Herrengedeck und Herzenswärme. Neue Osnabrücker Zeitung

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Herrengedeck und Herzenswärme - Neue Osnabrücker Zeitung

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am Arndtplatz war in Osnabrück lange Zeit bekannt für die Jazz-Frühschoppen am Sonntagvormittag. Diese Zeiten hat Wilhelm noch miterlebt. „Wir waren alle jünger“, erinnert er sich mit einem Lachen, in dem etwas Wehmut mitschwingt. Die Konzerte waren damals umsonst, erzählt Wilhelm mit ruhiger Stimme. „Damals gab es noch keine Lagerhalle, kein nix.“ Das Union-Stübchen sei der einzige Ort in Osnabrück gewesen, wo Livemusik gespielt wurde.

      Schocken ist die Passion von Wilhelm (links) und Norbert. Sie treffen sich mit ihrem Kumpel Stefan regelmäßig zum Knobeln im Union-Stübchen. (Hermann Pentermann)

      Norbert mischt sich ein. Er wollte schon die ganze Zeit etwas sagen. „Am Bahnhof gab es noch den Club 99“, sagt er. Dort hätten auch Bands gespielt. Stolz erzählt Norbert, er habe dort als 19-Jähriger als Discjockey gearbeitet und Rock’n’Roll von Eddie Cochran und Fats Domino aufgelegt. „Das muss so zwischen 1960 und 1970 gewesen sein.“ Eine Zeit lang wurde dort als Eintritt ein Pfennig pro Minute genommen, legt Norbert nach und erzählt dann, wie er von 1983 bis 1992 die Haake-Beck-Pilsstube an der Mindener Straße betrieben hat, da, wo heute der „Schinkelaner“ ist. Doch irgendwann hatten er und seine Frau die Nase voll, sind aus dem Schinkel in die Weststadt gezogen, und Norbert hat eine Umschulung zum Versicherungsmakler gemacht. Das Kneipenleben hat ihn aber nicht losgelassen. „Ich brauche die Gesellschaft, sonst würde ich kaputtgehen.“

      Norbert spricht für seine Kumpels, wenn er sagt, dass das Union-Stübchen ihre Stammkneipe ist. „Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch woanders hingehen oder hier stundenlang sitzen.“ Um 21 Uhr machen sie Feierabend, sagt er. „Wir sind die dritte oder vierte Schicht“, erklärt Wilhelm. Morgens um 10 Uhr sei es oft voller als am Abend. „Dann kann man hier richtige Typen sehen.“

      Diese Typen kennen Lilo (76) und Franziska, genannt Sissi (60), auch. Sie gehören ebenfalls zum Stammpersonal. Zu Zeiten des Jazz-Frühschoppens habe es im Union-Stübchen einen Schwulen gegeben, der sich als Zarah Leander verkleidet und ihre Lieder gesungen habe, erinnert sich Lilo. Da war die Hütte immer voll. „Die Leute standen bis draußen auf der Straße“, beteuert sie.

      Seit 30 Jahren geht Lilo (rechts) ins Union-Stübchen. Dort hat sie vor 15 Jahren Sissi kennengelernt. (Hermann Pentermann)

      Dem Union-Stübchen hält Lilo die Treue. „Hier werde ich immer gut bedient.“ Samstags hat sie ein festes Ritual: Nach dem Markt geht sie in die Marktschänke, dann ins Union-Stübchen. „Hier ist es gemütlich“, sagt die Witwe und Mutter von fünf Kindern. Seit 30 Jahren geht Lilo in die Kneipe am Arndtplatz. Dort hat sie auch Sissi kennengelernt, die seit 15 Jahren ihren Stammplatz im Union-Stübchen hat. Die beiden Frauen treffen sich regelmäßig zum Klönen.

      „Man muss auch mal für sich sein können“, sagt Peter (54). Er füttert gerade einen Spielautomaten mit Geld. Ein Zocker sei er aber nicht, betont er. Er kennt Kneipenwirt Thomas Weber-Walleck von früher. Deswegen kommt er gerne mal ins Union-Stübchen. „So wie andere Leute in die Pommesbude gehen, gehe ich in die Kneipe.“ Seine Eltern hätten auch eine Wirtschaft betrieben, erzählt er. „Darauf habe ich aber keinen Bock.“

      Peter findet es schade, dass es in Osnabrück nicht mehr so viele Kneipen gibt wie das Union-Stübchen. In anderen Lokalen hat der stämmige Kraftfahrer schon viel „Geldmacherei“ entdeckt. Am Arndtplatz sei das anders. Hier trifft er Freunde und Bekannte, mit denen er ein Bier trinkt. Oder einen Kaffee. „Muss ja nicht immer Alkohol sein.“

      „Ich habe liebe Gäste“, sagt Thomas Weber-Walleck (49), der das Union-Stübchen gemeinsam mit seiner Verlobten Birgt Piwatz (42) schmeißt. Thomas hatte schon viele Jobs: Er war Fahrer, war auf Montage und hat als Schweißer und Kaufmann seine Brötchen verdient. „Das hier kann ich am besten“, sagt er und schaut seinem Gegenüber über den Rand seiner Lesebrille in die Augen.

      Sieben Tage in der Woche stehen Thomas und Birgit hinter der Theke. Morgens um 9.30 Uhr wird das Union-Stübchen geöffnet, gegen 22 Uhr geschlossen. Am Wochenende dauert es oft länger. Am meisten muss das Paar jedoch am Vormittag arbeiten. „Hin und wieder wird es heftig“, sagt Thomas mit mildem Lächeln. Aber die Leute, die seien toll, sagt der Wirt. „Die halten mich bei der Stange.“ Etwa 30 bis 40 Stammgäste habe er, sagt Thomas. „Die bringen das Geld.“ Dazu komme noch die Laufkundschaft.

      „Im Union-Stübchen treffen sich Müllmänner und Musikprofessoren“, sagt Thomas Bruder Christian (43). „Thomas ist der geborene Wirt.“ Er gehe mit jedem offen um und könne sich auf jeden einlassen. „Die Leute können sich hier in Ruhe unterhalten.“ Der Mann hinter der Theke nehme sich Zeit für seine Gäste. „Wenn ich nur Stress hätte, wäre ich nicht mehr hier“, sagt er.

      Union-Stübchen

       Inh. Thomas Weber-Walleck

       Arndtstraße 17

       49080 Osnabrück

       Das Union-Stübchen ist seit Februar 2016 geschlossen.

      27. Dezember 2012

      Prachtexemplar einer Eckkneipe – Die Fürstenberg-Klause an der Sutthauser Straße

      Osnabrück. Ja, es gibt sie noch: die typischen Eckkneipen. Ein Prachtexemplar dieser Gattung ist die Fürstenberg-Klause an der Sutthauser Straße. Dort wird im Nikotindunst gelacht und gescherzt, Sprüche geklopft und in geselliger Runde getrunken.

      Die tollste Chefin ist Cornelia Müller für ihre Gäste. Seit 21 Jahren ist sie in der Fürstenberg-Klause. (Hermann Pentermann)

      Seit 21 Jahren steht Cornelia Müller hinter der Theke der Fürstenberg-Klause. Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, musste sie ja irgendwas machen, sagt sie. Vorher hatte sie in der ehemaligen Rothenfelder Kneipe „Lange Theke“ Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt. Schließlich kam das Angebot des Pächters, die Eckkneipe an der Sutthauser Straße zu übernehmen. Cornelia Müller griff zu.

      Den Entschluss hat sie nie bereut. Von 10 bis 13 Uhr und von 17 bis 1 Uhr empfängt die 66-Jährige ihre Gäste, die mehr als bloße Kundschaft sind. „Es ist wie eine Familie hier“, sagt sie. Den „Verwandten“ würde sie auch den Schlüssel zu ihrer Kneipe anvertrauen, sagt sie. Cornelia Müller ist sich sicher, dass ihre Stammkunden das Vertrauen nicht missbrauchen würden. Wo sollten sie auch sonst hingehen? Alle wohnen „ums Eck“ und kommen gerne zu Conny, wie die Wirtin von ihren Gästen genannt wird.

      Ihre „Familie“ will Conny noch lange versorgen. Auf die Frage, wann die Rentnerin die Schlüssel zu ihrer Kneipe abgeben möchte, reagiert sie etwas empört. „Pöh“, sagt sie aufmüpfig, um dann zu antworten: „Ich stehe hinter der Theke, solange es die Gesundheit zulässt.“

      Der 63-jährige Milan Bonacic ist Gast und Aushilfe in einer Person. Der langjährige Stammgast ist aber auch Sprücheklopfer und Moderator in einer Person. In der Fürstenberg-Klause unterhalten sich die Gäste über Tische und Theke hinweg. „Der ist mit der Wirtin verheiratet“, frotzelt Gerd über die Theke hinweg. „Das ist unser Frauenverführer“, gibt Milan zurück. Das verbittet sich Gerd und korrigiert: „Wenn schon, dann Frauenverwöhner.“ Alle lachen.

      Auch Sabine und Horst lachen mit. Das Ehepaar reist seit fünf Jahren aus Georgsmarienhütte mit dem Bus an, um in der Fürstenberg-Klause Doppelkopf zu spielen oder die Geselligkeit zu genießen. Manchmal sitzt der 73-jährige Horst auf

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