Herrengedeck und Herzenswärme. Neue Osnabrücker Zeitung
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Das Trio trifft sich mindestens einmal in der Woche bei Abu. Eigentlich könnten sie auch jeden Tag ins Parkhaus gehen, denn immer ist jemand dort, „den ich gut kenne und mag“, sagt Ingrid. Jutta und Achim stimmen ihr zu. Im Laufe der Jahre haben sich Freundschaften gebildet, auch wenn vieles an der Oberfläche bleibt, wie Achim einschränkt. Dennoch bleibt ihre Freundschaft nicht auf die Kneipe beschränkt. Nächstes Jahr wollen alle zusammen nach Istanbul reisen. Dann schlüpft Abu aus seiner Rolle als Wirt und wird zum Fremdenführer.
Die deutsch-türkische Freundschaft wird im Parkhaus Rink gelebt. (Elvira Parton)
Gemeinsame Ausflüge gehören für die Mitglieder des Sparclubs im Parkhaus zu den alljährlichen Höhepunkten im Kneipenleben. Einmal in der Woche treffen sie sich und stecken fünf Euro in den Schlitz eines silbergrauen Kastens. Durch Spiele wie Bier-Lotto wird ein so genanntes „Vergnügungsfach“ gefüttert. Davon werden dann die Ausflüge bezahlt. Ihre Einlagen bekommen die Kneipen-Sparer kurz vor Weihnachten von Abu zurück – mit Zinsen. Der Wirt trägt das Geld wöchentlich zur Sparkasse, wo es auf ein Sparbuch eingezahlt wird.
Doch Abus Gäste gehen natürlich nicht in erster Linie zum Sparen ins Parkhaus. Achim betont zwar, dass die Preise dort moderat sind. Aber er kommt vor allem deshalb, „weil man hier über Gott und die Welt reden kann“. Der 65-jährige Rentner lebt seit 63 Jahren in der Wüste und kennt die Kneipe schon von Kindesbeinen an. Als kleiner Junge hat ihn sein Vater mal zu „Onkel Otto“, mal ins Parkhaus mitgenommen. „Das sieht hier noch genauso aus wie früher“, sagt Achim und erntet prompt Widerspruch: „Das war viel dunkler“, wendet Abu ein. Er habe in der Kneipe gründlich renoviert, als er sie übernommen habe. Das typische Aussehen einer Eckkneipe blieb dennoch erhalten.
Dieses Ambiente schätzen auch Daniela (32) und ihr Verlobter Günther (46). Wie Jutta und Achim haben auch sie sich im Parkhaus kennen- und lieben gelernt. Ein Heiratstermin steht noch nicht fest. Klar ist nur: Gefeiert wird natürlich hier, bei Abu.
Für Günther ist das Parkhaus fast eine Art Heimat. „Ich kenne die Kneipe seit 40 Jahren“, sagt er und erzählt, wie er für die früheren Besitzer, die Familie Rink, immer einkaufen gegangen ist. Nachdem er 20 Jahre lang im Landkreis gelebt hat, ist er nun zurückgekehrt und wohnt in dem Haus, in dem auch Abus Gaststätte untergebracht ist. Abu hat er in der Kneipe „Schinkelaner“ kennengelernt, die dem Türken ebenfalls gehört. Vor vier Jahren hat Günther Abu den Tipp gegeben, dass das Parkhaus frei ist.
Da Daniela in Crawley bei London lebt, geht Günther häufig allein in die Kneipe. „Ich kenne viele der alten Gäste“, sagt er. Allein ist er im Parkhaus nie. Dem 46-Jährigen geht es wohl so wie den anderen Gästen: Sie haben dort eine Familie gefunden. Das klingt wieder nach Klischee. Aber bei Abu wird jeder so genommen, wie er ist. Und dumme Anbaggersprüche sind schnell vergessen.
Parkhaus Rink
Inh. Abdullah Sakarya
Parkstraße 8
49080 Osnabrück
Tel. 0541/5068737
28. Dezember 2011
Im „Haste Töne“ ist alles lila – an der Bramscher Straße wird Fußball geguckt und genagelt
Osnabrück. Dass der Außenanstrich lila ist, ist bloß Zufall, sagt Martin Guhe. Dass die Inneneinrichtung der Kneipe „Haste Töne“ und die Kleidung des Inhabers lila sind, hat hingegen einen Grund: den VfL. Der 53-jährige Wirt ist ein großer Fan des Osnabrücker Traditionsvereins – und auch seine Gäste reden beim Frühschoppen am Sonntagvormittag vor allem über die schönste Nebensache der Welt.
Der Wirt in der Kneipe „Haste Töne“ heißt Martin Guhe. Aber alle nennen ihn „Maier“. (Egmont Seiler)
Seit Jahren führt Guhe die Kneipe. In wilderen Zeiten ist im Schankraum an der Bramscher Straße der britische „Queens Pub“ beheimatet gewesen. Trotz des aristokratischen Namens sei es dort „ziemlich abgegangen“, weiß Guhe. „Heute ist es hier urdeutsch.“ Die Szene treffe sich bei ihm nicht. Im „Haste Töne“ gehe es eher um Schlager und Fußball.
In der Ecke neben der Theke hängt neben einigen VfL-Devotionalien ein lila-weißes Trikot mit dem Namenszug „Maier“. „Das ist mein Spitzname“, sagt Guhe. Den habe er seit seinem zweiten Lebensjahr. Unter dem eingerahmten VfL-Leibchen sitzt Hermann Schaber, zu dem alle „Pingo“ sagen. Auch sein Spitzname stammt aus Kinderzeiten, allerdings ist die noch etwas länger her als die von Maier. Beim Bier erinnert sich Pingo gerne an seine Laufbahn als Fußballer. Bis zur A-Jugend hat er beim VfL gespielt. Dann ist er zum TuS Haste gewechselt. Bei den VfL-Amateuren gab es damals einen Trainer, den sie „Opa Thiele“ nannten. „Der konnte sich nicht durchsetzen“, erzählt der 72-Jährige. Die Spieler hätten gesagt, er solle die Schnauze halten, und hätten die Mannschaft selber aufgestellt. Das gefiel Pingo nicht. Er ging nach Haste – und ist dort geblieben.
Beim TuS Haste hat Hermann „Pingo“ Schaber gespielt. (Egmont Seiler)
Mit dem TuS erlebte er die große Zeit in der Regionalliga, spielte gegen den VfL, gegen St. Pauli und Altona 93. Sogar der 1. FC Köln und Werder Bremen kamen zu Freundschaftsspielen nach Haste. „Bremen haben wir zwei zu eins geschlagen“, erinnert sich Pingo und lächelt.
Der rüstige Rentner ist stolz darauf, in seiner Karriere kein einziges Mal vom Platz geflogen zu sein. Durch den Fußball ist er aber auch zum Rauchen gekommen. Im Alter von 33 Jahren habe er sich mal die Schulter ausgekugelt. „Unser Verteidiger meinte, rauch mal eine, dann merkst du den Schmerz nicht so.“
Früher sei er selten in eine Wirtschaft gegangen, erinnert sich Pingo. Heute trifft er im „Haste Töne“ seine Kumpels, trinkt Bier und raucht auch mal eine Zigarette. „Ich will nicht zu Hause in der Ecke sitzen.“ Denn dort ist es still geworden, seit seine Frau vor einem Jahr gestorben ist. Beim OTC und bei der Spielvereinigung Haste kümmert sich der Fußballfan um die Plätze – um nicht einzurosten.
Auch Wolfgang sitzt heute wieder im „Haste Töne“. Er ist 51 Jahre alt und Handwerker. In der Woche arbeitet er. Doch am Wochenende geht er in die Kneipe, um zu entspannen und mit den Leuten zu quatschen. Am Sonntagmorgen hat er manchmal einen schweren Kopf, wenn er die Kneipe betritt. Dann braucht er erst mal ein Pils. „Als Konter-Bier.“
Wolfgang ist alleinerziehender Vater und Witwer. Seine Frau ist vor zwölf Jahren gestorben, sagt er und schluckt. Seine Tochter ist am Sonntagvormittag beim Sport. Als 14-Jährige darf sie nicht mit in die Gaststätte. Da das „Haste Töne“ eine Raucherkneipe ist, ist der Eintritt erst ab 18 Jahren erlaubt. So will es das Gesetz.
Wolfgang kommt aus Süddeutschland und wird in der Haster Kneipe respektiert, obwohl er kein Lila-Weißer ist. Er zählt zu den Fans des Karlsruher SC. Trotzdem bekommt auch er einen „Schwarzen Insulaner“. Den gibt es