ziel, nicht ohne sich vorher einmal kurz im Gewirr der kleinen Kieswege verfahren zu haben, die den einzige Zugang zu der bewaldeten Uferstelle darstellten, an der die Leiche gefunden worden war. Zwei Wagen der Bereitschaftspolizei standen mit laufendem Blaulicht am Wegrand, dahinter der weiße BMW Kombi der Kriminaltechnik mit geöffneter Heckklappe. Sie stiegen aus und sahen sich um. Ein junger Mann in Uniform kam zu ihnen herüber, die drei bronzenen Sterne auf seinen Schulterstreifen wiesen ihn als Polizeiobermeister aus. Er war ziemlich weiß im Gesicht und sah bedrückt aus. Er streckte Sedlmeyer die Hand zur Begrüßung hin und stellte sich in breitestem Bayerisch vor:

      „Grias Good, Machtlfinger. Sie san die Kollegen vo da Mordkommission?“ Sedlmeyer schüttelte seine Hand.

      „Sedlmeyer, Grüß Gott. Das ist meine Kollegin, Frau Hemmers“, stellte er Jutta vor. „Zeigen's uns den Fundort, bittschön?“ POM Machtlfinger ging wortlos voraus und bahnte ihnen einen Weg durch Bäume und Gebüsch. An der Uferböschung der Isar war ein etwa fünfzehn Meter langer Abschnitt mit rot-weißem Plastikband abgesperrt worden. Direkt am Fluss lag die Leiche, umringt von drei Kollegen der Kriminaltechnik. Die Szenerie hatte etwas bedrückendes, mehr noch als sonst bei Tatorten üblich, was, wie Sedlmeyer auffiel, daran lag, dass keiner von den Kollegen einen Ton von sich gab. POM Machtlfinger zeigte Sedlmeyer eine Personengruppe am anderen Ende der Absperrung und sagte:

      „Do hint'n san de Zeugen. Personalien hamma aufg'nomma.“ Dann trat er einen Schritt zurück und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Sedlmeyer warf Jutta einen Blick zu, dann gingen beide zum Ufer um die Leiche zu inspizieren und knieten sich neben die Kollegen auf den Boden. Aller beruflichen Routine zum Trotz musste er erst mal schlucken. Er warf einen kurzen Seitenblick zu Jutta und sah ihre weit aufgerissenen Augen und die Blässe in ihrem Gesicht. Vor ihnen war eine schwarze Plastikplane ausgebreitet und mit Steinen an den Ecken beschwert worden. Am Kopfende der Plane stand ein geöffneter Aluminiumkoffer der Kriminaltechnik, der zahlreiche Instrumente und Werkzeuge enthielt. Auf der Plane lag ein totes Mädchen, offenbar im Teenager-Alter, auf dem Rücken. Sie war nackt, aufgequollen, haarlos und entsetzlich entstellt, ein paar Fliegen krochen auf ihr herum. Wasserleichen waren immer eine ziemlich üble Angelegenheit, besonders im Sommer. Die Verwesungsprozesse, die den menschlichen Körper in wässriger Umgebung verunstalteten, hinterließen rundheraus gesagt Horror-Leichen. So auch hier: die Augen des Mädchens waren milchig-trübe, ihr gesamter Körper grünschwarz verfärbt und aufgebläht, Fingernägel und Teile der Oberhaut fehlten. An einzelnen Stellen war die Haut grotesk aufgequollen, die Hände sahen aus, als würde sie faltige braune Handschuhe tragen. Vereinzelt waren Bissspuren von Fischen zu erkennen. Jutta hielt sich die Hand vor den Mund, stand auf und drehte sich weg. Sedlmeyer sah sich das tote Mädchen noch eine Weile an, dann gesellte er sich zu Jutta und sagte:

      „Scheiße, Mann. Was hältst du davon?“ Jutta sah ihm eine Weile mit zusammen gekniffenem Mund in die Augen und antwortete:

      „Lass uns mal die Zeugen befragen.“ Das war Sedlmeyer mehr als recht und sie gingen zum Rand der Absperrung, wo das ältere Ehepaar in Begleitung eines Beamten wartete. Die paar Meter, die sie dabei zurücklegten, kamen Sedlmeyer vor wie eine halbe Ewigkeit. Wie in Zeitlupe steuerten sie über die Uferböschung, so kam es ihm in diesem Moment vor, und fixierten ihr Ziel mit einem Tunnelblick, der das Geschehen um sie herum auszublenden versuchte. Jutta nickte dem Kollegen zu und streckte der älteren Frau die Hand hin:

      „Guten Morgen, mein Name ist Hemmers, Mordkommission. Das hier ist mein Kollege, Herr Sedlmeyer. Wir müssten Ihnen ein paar Fragen stellen, wenn das für Sie in Ordnung ist.“ Die ältere Dame sagte nichts und schüttelte ihr die Hand. Ihr Gesichtsausdruck war verschlossen und gefestigt. Jutta fuhr fort:

      „Sie haben die Leiche also gefunden, heute früh gegen sechs Uhr, ist das korrekt?“ Die Dame antwortete:

      „Ja, haben wir.“

      „Und Sie haben danach sofort bei der Polizei angerufen?“ Der ältere Mann schaltete sich ein:

      „Ja freilich. Wissen's, wir wohnen nicht weit weg und gehen Sonntags oft bei Sonnenaufgang in dieser Gegend im Wald an der Isar spazieren, weil's da so schön ruhig ist. Heut' sag ich zu meiner Frau: 'lass uns mal zum Fluss runter gehen' und dort haben wir dann die – äh – Leiche im Gebüsch hängen sehen“. Er schluckte einmal und sah seine Frau an. Jutta sah ihn an und fragte:

      „Gut. Ich nehme an, es war Zufall, dass Sie heute genau diese Uferstelle besucht haben? Sie kommen nicht jedes mal beim Spazierengehen hier her?“ Der Mann antwortete:

      „Nein, das war wie gesagt reiner Zufall, wir waren hier noch nie, wenn ich mich recht erinnere“ Sedlmeyer schaltete sich ein:

      „Sie haben nichts angefasst oder verändert?“ Die Frau antwortete:

      „Natürlich nicht!“ Er überlegte aber es fiel ihm nichts mehr ein, was sich noch zu fragen gelohnt hätte, daher sagte er:

      „Vielen Dank einstweilen. Ihre Personalien haben wir; es könnte sein, dass wir in den nächsten Tagen noch die eine oder andere Frage an Sie haben, dann würden wir uns bei Ihnen melden.“ Der ältere Mann sah ihn unsicher an:

      „Das heißt, wir können jetzt nach Hause gehen?“ Sedlmeyer antwortete:

      „Ja, natürlich. Vielen Dank für Ihre Mithilfe!“ Nachdem das Zeugen-Ehepaar entlassen war, schritt Sedlmeyer den gesperrten Bereich ein paarmal ab und sah sich genau um, während Jutta sich mit den Kollegen von der Bereitschaftspolizei unterhielt. Hie und da bog er ein paar Zweige zur Seite, um etwas bestimmtes besser sehen zu können, dann inspizierte er das Gebüsch im Wasser, in dem sich die Tote offenbar verfangen hatte. Er wollte einen intuitiven Eindruck gewinnen, wollte die Fundstelle kennen und „verstehen“ lernen. Eine exakte Spurensicherung hatte er dabei nicht im Sinn, aber dafür sorgte ohnehin die Kriminaltechnik und die waren sehr gut in ihrem Geschäft. Allerdings stellte sich kein Aha-Erlebnis bei ihm ein; ein ganz normaler bewaldeter Uferabschnitt war alles, was es hier zu entdecken gab. Ganz normal bis auf die Tatsache, dass sich verschiedenste Beamte und Spezialisten darauf befanden und sich um eine grässlich entstellte Leiche scharten. Eine Weile ließ er den Fundort ergebnislos auf sich wirken, dann stapfte er mit gesenktem Kopf zurück zu der Toten. Er steuerte auf einen der Kriminaltechniker zu, den er flüchtig unter dem Namen Jansen kannte; der stand neben der Leiche und schrieb etwas auf einen Notizblock. Sedlmeyer wartete, bis der Kollege mit seinen Notizen fertig war, dann fragte er:

      „Habt ihr irgend was brauchbares finden können?“ Jansen antwortete:

      „Sieht ganz schlecht aus. Der Zustand der Leiche lässt kaum verwertbare Spuren erwarten. Keine Kleidungsstücke. Wir haben einen Ohrring sicherstellen können und einen Ring an der linken

Скачать книгу