Herrengedeck und Herzenswärme. Neue Osnabrücker Zeitung
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Auf der Anklagebank kann der 73-jährige Horst nicht lange sitzen. Die Bank ist zu hart, meint der Stammgast der Fürstenberg-Klause.(Hermann Pentermann)
Horst und Sabine kommen vor allem wegen der Wirtin in die Fürstenberg-Klause. „Das ist eine tolle Chefin. Das muss ich sagen, das habe ich selten so erlebt“, schwärmt die 53-Jährige. Sie sei sympathisch und nett, so Sabine weiter. „Und sie macht gute Musik zu später Stunde“, ergänzt Horst und grinst wohl wissend. Wenn Conny Hans Albers spielt, wird in der Fürstenberg-Klause geschwoft.
Dann tanzen auch Werner und Bärbel Opel mit. „Sie sind die Hauptpersonen hier“, sagt Milan. Der 62-Jährige und seine ein Jahr jüngere Frau lächeln mit einer Mischung aus Schamgefühl und Genugtuung. „Werner ist unser Präsident“, setzt die 55-jährige Marita Schmidt noch einen drauf. „Als Werner zum ersten Mal hier war, hatten wir noch einen Kaiser“, sagt Marita im Scherz, denn bei Werners Premiere war ein Sozialdemokrat gewähltes Oberhaupt Deutschlands: Willy Brandt. 1970 war Werner in der Bundeswehr-Kaserne auf dem Ziegenbrink stationiert. Sein Bier trinkt er seitdem in der Fürstenberg-Klause.
In geselliger Runde etwas trinken wollen Bärbel (links) und Werner Opel mit Marita Schmidt. Er geht seit 1970 in die Eckkneipe an der Sutthauser Straße. (Hermann Pentermann)
Werner, Bärbel und Marita kommen regelmäßig in die Kneipe. Aber nicht jeden Tag. „Wir sind Exoten – wir arbeiten“, sagt Marita und erntet Lachen. Sie hält es wie Werner: Zum Pils gehört ein Schnaps. Sie trinkt Wacholder, er Obstler. Werner kommt zum Trinken in die Fürstenberg-Klause. „Ja, logisch. Ich gehe nicht in die Kneipe, um Zigarettenluft zu atmen.“
Die meisten Gäste kommen auch in die Eckkneipe, um über Fußball zu reden. Die lila-weißen und schwarz-gelben Fanschals zeigen deutlich, wo die Sympathien liegen. „Ich bin Fan von Concordia Belm-Powe“, sagt Conny. Sie kommt aus der Nachbargemeinde, ist aber in ihrer Fußball-Liebe nicht regional beschränkt. Sie zählt weiter den VfL Osnabrück und Borussia Dortmund auf und fügt schließlich Ajax Amsterdam hinzu. Den Grund für den niederländischen Ausreißer erklärt Conny mit liebevoller Stimme: „Ich mag den Namen so gerne leiden.“
Fürstenberg-Klause
Sutthauser Straße 54
49080 Osnabrück
Die ehemalige Inhaberin Cornelia Müller ist in der Zwischenzeit verstorben. Ein neuer Inhaber ist unbekannt.
28. Dezember 2012
Wasserpfeife trifft Pils – Gaststätte Neumann und Keskin-Shisha-Bar unter einem Dach
Osnabrück. Von außen betrachtet, sieht die Gaststätte Neumann aus wie jede andere Eckkneipe auch. Doch der süßliche Geruch, der aus der schweren Holztür auf die Belmer Straße schwebt, lässt den traditionsbewussten Kneipengänger stutzen. Bei genauem Hinsehen mag ihm neben der Leuchtreklame für die Gaststätte ein zweites Schild auffallen, auf dem steht: Keskin Shisha. Das Gasthaus ist ein Experiment, das wohl einzigartig ist in Osnabrück.
Zum Knobeln treffen sich Lothar Gaede (links) und Peter Katzenmeier (3. von links) mit Freunden schon seit einigen Jahren in der Kneipe im Schinkel. (Jörn Martens)
Vor 65 Jahren wurde Rainer Schlechtendahl geboren. Im gleichen Jahr eröffnete sein Großvater Wilhelm Neumann die Kneipe an der Ecke Belmer Straße/Vromelo. „Das war eine Arbeiterkneipe“, sagt Schlechtendahl. Die Kundschaft kam zumeist von Klöckner. Nach der Schicht trafen sich die Arbeiter mit Kollegen auf ein Bier. „Damals wurde auch noch getrunken“, betont der 65-Jährige. Im Ausschank war Dortmunder und Osnabrücker Pils.
Die Kneipe seines Großvaters öffnete schon morgens, berichtet Schlechtendahl. Die Leute standen an der Theke und hörten Musik von Freddy Quinn aus der Juke-Box. „Einer von den jungen Leuten brachte mal eine Rock-’n’-Roll-Platte mit und hat die abgespielt“, erinnert sich Schlechtendahl und lächelt in sich hinein. Lange lief die in den Fünfzigerjahren rebellische Musik nicht. „Die Leute brüllten: Mach den Lärm aus.“ 1963 hörte Wilhelm Neumann auf.
Heute laufen Hip-Hop und Rock in der Gaststätte Neumann. Neben Rapper 50 Cent ist aber auch Schlagersängerin Andrea Berg fester Bestandteil des Musikprogramms. Das macht Kemal Kenar bewusst so. Der 49-Jährige hat vor zwei Jahren das Ruder in der Gaststätte Neumann übernommen und sie von Schlechtendahl gepachtet. Seitdem hat sie auch den Zusatz Keskin Shisha. „Das bedeutet: Scharfe Pfeife“, sagt er. „Keskin“ ist aber auch der Künstlername seines Sohnes Alper Kenar, der als Rapper aktiv ist und seinen Vater auf die Idee brachte, die Shisha Bar in der Kneipe zu eröffnen.
Shisha Bars sind Lokale, in denen Menschen ab 18 Jahren Wasserpfeifen rauchen können. Der Tabak ist mit verschiedenen Geschmacksrichtungen gewürzt. Bei den Kenars gibt es Apfel, Traube, Zitrone, Kirsche und Honigmelone. Das steht auch so auf der Getränkekarte neben türkischem Tee, Pils und Traditionskorn. Die unterschiedlichen Angebote auf der Getränkekarte geben wieder, welche Gäste die Kneipe besuchen. Auf einer Empore sitzen in einem orientalisch eingerichteten Ambiente die Pfeifenraucher; unten stehen und sitzen die alteingesessenen Stammgäste, trinken Pils und Korn und tanzen ab und zu mal. „Dann klatschen die jungen Leute“, erzählt der 67-jährige Lothar Gaede. In der Keskin-Shisha-Bar kommt Partystimmung auf, wenn der Sparclub zusammenkommt oder nach einem Ausflug die Einkehr in der Gaststätte Neumann gesucht wird.
Zum Pfeife rauchen treffen sich Marcel Berndt (links) und Alper Kenar seit etwa zwei Jahren in der Keskin-Shisha-Bar in der Gaststätte Neumann. (Jörn Martens)
Lothar Gaede kann mit Rap nicht viel anfangen. „Ich bin Rock’n’Roller“, sagt er. Auch er hat einmal den Versuch gewagt, die Musik von Elvis & Co. in der Kneipe einzuführen – ohne Erfolg. Mit Wasserpfeifen kann Lothar Gaede ebenso wenig anfangen. Sein Knobel-Partner Peter Katzenmeier schon. „Ich hatte mal welche in meinem Zimmer stehen“, sagt er. Da sei aber ganz normaler Tabak drin gewesen, schiebt er sofort nach. „Mein Vater war Polizeibeamter.“ Der 55-jährige Peter kommt übrigens seit 30 Jahren in den Schinkel, um in der Gaststätte Neumann sein Bier zu trinken. Er reist dafür sogar mit dem Bus aus Büren an. Dass nun ein Türke das Pils zapft, stört ihn überhaupt nicht. „Er ist human und menschlich“, sagt Peter über Kemal Kenar.
So tolerant seien nicht alle alten Gäste, berichtet Rainer Schlechtendahl. Einige hätten gesagt, sie kommen nicht mehr, wenn ein Türke hinter der Theke steht. „Um die tut es mir nicht leid“, sagt er. Kemal Kenar drückt es diplomatisch aus: „Jeder muss selber wissen, wo er sein Geld ausgibt.“
Aber auch bei den Dagebliebenen musste Überzeugungsarbeit geleistet werden. „Wir haben den Leuten gezeigt, dass kein Haschisch in den Pfeifen ist“, erzählt Alper Kenar. Der 26-Jährige war aber selbst am Anfang nicht überzeugt von der Idee: „Als ich die Kneipe gesehen habe, habe ich mich gefragt: Wie soll das gehen?“
Es geht – sogar ganz gut. Der 18-jährige Marcel Berndt ist zum Stammgast in der ehemaligen Eckkneipe geworden. Nur trinkt er kein Pils und Korn, sondern schmaucht etwa eine Stunde lang seine Shisha. „Hier ist es gemütlich und bequem“, sagt er. Die Schlagermusik stört ihn nicht. Sonst geht er aber nicht in „Opa-Kneipen“.
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