Herrengedeck und Herzenswärme. Neue Osnabrücker Zeitung
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Herbert, Wolfgang und Pingo gehen zu Maier, weil sie sich dort wohlfühlen, aber auch weil es in der Gegend keine andere Kneipe mehr gibt. „Ich habe hier eine Monopolstellung“, sagt Guhe und lacht ironisch. Dennoch will er seinen Gästen mehr als nur Fußball bieten. In seiner Kneipe kommen die Alltagsprobleme aus den Stadtteilen Haste, Dodesheide und Sonnenhügel auf den Tisch. „Es wird aber nicht großartig gejammert“, sagt Maier. Alle seine Gäste hätten Jobs. „Nach Feierabend wollen sie sich amüsieren“, sagt er und schiebt nach: „gut bürgerlich“. Denn „Gesocks“ wolle er nicht in seiner Kneipe haben, sondern das Niveau wahren, betont er.
Nageln ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung in Haste. (Egmont Seiler)
Das Niveau der Sprüche, die im „Haste Töne“ gekloppt werden, lässt freilich nicht immer an akademische Weihen denken. Als Maier gegen Wolfgang und Artur zum Nagelspiel antritt, bei dem mit der Finne eines Hammers ein Nagel in einen Baumstamm gehauen werden muss, kriegt er nach missglücktem Start zu hören: „Hast wohl noch keinen gehabt, wa?“
Haste Töne
Bramscher Straße 212
49090 Osnabrück
Tel. 0541/6854676
Martin Guhe ist Ende 2014 verstorben. Inzwischen hat im ehemaligen Haste Töne das Bier-Café New Orleans eröffnet.
29. Dezember 2011
Das Bachmayer’s ist eine typische Kneipe im Schinkel
Osnabrück. Am Samstagabend um kurz nach acht übernehmen die Frauen das Kommando in der Gaststätte Bachmayer’s, einer typischen Eckkneipe im Schinkel. Die Handvoll Männer, die noch die letzten Minuten eines Fußballspiels gucken, protestieren nicht einmal. Die Frauen vom Kegelclub sind zu fröhlich, die Schlagermusik zu laut. Und wer will sich schon beschweren? Die Stimmung ist bombig.
Spaß hat Wirtin Anne (rechts) mit ihren Gästen. (Elvira Parton)
„So gut war der Podolski noch nie“, fachsimpelt ein älterer Herr an der Theke des Bachmayer’s, der sich mit Schlips und Anzug ausgehfähig gemacht hat. Um 20 Uhr haben die Männer noch das Sagen. Ihre Blicke sind auf den Fernseher genagelt, wo das Spiel Schalke 04 gegen Werder Bremen übertragen wird. Keiner sagt etwas, auch nicht, dass Podolski gar nicht auf dem Platz steht. Der steht auch weiterhin beim 1. FC Köln unter Vertrag. Und bei Schalke oder Werder war er noch nie.
„Das Bachmayer’s ist eine Kneipe, wo man als Frau alleine hingehen kann“, sagt Marika. Sie ist Stammgast. Und zwar wegen Anne. So wird die 58-jährige Angret Üding genannt, die die Kneipe im Februar 2010 übernommen hat. Marika schätzt vor allem Annes Durchsetzungsvermögen. „Als Frau wird man in Kneipen oft angebaggert“, sagt die 50-Jährige. Anne sagt, wann Schluss ist.
Wirtin Anne ist auf Zack und hat den Laden voll im Griff. Immer ansprechbar – nicht nur am Telefon. (Elvira Parton)
Für die Kegelfrauen fängt der Abend erst an. Jeden zweiten Samstag kommen sie nach dem Kegeln ins Bachmayer’s. Jetzt läuft die Schlager-Parade rauf und runter. Jenny (40), ihre Mutter Bärbel (57) und Manuela (50) haben es sich in einer Sitzecke gemütlich gemacht. Sie wollen Schwimmen spielen. Bevor die Karten auf den Tisch kommen, erzählen auch sie wie aus der Pistole geschossen, dass es Anne ist, derentwegen sie in die typische Eckkneipe an der Tannenburgstraße/Ecke Tiefstraße kommen. „Sie ist ein herzlicher Mensch“, sagt Jenny, die sonst auch mal in die Altstadt oder in die Bar Tiefenrausch geht. Bei Anne sei jeder willkommen. Für Bärbel ist Anne eine Freundin. Sie fährt auch schon mal nach der Arbeit bei ihr vorbei, um sie zu besuchen.
Das Damen-Trio ist mit Anne vor fast zwei Jahren von der Gaststätte Zum Warsteiner an der Natruper Straße in den Schinkel umgezogen. Dort hatte 1976 Annes Kneipenleben begonnen – als alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern. Nach einer abgebrochenen Lehre und einer Trennung stand sie plötzlich allein da. Da kam die Kneipe gerade richtig.
In einer richtigen Kneipe sammelt sich allerlei Zeug an. (Elvira Parton)
Ihre Mutter habe abends auf die Kinder aufgepasst, tagsüber habe sie sich um die Kleinen gekümmert, erzählt Anne. „Sie sind in der Kneipe groß geworden“, brüllt sie gegen den Schlagerlärm an. Aus ihnen seien anständige Menschen geworden. Nur mit den Männern habe es nicht mehr so richtig geklappt. „Immer wenn ich Feierabend hatte, haben die schon geschlafen“, sagt Anne mit einem süffisanten Lächeln.
„Trotzdem ist das Kneipenleben ein tolles Leben“, sagt die Wirtin voller Überzeugung – obwohl es natürlich viel Privatleben schlucke. Sie habe aber im Warsteiner noch die „goldenen Zeiten“ erlebt. Damals hätten die Leute noch Geld gehabt, um auszugehen – und keine Berührungsängste. „Vom Penner bis zum Professor – ich hatte alles.“
In Annes großem Herz scheint viel Platz zu sein. Da ist es auch nicht schlimm, wenn mal ein volles Glas Korn im Überschwang der Gefühle umgestoßen wird. „Soll ich meckern, wenn ich ihnen erst die Gläser voll gemacht habe?“
„Wo es raucht und pufft in jedem Winkel – da ist Schinkel“, sagt Michael (54), der mit seinem besten Freund Rüdiger (48) ins Bachmayer’s kommt. Michael erzählt mit rauer und etwas schwerer Stimme, wie er gleich hier um die Ecke aufgewachsen sei. Schon als kleiner Junge kannte er die Kneipe. „Der erste Besitzer war ein Boxer“, erzählt er. Mit seinem Vater ist er in die Kneipe gegangen. „Da“, sagt Michael und zeigt auf den Ecktisch, wo die Damen Schwimmen spielen, „hab ich meine Cola getrunken.“ Jetzt steht ein Pils vor ihm, und auch Michael singt ein Loblied auf die Wirtin Anne. „Sie ist was Besonderes“, sagt er. Rüdiger nickt beifällig.
Auch eine Brauerei hatte Anne ins Herz geschlossen. Vor etwa zwei Jahren fragte die Firma bei Anne an, ob sie nicht mal wieder eine Kneipe übernehmen wollte. Denn eigentlich sollte nach dem Warsteiner Schluss sein. Aber Anne nahm die Herausforderungen des Kneipenlebens noch einmal an – wenn auch nicht für ewig. Im Bachmayer’s will sie auf jeden Fall aber noch eineinhalb Jahre bleiben. Dann will sie erst mal eine Weltreise machen. Ob ihr die Schinkelaner dann auch folgen...?
Bachmayer’s
Inh. Angret Üding
Tannenburgstraße 85
49084 Osnabrück
Tel. 0541/7707954
30. Dezember 2011
Sieben-Tage-Woche hinterm Tresen im Union-Stübchen am Arndtplatz
Osnabrück. „Wir sind Fossilien“, sagt Wilhelm (65) über sich und seine Freunde Norbert (61) und Stefan (58). Das Trio hockt in einer Ecke des Union-Stübchens und knobelt. Da gebe es keine Touristen wie in der Altstadt, meinen sie. „Wir werden hier zusammen alt.“