Wir in unserer Welt. Rudolf Kutka
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Vor einigen Tagen habe ich im Fernsehen einen Bericht gesehen. In einem bayerischen Dorf protestieren die Menschen gegen die Einweisung von Asylanten und Flüchtlingen in ein leer stehenden Schulhaus. Die Dorfbewohner versichern, sie hätten auch großes Mitleid mit diesen armen Menschen, sehen aber keine Möglichkeit, sie in ihre dörfliche Bevölkerung zu integrieren.
Derzeit geht es um einige Tausend Menschen. Sie verlassen ihr Heimatland aus politischen Gründen, weil sie vielleicht gegen die dort herrschenden ungerechten Verhältnisse aufbegehren und jetzt von einem Unrechtssystem bedroht werden, weil sie keine Zukunftschancen mehr haben, oder weil sie unter materiellem Mangel in verschiedenster Hinsicht leiden. Können wir uns vorstellen, was passiert, wenn diese relativ kleine Schar zu einer menschlichen Lawine von vielleicht Hunderttausend und mehr angewachsen ist. Und dies wird aller Voraussicht nach geschehen, wenn der fortschreitende und unaufhaltsame Klimawandel den Bevölkerungen Afrikas, Asiens und auch Teilen Europas sämtliche Lebensgrundlagen in ihren Heimatländern genommen hat und sie nur noch die Wahl zwischen Flucht und Tod haben.
Es geht aber nicht nur um individuelle menschliche Schicksale, auch wenn davon viele Tausende betroffen sind, es geht um die Lebensgrundlagen aller auf dieser Erde lebenden Menschen.
Die Geschichte des heutigen Menschen reicht nur – soweit dies gesichert nachzuweisen ist – etwa Zehntausend Jahre zurück. Das Leben wäre ohne ununterbrochene Verfügbarkeit von Gütern und Dienstleistungen, für die das Erdsystem sorgt, nicht möglich. Das zeigt unsere Abhängigkeit vom übrigen Teil der Schöpfung. Die Erde stellt diese Leistungen (physikalische, chemische, biologische) im Rahmen eines Gleichgewichtszustandes zwischen der toten und belebten Materie kostenlos und unbegrenzt zur Verfügung. Sie erscheinen dem Menschen als selbstverständlich, sind es aber keineswegs. Greifen wir nur einige dieser Lebensvoraussetzungen heraus:
Die UV-Strahlung wird zum Schutze des Lebens absorbiert, das Kreislaufsystem des Wassers sorgt für Niederschläge, der Boden wird durch Regenwasser aufbereitet, Phosphor wird im Boden abgelagert, die Saaten werden durch Wind verbreitet. Das Erdsystem produziert Sauerstoff zum Atmen und setzt CO2bei der Fotosynthese frei, unentbehrlich für den Bestand und die Reinigung unserer Atmosphäre und die Aufrechterhaltung aller Lebenszyklen auf der Erde und sorgt durch die chemische Umwandlung von Gesteinen für die nötigen Wachstums-Nährstoffe. Außerdem baut die Fotosynthese lebensnotwendige Proteine, Fette und essenzielle Vitamine auf, Wind und Insekten sorgen für die Bestäubung der Pflanzen, Vögel besorgen die Ausbreitung der Saaten und bekämpfen zusammen mit Kleinlebewesen Schädlinge, Bakterien besorgen den Abbau von Biomasse (Daily, 1997 Informationsdienst).
Müsste der Mensch für alle diese Dienstleistungen selbst sorgen, er könnte sie nicht annähernd erbringen und bezahlen. Dies zeigt die Abhängigkeit des Menschen von seiner Umwelt und unsere „Kleinheit“ gegenüber der Schöpfung. Der Mensch könnte die Abhängigkeit von diesem Erdzustand erfahren, wenn z.B. Teile des Dienstleistungssystems nicht mehr voll funktionsfähig wären. Dies war bisher (glücklicherweise) noch nicht der Fall. Die Tatsache, dass Pflanzen und Tiere seit Millionen Jahren und Menschen seit Tausenden von Jahren existieren und das Erdsystem dadurch nicht beeinträchtigt wurde, zeigt die Unerschöpflichkeit und Nachhaltigkeit der Lebensressourcen bei normalem Gebrauch. Trotzdem muss der „Große Gau“ nicht ausbleiben, wenn das System über seine Grenzen hinaus strapaziert wird.
Die Probleme, vor denen wir gegenwärtig stehen und die sich in Zukunft noch ausweiten werden und die Fragen, wie wir sie in den Griff bekommen können, interessieren nur wenige. Bestenfalls sind einige Menschen mehr „betroffen“. Doch es wäre notwendig, dass die Mehrheit der Menschen die Zusammenhänge und Hintergründe verstehen lernt, um zielführend Lösungen dafür zu überlegen und auch bereit zu sein, sich mit möglichen Selbstbeschränkungsmaßnahmen zu identifizieren. Die Bereitschaft, Lasten in der Gegenwart zu übernehmen (wie man sagt: „Den Gürtel jetzt etwas enger zu schnallen!“), würde den nötigen Handlungsspielraum in der Zukunft erweitern. Dazu sind nur Wenige bereit, im Gegenteil: Die nötigen Systemveränderungen sollen ohne Einschränkungen der persönlichen Lebensqualität vollzogen werden, sie sollen sich als unmittelbare Verbesserungen auswirken. Ein sehr bedenklicher politischer Mangel ist, dass die Information der Öffentlichkeit über die wahren Zusammenhänge weitgehend unterbleibt, das Bildungssystem ihrer Aufgabe als „Schule für das Leben“ nur unzureichend nachkommt und die Politik diesbezüglich ihrer Richtlinien-Verpflichtung nicht gerecht wird. So bleibt die Menschheit in einer „Fungesellschaft“ verhaftet und denkt, sie habe alles im Griff.
Der Spaßgesellschaft ist es nicht zu Eigen, sich mit der Wahrheit auseinander zu setzen, wenn sie unangenehm ist. Ähnliche Ereignisse aus der Historie sind überliefert. „Miesmachen“ gilt nicht. So wurde der Krieger, der die berühmte Marathonstrecke von mehr als 42 Kilometer zurücklegte, um die Botschaft von der Niederlage der eigenen Truppen gegen die Perser bei Marathon nach Athen zu bringen, anschließend getötet.
Auf dem Spiel stehen jedoch nicht nur materielle Werte.
Im deutschen Grundgesetz ist die Würde des Menschen ausdrücklich anerkannt. Es heißt dort: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ (Grundgesetz (GG) Artikel 1,1). Der Mensch besitzt also einen Selbstwert, der lt. Gesetz geachtet werden muss. Die tatsächlichen Abläufe, z.B. in der Altenpflege, im Umgang mit Kranken, Arbeitslosen und anderweitig ausgegrenzten Menschen und z.T. auch mit Frauen, stehen dazu in Widerspruch. Da der Mensch ein Teil des Ökosystems Erde ist, müsste auch der Natur, d.h. den Tieren, den Pflanzen und auch den unbelebten Elementen ein Selbstwert zukommen. Aber auch in dem größeren Rahmen Natur sich gewaltige Widersprüche erkennbar.
Die Anerkennung des Selbstwertes von Menschen findet seinen Anklang auch in dem Gesetz Jesu, den Menschen zu lieben. „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt,…“ (Johannes 13.35/ Elberfelder Bibel) sagt Jesus. Die Liebe unter den Menschen schließt auch ihr Umfeld ein, denn ohne die Lebenskreisläufe der Natur wäre das menschliche Leben nicht möglich. Dazu gehört auch die Verantwortung für die Menschen, die nach uns kommen und das Umfeld, in dem sie leben werden.
Ein „Schalter“ wird umgelegt
Viele Milliarden von Jahren mussten vergehen, ehe die fossilen Lagerstätten in dem Umfang angereichert waren, wie wir sie vorfinden. Die Industrialisierung, die vor ca. 200 Jahren ihren Anfang nahm, war ohne massiven Zugriff auf diese Ressourcen nicht möglich. Die neuen Techniken mit motorischem Antrieb haben einen wachsenden Energiehunger ausgelöst, der im weiteren Verlauf nur dadurch befriedigt werden konnte, dass zunächst Holz, dann Kohle und schließlich die Erdöl- und Erdgasreserven