Reich mir den Apfel, Eva!. Julianne Becker
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Die Scham
Als Adam und Eva von der Frucht des ersten Baumes kosten, wird der Verstand der beiden geweckt und sie beginnen, sich selbst zu erkennen. Das ist der Moment, in dem sie sich selbst gewahr und sich ihrer selbst bewusstwerden. In diesem Augenblick erkennen sie auch, dass sie sich von den anderen Tieren im Garten unterscheiden. Sie erfinden die erste Kleidung aus Naturmaterial (Lendenschurz), weil sie erkennen, dass sie nackt sind und sich dafür schämen sollten. Und sie bedecken sich damit. Uns hat der Pfarrer von einem Lendenschurz berichtet.
Dass sie sich schämten, glaube ich nicht so recht. Im Prozess der Bewusstwerdung ist keine natürliche Scham vorhanden (oder schämt sich ein Kleinkind, nackt zu sein?). Scham ist anerzogen und kulturell an Tabus gebunden. Viel eher haben sie wohl erkannt, dass sie GOTT und seinen Heerscharen ziemlich ähnlich sahen, viel ähnlicher als den Tieren im Garten, die nackt bzw. ausschließlich in der eigenen Haut umherliefen. Gott und seine Engel waren offenbar immer bekleidet. Diese HERRschaften trugen Gewänder. Als Konsequenz ihrer Erkenntnis (wenn sie ihnen ähnlich sehen) sollten sie sich auch bekleiden) machten sich die bewusst erwachten Menschen nun ebenfalls Kleider. Und begannen, GOTT und seine Engel zu imitieren. Das ist eine großartige Verstandesleistung, die wir bei einem Schimpansen begeistert feiern würden: So zeigt sich eine aufkeimende Intelligenz! Adam und Eva haben ihren Verstand also sofort vortrefflich genutzt.
Ich vermute auch, sie versteckten sich, weil sie die Todesstrafe fürchteten. GOTT rief nach ihnen und vermutete gleich richtig, dass sie vom verbotenen Apfel gegessen hatten. Er verfluchte sie und warf sie aus dem Garten. Der Fluch ist allumfassend und betrifft alles, was das Leben normalerweise schön und angenehm machen könnte. Die Menschen hätten in Konsequenz eigentlich kaum überleben dürfen. Der Fluch sollte Mann und Frau auch unterschiedlich treffen. Die Frau soll Mühsal erleben und unter Schmerzen gebären. Und sie soll ein Verlangen haben nach dem Mann, aber er soll über sie herrschen. Und dem Mann verflucht er seinen Acker und auch er soll Mühsal haben, wenn er sich vom Kraut ernährt. Dornen und Disteln sollen auf seinem Acker wachsen und er soll viel arbeiten, bis er stirbt. Auch die Schlange wird verflucht und verbannt.
Und nun lies mal genau, denn jetzt wird es interessant: Die beiden werden nicht wegen ihres Ungehorsams als Gärtner gefeuert oder weil sie nackt umherliefen, sondern einzig, damit sie nicht auch noch vom Baum des Lebens essen! Und es ging vermutlich nicht nur um Adam und Eva, es betraf alle menschlichen Gärtner. Die gesamte Mannschaft wurde auf der Stelle entlassen und die Männer musste sofort mitsamt ihren Familien ausziehen. Es war GOTT sogar so wichtig, dass er seine Cherubin (Leibgarde, englische Heerscharen, Heer der Engel) mit den blitzenden Schwertern vor dem Tor aufstellte, um sicher zu gehen, dass keiner mehr zurückkehren konnte, nicht einmal heimlich.
Ein realer Garten
Gehen wir mal davon aus, dass es sich um einen Tatsachenbericht handelt und tun wir mal alle bedeutungsschwangeren religiösen Erklärungen beiseite, die uns erzählt wurden. Stoßen wir also zum Kern der Geschichte vor: Es gab diesen Garten ganz real hier auf der Erde. Die Geschichte beschreibt sogar genau den Standort mit vier Flüssen, von denen zwei als die großen Ströme Euphrat und Tigris noch heute bekannt sind. Und dieser Garten von GOTT, sein Garten Eden, ist kein natürliches Biosphärenreservat, indem die örtliche Natur sich frei entfalten kann, es ist ein botanischer Garten mit bewusst ausgesuchten Pflanzen und Tieren. Vermutlich handelt es sich sogar um Raritäten und besondere Züchtungen, also vielleicht auch um andere genetische Experimente. Denn wer Menschen erschaffen kann, kann auch Obst, Gemüse und Getreide genetisch erschaffen! Wobei der Urform genetische Eigenschaften hinzugefügt werden, so wie Monsanto das heute tut. Ist Monsanto deshalb GOTT?
Dass der fruchtbare Halbmond aus sich heraus einfach die fruchtbaren Arten mit vergrößerten Früchten und Samen für die menschliche Ernährung hervorbrachte, ließ schon so manchen Biologen staunen, denn selbst unser Apfelbaum soll ursprünglich von dort gekommen sein. Würden sie sich auch wundern, wenn ein vorgeschichtliches Monsanto dort seinen Sitz gehabt hätte? Genetisch veränderte Arten sind schon immer aus ihren Pflanzungen ausgebüchst. Und wer weiß, vielleicht haben die aus dem Garten Eden verjagten Menschen auch ein paar Samen in ihren Taschen mitgeschleppt.
Ein ganzes Team von menschlichen Gärtnern hatte da vermutlich jede Menge zu tun, um diesen Garten in Ordnung zu halten. Sie arbeiteten bis zum Biss in den Apfel nackt und das war für GOTT und seine Engel offenbar auch in Ordnung gewesen. Vielleicht hat es ihnen sogar den Spaziergang dort zusätzlich versüßt, wenn sie ihnen in ihrer prächtigen Nacktheit zuschauen konnten. Der Garten diente also wie alle späteren Gärten der Welt dem gesamten Hofstaat zum Lustwandeln, Erholen und Erfrischen. So sehe ich das. Und so hat es mein Drache auch behauptet. Die geschilderte Episode klingt für mich allerdings eher wie eine Szene aus dem Leben Ludwig XIV und nicht eines Gottes im Himmel. Viele Herrscher dieser Erde ließen sich Gärten nach ihrem Geschmack anlegen. Es gehörte auch einfach zu ihrem Pomp und ihrer Pracht dazu. Vor allem aber demonstrierte es ihre Macht.
Doch wir halten auch fest: Es geht hier nicht um irgendeine geschichtliche Figur, es geht um den GOTT, der im Mittelpunkt aller drei monotheistischen Weltreligionen und all ihren Absplitterungen steht und den Millionen Menschen auch heute noch weltweit anbeten! Für ihn und für seine Gebote sind Fundamentalisten sogar bereit zu morden und totzuschlagen.
Dieser geschilderte Vorfall im Garten Eden lieferte außerdem die zentrale Begründung dafür, patriarchale Herrschaftsstrukturen zu legitimieren und alle Menschen zu bevormunden und zu beherrschen. Begründet wird es ihnen damit, dass sie per se in Sünde geboren wurden (die Erbsünde genannt) und auf die Gnade Gottes angewiesen sind. Sie mussten in Folge bitten und hoffen und glauben, dass GOTT ihnen gnädig sei. Sie mussten sich an alle Regeln halten und hatten doch eigentlich im Staub zu kriechen zu seinen Füßen. Das betont GOTT auch noch einmal ausdrücklich in seinem letzten Satz an die Menschen bei ihrem Rauswurf: „Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“
Für GOTT waren die Menschen nichts als Staub oder Dreck. Abgesehen davon, dass hier deutlich wird, wie wenig dieser GOTT seine erschaffenen Geschöpfe tatsächlich liebt, ist dieser Satz nur zu verstehen, wenn man den Zusammenhang zu dem zweiten Baum herstellt, denn der Rauswurf sollte ja vor allem verhindern, dass sie auch noch vom zweiten Baum essen. Das ganze Tamtam rund um Schuld und Scham ist nur ein Verwirrspiel, das die Religionen später um die Geschichte herumgesponnen haben, um davon abzulenken, dass dieser GOTT keineswegs Liebe verströmte, so wie wir uns einen Vater wünschen, sondern vor allem an Herrschaft interessiert ist und mit Furcht und Unterdrückung die Menschen lenkt. Er war eben GOTT der HERR. Was dieser zweite Baum für eine Rolle spielt, dazu kommen wir später.
Der Fluch, den dieser GOTT über die Menschen verhängt hatte, war sehr real: Den muss man ernst nehmen. GOTT hatte eiskalt alle seine Gärtner samt Familien in der Wildnis ausgesetzt, ohne ihnen irgendetwas mit auf den Weg zu geben, wie man da überlebt. Der war offenbar sauer und es war ihm egal, was mit diesen Männern, Frauen und Kindern weiter passierte, ob sie da draußen überlebten oder nicht. Gut, ein paar Fellkleider hat er ihnen nähen lassen, da hat es ihm vielleicht schon wieder leidgetan.
Die menschliche Neugier war geweckt
Die Menschen hatten von dem Baum gegessen, der ihre Intelligenz und ihr Bewusstsein weckte. Jetzt musste alles getan werden, damit die Menschen auf keinen Fall auch noch so werden würden wie Gott. Genauer gelesen: „und lebe ewiglich!“ Denn mal ehrlich: Die Schlange hatte doch recht behalten, was die Frucht vom ersten Baum betraf. Eva, die sich zuerst getraut hatte, davon zu essen, war nicht daran gestorben! Und Adam auch nicht. Stattdessen wurde eine evolutionäre Entwicklung des Verstandes angestoßen, im Zuge dessen wir Menschen ein eigenes, individuelles Bewusstsein erlangt haben, eine neue Bewusstseinsstufe. Und diese Entwicklung geht bis heute weiter und ist auch